Berliner Riesenrad

Anwälte warnen Anleger und stellen Strafanzeige

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Brigitte Schmiemann

Einige glauben noch immer daran, dass sich in Berlin bald ein Riesenrad drehen wird. Doch viele der Anleger sehen ihr Geld als schon fast verloren an und versuchen mit allen juristischen Mitteln darum zu kämpfen. Nun liegt ein Auszahlungsangebot vor. Doch Anlegeranwälte warnen davor. Sie haben zudem eine Strafanzeige gestellt.

Die 10.000 Anleger der Riesenrad-Projekte in Berlin, Peking und Orlando, die seit Langem um den Totalverlust ihres Geldes fürchten müssen, erhalten in Kürze Post von ihrer Fondsgesellschaft. Die Investoren sollen ausgezahlt werden. Ihnen wird angeboten, dass das eingesetzte Kapital im Dezember 2018 - wenn der Fonds endet - zu 85 Prozent zurückgezahlt wird. Wer so lange nicht warten will, erhalte 60 Prozent seines Geldes sofort zurück. Rendite oder Zinsen sind nicht vorgesehen. Dieses Angebot ist nach Auskunft von Christian Harreiner, dem Sprecher der DBM Fonds Invest GmbH, bindend, sobald sich Kapitalgeber, die mehr als 75 Prozent der Fondsanteile besitzen - also 156 Millionen Euro - damit einverstanden erklären. Das Geld, das zum Auszahlen bereitstehen muss - bei der 85-Prozent-Variante 180 Millionen, bei der 60-Prozent-Variante 125 Millionen - garantiere die niederländische Bank ABN Amro, die dem niederländischen Staat gehört. Bei der DBM Fonds Invest handelt es sich um ein Tochterunternehmen.


Rechtsanwältin Katja Fohrer, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht in der Münchner Kanzlei Mattil & Kollegen, die bereits einige Hundert Anleger vertritt, meint dazu: "Die Anleger sollen offenbar schnell und billig abgespeist werden, bevor weitere Verfehlungen ans Licht kommen. Offenbar erkennen die Banken ihre Fehler und haben nun Angst davor, flächendeckend das gesamte Kapital, also 100 Prozent plus Zinsen, an die Anleger zurückzahlen zu müssen. Die Anleger sollten sich darauf nicht einlassen, sondern weiterhin auf volle Rückzahlung ihres Kapitals bestehen." Den Anlegern sei der Fonds mit falschen Informationen verkauft worden, zudem seien die Anleger von den Banken nicht über die Verkaufsprovisionen von mindestens 10 Prozent aufgeklärt worden. "Bereits darin liegt ein klares Beratungsverschulden, die Aussichten auf vollen Schadenersatz sind sehr gut", sagt die Anwältin.

Berlin könnte einziges Projekt werden

Mit dem von der DBM Fonds Invest aufgelegten "Global View" wurden insgesamt 208 Millionen Euro für Riesenräder in Berlin, Peking und Orlando eingesammelt. Das Geld sollte als Eigenkapital dienen. Der Plan, Banken zu gewinnen, die sich in Orlando und Berlin mit Fremdkapital beteiligen, scheiterte bislang. Nicht nur das. Die von den Anlegern eingesammelten 208 Millionen Euro sind ausgegeben. Das Geld floss in zwei Grundstücke und Entwicklungen. Berlin erhielt 53 Millionen Euro. Der Bilanzwert aller drei Räder entspricht nach Auskunft von Harreiner nur noch knapp 20 Millionen Euro.

Mit dem aktuellen Angebot an die Fondsanleger werde das Vorhaben, Riesenräder zu bauen, nicht aufgegeben, sagte er. Nachdem das Projekt in Peking unter Zwangsverwaltung stehe und in Orlando eine Finanzierung derzeit so gut wie ausgeschlossen sei, liege der Fokus jetzt auf Berlin, wo sich das Rad so schnell wie möglich drehen soll. Dabei werde auch überlegt, das Grundstück und die fertigen Baupläne einem Projektentwickler zu verkaufen, der das Rad realisiert. Der Kaufpreis würde dann dem Fonds zufließen. Letztlich müssten aber die verbleibenden Fonds-Investoren über den Verkauf entscheiden. Der Berliner Projektentwickler Michael Waiser kann sich aus heutiger Sicht vorstellen, dass eine Fremdfinanzierung leichter wäre, wenn der Fonds nur das Berliner Rad aufgelegt hätte. "Wichtig wäre es jetzt aber in jedem Fall, dass auf der Fonds-Seite Ruhe einkehrt und die Streitigkeiten zwischen den Anlegern und Banken bereinigt werden", sagte er. Das belaste die Verhandlungen über eine mögliche Finanzierung des Berliner Aussichtsrades, von dem er immer noch glaube, dass es kommt, am meisten. "Es ist nicht einfach, aber möglich", so seine Einschätzung.

