Gottfried Ueberle vom Sozialprojekt Max 14, das sich am Leopoldplatz um Jugendliche kümmert, kennt eines der großen Probleme. „Viele Projekte werden nur für zwei Jahre genehmigt und finanziert. Wenn man dann gerade im Kiez etwas aufgebaut hat, droht das Erreichte wieder verloren zu gehen, wenn es keine weitere Förderung gibt“, sagte er. Bedroht von einer solchen auslaufenden Förderung ist beispielsweise auch die „vertiefte Berufsorientierung“ des freien Trägers Neues Wohnen im Kiez, wie Sozialarbeiter Thomas Knorr sagte. Durch das Projekt lernen Schüler der Klassen acht bis zehn der Hedwig-Dohm-Oberschule in Moabit, welcher Beruf für sie geeignet sein könnte und wie sie sich bewerben. Solche Projekte will der Senat nun gezielt mit zusätzlichen 20 Millionen Euro fördern, wie Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) gestern mitteilte.
Wie dringend notwendig ein Eingreifen ist, zeigt eine Analyse des Senats zu den einzelnen Problem-Zonen in der Stadt.
Kreuzberg-Nordost
• Die Schwächen: Zunehmender Sanierungsbedarf in der Nachkriegsbebauung. Hohe Verkehrsbelastung. Abwanderung von Familien. Familiäre und Altersarmut.
• Die Stärken: Gesamtstädtisch bedeutsame Kultur-, Tourismus- und Wirtschaftsstandorte. Attraktive Gründerzeitbauten. Wasserlage an der Spree. Positives Image des Szenekiezes.
• Hilfe: Das Programm „Aktionsraum plus“ sieht vor Krippen, Kitas und Schulen besser mit der Wirtschaft zu vernetzen. Sozialarbeiter in Bewohnertreffpunkten sollen bei Überschuldung, in Mietangelegenheiten und bei Problemen in der Familie weiterhelfen. Wohnungsgenossenschaften sollen einer Entmischung von Reichen und Armen durch steigende Mieten entgegenwirken.
Neukölln-Nord
• Die Schwächen: Energetischer Sanierungsbedarf in Großsiedlungen wie im Rollbergviertel, in der Dammwegsiedlung und in der High-Deck-Siedlung. Schlechter Zustand der Straßen, Plätze und Grünflächen. Hohes Verkehrsaufkommen insbesondere in der Sonnenallee, der Hermannstraße und Silbersteinstraße. Überdurchschnittlicher Wohnungsleerstand. Sehr hoher Armutsanteil. Viele bildungsferne Familien. Drogenhandel in der Hasenheide.
• Die Stärken: Solide Baustruktur. Gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Relativ niedrige Mieten.
• Hilfe: Das Programm „Aktionsraum plus“ sieht vor, alle Schulen als Ganztagseinrichtungen aufzubauen. Die vorhandenen Ganztagsschulen sollen besser ausgestattet werden. Das Projekt „Stadtteilmütter“ soll an alle Kitas und Schulen angebunden werden.
Wedding/Moabit
• Die Schwächen: Kinderarmut, Sprachdefizite, Gesundheits- und Schulabgängerprobleme. Zu viele kurzfristige Projekte. Familien in sozial prekären Lagen sind häufig schwer zu erreichen. Kaum Vernetzung von Kultureinrichtungen sowie Schulen und Wirtschaft.
• Die Stärken: Erste Familienzentren. Gute verkehrliche Erschließung. Schon gut laufende Projekte wie die Gesundheitslotsen oder die Stadtteilmütter.
• Hilfe: Das Senatsprogramm sieht vor, Familien- und Stadtteilzentren sollen besonders Jugendliche ansprechen. Der Übergang von der Schule in die Berufsausbildung soll durch Sozialarbeiter erleichtert werden. Eine Ausbildungsoffensive zusammen mit der IHK soll für neue Jobs sorgen.
Nord-Marzahn/Nord-Hellersdorf
• Die Schwächen: Wachsender Laden- und Wohnungsleerstand. Ungesicherte Zukunft der Angebote sozialer Träger. Geringer Anteil großer Wohnungen. Mangel an Kleingewerbe.
• Die Stärken: Viele Grünflächen in der Nähe. Moderate Mieten.
• Hilfen: Wohnungsbaugesellschaften sollen besonders Angebote für junge Familien entwickeln. Umbau der Plattenbauwohnungen für altersgerechtes Wohnen und für Familien. In Nachbarschaftszentren sollen sich die Anwohner um ihren Kiez kümmern.
Spandau-Mitte
• Die Schwächen: Kinder- und Jugendarmut, hohe Arbeitslosigkeit und niedriger Bildungsstatus. Modernisierungsbedarf im Wohnungsbestand. Fehlende Grün- und Wegeverbindungen.
• Die Stärken: ICE-Bahnhof. Altstadtflair. Gute soziale Infrastruktur.
• Hilfe: Der Senatsplan sieht vor, dass die Altstadt sich stärker zur Havel öffnen soll. Wassertouristen sollen für einen Aufschwung der Gastronomie sorgen. Die Wohnungsbaugesellschaften sollen für eine bessere Durchmischung der Mieterstruktur sorgen. Zusätzlich soll es weiter Familienberatungsstellen in Spandau-Mitte geben. Ausbildungsplätze sollen beispielsweise in der Altenpflege geschaffen werden.