Zweieinhalb Wochen nach dem spektakulären Einbruch in das KaDeWe in der City West ist die Tat jetzt möglicherweise aufgeklärt: Beamte eines Mobilen Einsatzkommandos (MEK) des Berliner Landeskriminalamtes nahmen am Mittwochmorgen zwei mutmaßliche Täter im niedersächsischen Rotenburg (Wümme) fest. Bei anschließenden Durchsuchungen wurde Beweismaterial sichergestellt, das nun ausgewertet wird. Die entwendeten Schmuckstücke wurden bislang aber nicht entdeckt.
Nach Informationen von Morgenpost Online hatte ein Hinweis aus der Bevölkerung auf die Spur der 27 Jahre alten libanesischen Zwillingsbrüder Hassan und Abbas O. geführt, die in der 22.000-Einwohner-Kreisstadt leben, aber auch enge Kontakte zu ihrer Großfamilie in Berlin haben.
Da die niedersächsischen Beamten derzeit selbst eine Großzahl an Überwachungsaufträgen zu bearbeiten haben, wurden zehn Angehörige des Berliner MEK bereits vor einer Woche nach Rotenburg geschickt. Nach den Plänen der Polizei sollten diese Experten die mutmaßlichen Täter zunächst aufspüren, beobachten und dann ein Spezialeinsatzkommando (SEK) der niedersächsischen Landespolizei zum Aufenthaltsort der Verdächtigen führen.
Am Mittwochmorgen ergab sich dann allerdings in einer Spielhalle auf dem Autohof Bockel (Kreis Rotenburg/Wümme) in der Nähe von Bremen eine günstige Gelegenheit, die die Berliner Beamten nutzten, um die beiden 27-Jährigen selbst zu überwältigen und festzunehmen.
"Unsere Aushilfsmitarbeiterin war gerade am Geldwechselautomaten, als sie reinkamen, alle total vermummt“, zitiert die in Hannover erscheinende „Neue Presse“ einen Spielhallen-Mitarbeiter zitiert. „Sie sind sofort in den Nebenraum mit den Geldspielautomaten gestürmt. Es war ein Riesenlärm. Hinlegen!, schrien sie. Unsere Aushilfe dachte an einen Überfall.“
Verletzt wurde dabei niemand. Zu Widerstand kam es nicht, Waffen wurden entgegen anders lautenden Befürchtungen bei den Zwillingen nicht entdeckt. In der Folge wurden Wohnungen in Niedersachsen und auch in Berlin durchsucht. Mit einem Ergebnis der Auswertung wird in den kommenden Tagen gerechnet.
Die Ermittler gehen von drei Tatbeteiligten aus
Doch trotz der Festnahme ist die Polizei sich sicher, noch nicht alle Männer erwischt zu haben, die an dem Coup beteiligt waren. Nach Angaben eines Polizeisprechers sei man bei den Ermittlungsbehörden immer von drei Tatbeteiligten ausgegangen. Auch eine Sprecherin der Berliner Staatsanwaltschaft teilte auf Anfrage mit, dass die laufenden Ermittlungen auch im Hinblick auf weitere Mitglieder der Einbrecherbande geführt würden.
In jedem Fall ist die Festnahme der 27 Jahre alten libanesischen Zwillinge in Rotenburg (Wümme) ein schneller Erfolg für die Berliner Sicherheitsbehörden. „Wir sind sehr froh, zeitnah nach diesem brisanten Zwischenfall einen erfolgreichen Zugriff verkünden zu können“, so ein in die Ermittlungen eingebundener Beamter.
Eine Sprecherin der Berliner Staatsanwaltschaft sagte, es könnten bis zu zwei Wochen vergehen, bis die mutmaßlichen Täter nach Berlin überstellt werden. Wegen der bestehenden und von Berlin ausgestellten Haftbefehle wird dies aber in jedem Fall geschehen. Je nach Transportmöglichkeit könnte dies auch schneller von statten gehen. Ob sich die beiden Libanesen zu den Tatvorwürfen geäußert haben, war noch unklar.
Sollte sich im Zuge der weiteren Ermittlungen beweissicher ergeben, dass die Zwillinge an dem Einbruch beteiligt waren, haben sie sich einen Platz in der Berliner Kriminalgeschichte gesichert.
„Wie Tom Cruise in Mission Impossible“
In der Nacht zum 25. Januar hatten sich die Diebe Zugang zum Vordach des Warenhauses in der City West verschafft und dort ein Fester aufgehebelt, um schließlich über eine Strickleiter unentdeckt in die Geschäftsräume zu gelangen. „Es ist den Tätern zum einen gelungen, die Kletteraktion auf das Vordach zu bewerkstelligen, ohne von Passanten entdeckt zu werden“, so ein ranghoher Polizeiführer. „Durch die Verwendung der Leiter kamen sie dann auch an den Bewegungsmeldern und Lichtschranken vorbei. Die müssen sich gefühlt haben wie Tom Cruise in 'Mission Impossible'.“
Ein Wachmann bemerkte den Einbruch bei einem Rundgang am folgenden Montag. Zu diesem Zeitpunkt waren die Männer mit ihrer Beute – Uhren und Schmuck der Firma „Christ“ im geschätzten Wert von etwa sechs Millionen Euro – bereits auf der Flucht. Aufregung gab es wenig später, nachdem zwei Spaßvögel aus Berlin in Amsterdam dem Betreiber einer Pension Schmuck angeboten und erklärt hatten, dieser stamme aus dem KaDeWe-Einbruch. Sie wurden später festgenommen. Noch ist unklar, ob der Scherz für sie Konsequenzen haben wird.
Die Beute wurde trotz Durchsuchungen in Berlin und Niedersachsen immer noch nicht gefunden. Es sei allerdings nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Stücke auftauchten, sagte ein Ermittler. „Geld kann einfacher aufbewahrt werden als eine große Menge Schmuck. Und Geld brauche man auch nicht – im Vergleich zu Uhren und Ketten – erst zu Geld zu machen. „Wenn die Täter ihre Haftstrafe durch ein umfassendes Geständnis, auch zum Versteck der Beute, verringern können, werden sie es sicherlich machen.“
Mehr als 70 Hinweise sind eingegangen
Bis Mittwoch waren mehr als 70 Hinweise zu dem Coup eingegangen. Die Juwelierkette Christ hatte für die Wiederbeschaffung der Ware eine Belohnung von bis zu 100.000 Euro ausgesetzt. Ranghohe Polizeiführer hatten die Tat als eine der spektakulärsten in der Berliner Kriminalgeschichte bezeichnet. Gleichzeitig wurde den Tätern Professionalität attestiert, sie hätten sowohl detaillierte Kenntnisse vom Innern des Warenhauses als auch von der dort eingesetzten Sicherheitsanlage haben müssen. Nach Angaben einer KaDeWe-Sprecherin gilt das Kaufhaus als eines der bestgesicherten in Europa.
Im KaDeWe wurde die Festnahme zweier mutmaßlicher Täter mit Erleichterung aufgenommen. „Zunächst muss natürlich geklärt werden, ob die beiden Männer tatsächlich als Täter in Betracht kommen“, so eine Sprecherin. "Sollte dies so sein, sind wir froh, dass es ein gutes Ende genommen hat."