"Bordsteinkick"

Mordversuch - Prozess gegen vier Neonazis beginnt

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Hans H. Nibbrig

Vier Neonazis aus Brandenburg, die einen 22-jährigen Berliner auf besonders brutale Art zusammengeschlagen haben sollen, müssen sich nun vor dem Berliner Landgericht verantworten. In der Nähe der Diskothek "Jeton" war der Student überfallen worden und hatte bei dem Übergriff schwerste Schädelverletzungen erlitten.

Unter großen Sicherheitsvorkehrungen hat am Landgericht Moabit am Donnerstag der Prozess gegen vier mutmaßliche Neonazis begonnen, denen die Staatsanwaltschaft versuchten Mord vorwirft. Die aus Brandenburg stammenden Männer im Alter zwischen 20 und 26 Jahren sollen im Juli vergangenen Jahres am S-Bahnhof Frankfurter Allee in Friedrichshain einen der linken Szene angehörenden 22-jährigen Studenten mit Schlägen und Tritten gegen den Kopf derart malträtiert haben, dass dieser die Attacke nur um Haaresbreite überlebte.

Der Vorfall sorgte nicht nur aufgrund des unfassbaren Ausmaßes der Brutalität für Aufregung. Er war zudem auch wiederholt Auslöser für Racheakte von Linksautonomen. Noch heute wird nach Übergriffen auf tatsächliche und vermeintliche Treffpunkte der Rechten in einschlägigen Internetforen immer wieder auf den Vorfall vom Juli 2009 hingewiesen.

Laut Anklageschrift ist das Quartett nach einem Besuch der bei Rechten sehr beliebten Diskothek „Jeton“ auf dem Weg zum S-Bahnhof von einer zehnköpfigen Gruppe angegriffen worden. Aus Wut darüber sollen zwei Angeklagte danach zunächst auf einen Unbekannten und schließlich auf den 22-Jährigen losgegangen sein. „Du Zecke wirst nicht mehr aufstehen“, soll einer dabei gerufen haben. Den nach mehreren Schlägen und Tritten wehrlos am Boden liegenden Studenten attackierten sie dabei nach Darstellung der Staatsanwaltschaft mit mehreren so genannten „Stampfkicks“. Dabei traten sie von oben mit aller Kraft auf den Kopf des Opfers ein. Das dieses die Attacke überlebte, sei nicht Glück, sondern ein Wunder, sagte ein Arzt kurz nach dem Vorfall.

An den kommenden Prozesstagen werden zahlreiche Zeugen, darunter auch das Opfer gehört. Der Beitrag der Angeklagten zur Aufklärung hielt sich am Donnerstag in Grenzen. Drei von ihnen machten Angaben, quälten sich dabei allerdings mit Erinnerungslücken. Der 26-jährige Hauptangeklagte gab an, er sei „ausgerastet“ und habe „wie wild“ um sich geschlagen, an Einzelheiten könne er sich nicht mehr erinnern. Ein Mitangeklagter begründete sein schlechtes Gedächtnis mit dem Alkohol, den er in der Tatnacht getrunken habe. Mit „Rechts gegen Links“ habe die Attacke allerdings nichts zu tun gehabt, beteuerten zwei Angeklagte. Eine ungewöhnliche Aussage, denn die Männer werden dem harten Kern der Neonazi-Szene zugerechnet.