Im monatelangen Streit um die städtebauliche Entwicklung des Spreeufers in Friedrichshain-Kreuzberg sieht sich das Bezirksamt mit einem Ultimatum konfrontiert. Nach Angaben von Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) droht die rot-rote Landesregierung nun doch damit, dem Bezirk die Zuständigkeit für die Stadtplanung zu entziehen, falls die Pläne des alten Planwerks Innenstadt, die dem erfolgreichen Bürgerbegehren aus dem vergangenen Sommer widersprechen, nicht umgesetzt würden.
"Damit setzt uns der Senat die Pistole auf die Brust“, kritisierte Schulz am Freitag in einer Mitteilung seiner Partei. Nach dem Motto „friss oder stirb“ solle der Bezirk nun entscheiden, ob er den Zielen des Bürgerbegehrens folge oder ob er am Spreeufer in Zukunft nichts mehr zu entscheiden habe.
Unter dem Namen Mediaspree wollen Großinvestoren dicht am Spreeufer weitere Büro-, Wohn- und Veranstaltungsgebäude errichten. Die Bürgerinitiative „Mediaspree versenken“ will dieses Vorhaben stoppen und verändern. So soll ein breiter Uferstreifen an der Spree unbebaut bleiben und die Höhe der Häuser beschränkt werden.
An einem Bürgerentscheid in dem Bezirk hatten sich im vergangenen Sommer 35.000 Wahlberechtigte (19,1 Prozent) beteiligt. Von ihnen stimmten 87 Prozent gegen die bisherigen Pläne zur Bebauung des Spreeufers. Das Votum ist rechtlich jedoch nicht bindend.
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (beide SPD) hatten den Bezirk wiederholt davor gewarnt, von Zusagen an Investoren abzurücken und damit Schadenersatzansprüche zu provozieren. CDU und FDP im Abgeordnetenhaus hatten vom Senat mehrfach verlangt, das gesamte Verfahren an sich zu ziehen. Rot-Rot lehnte dies auch mit Blick auf mögliche hohe Schadenersatzforderungen bisher ab.
Mediaspree soll "Chefsache"“ werden
Der CDU-Fraktions- und Landesvorsitzende Frank Henkel erneuerte seine Forderung, das Projekt Mediaspree unverzüglich zur Chefsache im Senat zu erklären. „Nach langem Wegducken scheint sich der Senat allmählich der gesamtstädtischen Bedeutung des Projekts bewusst zu werden, das wird auch höchste Zeit“, erklärte Henkel. Es müssten umgehend Gespräche mit den Beteiligten von Investorenseite und Bürgerinitiative vor Ort geführt werden. „Das Ziel dabei ist klar: Neben einer kompromissorientierten Lösung muss es vor allem um das Schaffen von Arbeitsplätzen gehen.“ Durch lange Untätigkeit seien Investoren hingehalten und verprellt worden.
Aktueller Konfliktpunkt ist laut Schulz das Friedrichshainer Ufer-Gelände Maria am Ostbahnhof an der Schillingbrücke. Das landeseigene Gelände gehört dem Berliner Liegenschaftsfonds (Lifo). Der will das Gelände vermarkten und hatte daher im vergangenen Herbst einen Bauvorbescheid beantragt. Den hatte Schulz zurückgestellt und Verhandlungen mit dem Liegenschaftsfonds begonnen, weil er im Sinne des Bürgerentscheids mehr öffentliche Grünfläche sichern wollte. Doch in der vergangenen Woche sei das bis zum 20. März gesetzte schriftliche Ultimatum per Post aus dem Hause Junge-Reyer gekommen, teilte der Grünen-Politiker mit.
Die Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Manuela Damianakis, sagte, die vom Bezirk an der Schillingbrücke geplante Grünfläche sei an dieser Stelle „völlig funktionslos“. Die Aufenthaltsqualität wäre trotz der Nähe zum Wasser sehr gering und kaum jemand würde dort verweilen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wolle deshalb, dass an der östlichen Seite der Schillingbrücke eine „qualitätsvolle Bebauung mit urbaner Nutzung“ entsteht.
Sollte der Bezirk dem Ultimatum folgen, wäre hier eine öffentliche Grünfläche am Spreeufer gescheitert, beklagte Schulz. Das Grundstück würde bis auf einen schmalen Streifen komplett bebaut werden. Dabei habe die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung noch im Januar erklärt, sie überarbeite das alte Leitbild für die Innenstadt und passe es auch dem erfolgreichen Bürgerbegehren an. dpa/ddp/mim