"Da stand wohl das Provisionsinteresse ganz klar im Vordergrund"

Rechtsanwältin Fohrer hat mittlerweile von ehemaligen Mitarbeitern der Delbrück Bethmann Maffei AG von erheblichem Verkaufsdruck, der auf die Bankangestellten ausgeübt wurde, erfahren. "Da stand wohl das Provisionsinteresse ganz klar im Vordergrund, Nachteile des verkauften Produkts wurden wohl einfach ausgeblendet. Es hätte den beratenden Banken zum Beispiel bei ordnungsgemäßer Prüfung bekannt sein müssen, dass das Riesenrad in Peking unmöglich in nur 15 Monaten errichtet werden konnte. Die hierzu von einem ehemaligen Mitarbeiter der Delbrück Bethmann Maffei AG geäußerten Bedenken sollen vom Vorgesetzten aber einfach weggewischt und nicht ernst genommen worden sein. "

Um die Interessen der Anleger zu bündeln und mehr gegen die Banken erreichen zu können, hat auch die Rechtsanwältin jetzt eine Website einrichten lassen, auf der sich die Global-View-Anleger in einem Forum austauschen können: www.global-view-anleger.de

Die erst kürzlich ins Leben gerufene Initiative zur Rettung des Riesenrads bezeichnete die Rechtsanwältin als "weitere Irreführung der Anleger". Dahinter stecke nach ihren Informationen der mittlerweile gefeuerte Geschäftsführer der Fondsgesellschaft, Thomas Bone-Winkel, der mit einer Anwaltskanzlei aus Bremen/Hamburg zusammenarbeite. Bone-Winkel hat nach Ansicht der Kanzlei Mattil & Kollegen die Misere des Fonds mit zu verantworten. Die mit Bone-Winkel kooperierende Kanzlei und die Initiative schrieben Anleger nun direkt an, um Mandate und für einen Austausch der Geschäftsführung zu werben, ohne die Anleger auf diesen Interessenskonflikt und die Verbindung zu Bone-Winkel hinzuweisen.

Neue Geschäftsführer vorgeschlagen

Der Hamburger Anwalt Jens-Peter Gieschen von der Kanzlei für Wirtschafts- und Anlagerecht Ahrens und Gieschen bestätigte, dass Bone-Winkel Mandant der Kanzlei ist. Er habe seine Beteiligung am Riesenrad-Fonds an den Berliner Unternehmer Peter Massine und den Hamburger Vermögensverwalter Jens Werhahn verkauft. Beide werden von Anlegern als neue Geschäftsführer für den Riesenrad-Fonds vorgeschlagen. "In der Initiative Pro-Riesenrad ist Bone-Winkel nicht aktiv. Unsere Kanzlei, die Herrn Bone-Winkel in einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung vertritt, hat lediglich den Kontakt vermittelt", sagt Gieschen zu den Vorwürfen. Auch er warnt Anleger davor, das Angebot der DBM Fonds Invest "vorschnell anzunehmen": Die Chancen seien groß, mehr zu erhalten. Der Ansatz der Initiative Pro Riesenrad ( www.pro-riesenrad.de ) sei es, die Anleger als Massenbewegung zusammenzufassen, um die jetzige Fonds-Geschäftsführung auf der Gesellschafterversammlung zu entlassen und das Projekt selbst zu realisieren.

Die Münchner Kanzlei Mattil & Kollegen hat unterdessen Strafanzeige gegen die Verantwortlichen des Fonds wegen des Verdachts der Veruntreuung von Anlegergeldern erstattet. Die Staatsanwaltschaft Berlin prüft die Vorwürfe derzeit.