Die Welle der Brandanschläge auf Autos hat am Donnerstag am Markgrafendamm in Friedrichshain einen neuen Höhepunkt erreicht. Bilanz der mutmaßlich politisch motivierten Brandstiftung: sieben zerstörte Fahrzeuge der Deutschen Bahn AG. Hinweise auf die Täter liegen laut Polizei nicht vor.
Der Anschlag ereignete sich nur Stunden nachdem am Mittwoch Vorwürfe gegen die Bahn AG laut geworden waren, sie habe zahlreiche leitende Mitarbeiter bespitzelt und nur wenige Stunden vor Beginn des Prozesses gegen Ex-Postchef Klaus Zumwinkel wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Ob ein Zusammenhang besteht zwischen dem Anschlag gegen die Bahn AG und dem gegen den Post-Dienstleister DHL, bei dem in der Nacht zu Mittwoch an der Manteuffelstraße in Kreuzberg zwei Fahrzeuge zerstört worden sind, ist derzeit noch ungeklärt. In allen Fällen hat der Polizeiliche Staatsschutz die Ermittlungen übernommen.
Kurz nach Mitternacht hatte ein Passant die brennenden Autos auf einem Firmenparkplatz am Markgrafendamm entdeckt und die Feuerwehr alarmiert. Fünf der Autos wurden laut Polizei direkt angezündet, die Flammen griffen auf zwei weitere Wagen über. Die Polizei spricht von elf Anschlägen seit Jahresbeginn, zehn davon auf Autos, einer auf ein Motorrad. Insgesamt 19 Fahrzeuge wurden dabei in Brand gesetzt. Statistisch wertet die Polizei die jüngste Tat als einen einzigen Anschlag.
Innerhalb der Berliner Polizei wird kontrovers diskutiert, wie man dem Problem der brennenden Autos Herr werden kann. „Es ist eine Frage des Personaleinsatzes“, so ein Beamter des Landeskriminalamtes (LKA). „Wenn wir mehr Polizisten in den Nächten zur Verfügung hätten, gäbe es auch Ergebnisse.“ Lediglich drei bis sechs Zivilpolizisten pro Abschnitt seien nachts unterwegs – und diese bekämen nur äußerst selten die spezielle Einsatzanordnung, vornehmlich auf Autozündler zu achten.
Nebenher müssen sich die zivilen Streifenbeamten nämlich auch um Kiosk-Einbrüche oder Kneipenschlägereien kümmern. Ab und an seien zwar Beamte des Staatsschutzes im Kiez unterwegs oder eine Raumstreife der Bereitschaftspolizei. Manchmal werde auch das Mobile Einsatzkommando für Observationen bekannter Straftäter eingesetzt. „Dies sind aber alles Tropfen auf den heißen Stein“, sagt der LKA-Beamte. „Wir brauchen gezielte nächtliche Sondereinsätze gegen die autonome Szene. Oder eine eigenständige, temporäre Sonderkommission, die vor allem operative Einsätze mit ausreichend Beamten organisiert.“
Immer wieder müssen die Polizisten in den betroffenen Abschnitten feststellen, dass die Zahl ihrer Kollegen nicht ausreicht, um unmittelbar nach den Brandstiftungen eine sogenannte „Glocke“ zu bilden. „Wir gehen davon aus, dass die Straftäter zu Fuß, mit der S- oder U-Bahn oder dem Fahrrad unterwegs sind“, so ein Polizist aus der Direktion 3. Nach einem Anschlag müsste man sofort alle strategischen Punkte wie Bahnhöfe, Szene-Treffpunkte oder relevante Kreuzungen mit Beamten besetzten und überwachen lassen.
„Das funktioniert aber aus Personalmangel fast nie“, sagt der Polizist. Stattdessen analysiere man zum Beispiel in Friedrichshain-Kreuzberg lediglich die häufigsten Anschlagsorte (Straßen rund um die Frankfurter Allee) oder die Anschlagszeiten (vor allem Mittwochnacht) und wisse, dass die Täter spontan agieren. „Die Ergebnisse landen auf den Schreibtischen der Direktionsleiter und verstauben, weil auch ihnen personaltechnisch die Hände gebunden sind.“