Prozess gegen mutmaßliche Neonazis

"In dem Moment waren sie keine Menschen"

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Als unmenschlich – so beschreibt eine Zeugin den Angriff von vier mutmaßlichen Neonazis auf einen 22-jährigen Studenten vor der Friedrichshainer Diskothek "Jeton". Die 28-jährige Verkäuferin hatte am 12. Juli 2009 mit angesehen, wie die Männer im Alter von 21 bis 26 Jahren auf den Studenten eintraten. Er hat aufgrund seiner lebensgefährlichen Verletzungen keinerlei Erinnerungen an die Tat.

„Das war unmenschlich wie in einem schlechten Film“, so erinnert sich eine Augenzeugin an den brutalen Angriff auf einen Studenten vorigen Sommer in Friedrichshain. Zwei Männer haben extrem auf das Opfer eingetreten, sagte die 28-jährige Verkäuferin am Dienstag im Prozess gegen vier mutmaßliche Neonazis.

Die Angeklagten aus Brandenburg im Alter von 21 bis 26 Jahren sitzen wegen versuchten Mordes auf der Anklagebank im Berliner Landgericht. Der Student kam mit lebensgefährlichen Hirnverletzungen und einem Jochbeinbruch ins Krankenhaus. Die Erinnerung des 22-Jährigen an die Tat ist vollkommen gelöscht.

Die Verkäuferin fühlte sich an den Film „American History X“ erinnert, in dem ein Neonazi einen schwarzen Mann in ähnlicher Weise umbrachte. „Das war nicht normal, in dem Moment waren sie keine Menschen“, empörte sich die Zeugin.

Aus Sicht der Anklage wollten die aus Brandenburg stammenden Freunde gegenüber einem politischen Gegner Macht demonstrieren und ihn mit den Tritten töten. Der Haupttäter soll das Gesicht des Studenten zu Boden gedreht und mit voller Wucht auf den Kopf getreten haben.

Die vier Freunde hatten die Nacht zum 12. Juli 2009 in der Diskothek „Jeton“ gezecht. Gegen Morgen trafen sie nahe der S-Bahnstation Frankfurter Allee auf eine Gruppe offenbar Linker. Einer der Angeklagten soll wegen seines der rechten Szene zugerechneten Shirts angegriffen worden sein. Die Männer sind alle bereits wegen Körperverletzung verurteilt. Nach dem im Prozess verlesenen Strafregister sind zwei zudem wegen Verwendens von Nazi-Kennzeichen schuldig gesprochen. Verletzt wurde auch einer der Angeklagten. Der 23-jährige Brandenburger erlitt eine blutende Kopfplatzwunde.

Die Mitangeklagten hatten zum Teil Schläge und Tritte eingeräumt. Sie hätten ihrem Kumpel helfen wollen, behaupteten sie. Er sei dann ausgerastet, hatte ein Angeklagter eingeräumt. Politische Motive hätten keine Rolle gespielt.

Der Prozess hatte Anfang Januar unter großen Sicherheitsvorkehrungen vor dem Landgericht Moabit begonnen. Der Vorfall vor der Diskothek sorgte nicht nur aufgrund des Ausmaßes der Brutalität für Aufregung. Er war zudem auch wiederholt Auslöser für Racheakte von Linksautonomen. Noch heute wird nach Übergriffen auf tatsächliche und vermeintliche Treffpunkte der Rechten in einschlägigen Internetforen immer wieder auf den Vorfall vom Juli 2009 hingewiesen.

( dpa/hed )