Regelmäßig werden nachts in Berlin geparkte Autos angezündet. In diesem Januar hat es bereits acht Anschläge gegeben – aber keine einzige Festnahme von Tatverdächtigen. Die Polizei steht den Brandstiftungen anscheinend machtlos gegenüber.
Nach offiziellen Angaben der Polizei wurden im vergangenen Jahr 68 Brandanschläge auf Fahrzeuge verübt, bei denen die Ermittler von einem politischen Hintergrund ausgehen. Dabei wurden 98 Autos zerstört oder stark beschädigt. Besonders häufig schlugen die im linksextremen Lager vermuteten Täter in Friedrichshain-Kreuzberg (29 Fälle), Pankow (15) und Mitte (11) zu. Mit jeweils fünf statistisch erfassten Anschlägen rangieren die Bezirke Neukölln und Treptow-Köpenick im Mittelfeld. Auffällig: Fünf Bezirke blieben 2008 verschont.
Im Vergleich zu 2007 – dem Jahr des G-8-Gipfels in Heiligendamm – mit 113 Anschlägen und 129 zerstörten Autos bedeuten die Berliner Fallzahlen von 2008 zwar einen Rückgang; ernüchternd wirkt indes der Vergleich mit dem Jahr 2006: Damals wurden „nur“ 36 Brandstiftungen an Autos registriert. Demzufolge verharrt die Zahl dieser Straftaten auf hohem Niveau – ohne eine erkennbare Aussicht auf Besserung.
Sonderkommission abgelehnt
Einige Politiker der CDU argwöhnen, der Innensenator und der Polizeipräsident hätten sich an diese Art von Anschlägen gewöhnt. „Die politisch Verantwortlichen müssen sehen, dass sie endlich einmal zu Ergebnissen im Kampf gegen die nächtliche Zerstörungswut kommen. Wer nichts macht, kann auch keine Täter feststellen“, sagt der CDU-Innenpolitiker Peter Trapp. Er war schon im Herbst 2007 mit der Forderung nach einer Sonderkommission der Polizei im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses gescheitert. Polizeipräsident Dieter Glietsch hatte den Vorstoß als „Schaufensteraktion“ abgelehnt und argumentiert, die Polizei dürfe nicht in „teuren Aktionismus verfallen, der nichts bringt“. Für den Innenausschussvorsitzenden Trapp wären der Einsatz sogenannter Profiler, die sich in Täter hineindenken, oder Patrouillen zivil gekleideter Bereitschaftspolizisten in besonders gefährdeten Kiezen Beispiele für Erfolg versprechende Maßnahmen.
Die Polizei wies nun den Vorwurf der Tatenlosigkeit strikt zurück. „Wir tun alles, was im Rahmen unserer Möglichkeiten steht, um diesen Taten zu begegnen. Wenn wir der Meinung wären, eine Sonderkommission wäre sinnvoll, hätten wir diese längst eingerichtet“, sagte Polizeisprecher Bernhard Schodrowski. Eine Voraussetzung dafür wären brauchbare Spuren, aus deren Analyse Ermittlungsansätze gewonnen werden könnten. Vor dem Hintergrund von 1,2 Millionen Kraftfahrzeugen in der Stadt sagte Schodrowski: „Die Vielzahl der Tatmöglichkeiten und -gelegenheiten sorgt leider dafür, dass Täter schnell handeln und ebenso schnell verschwinden können.“
Räumliche und zeitliche Schwerpunkte
Die Polizei bekämpft derweil die Brandanschläge gegen Autos mit dem Einsatz von verdeckten Ermittlern. 2007 konnten 16 mutmaßliche Täter festgenommen werden. Damals betrug nach inoffiziellen Schätzungen der Sachschaden mehr als zwei Millionen Euro. Amtliche Angaben zur Schadenssumme für das abgelaufene Jahr sind nicht zu erhalten. Sie dürfte aber ähnlich hoch liegen. 2008 gingen den Ermittlern nur drei Verdächtige ins Netz.
Dabei sind sowohl räumlich als auch zeitlich Schwerpunkte erkennbar. So sind die Brandstifter in der Vergangenheit besonders nach politischen Demonstrationen aktiv gewesen. Der 11. Mai, der 3. Oktober oder die von Linksautonomen ausgerufenen „Freiraumtage“ waren 2008 Beispiele dafür. Auch als am 27. Mai 2008 während einer autonomen Aktionswoche ein Haus am Michaelkirchplatz besetzt und unmittelbar darauf von der Polizei wieder geräumt wurde, brannten in der folgenden Nacht 14 Autos. Eine Nacht später gab es den folgenschwersten Brandanschlag des Jahres in Neukölln. Vier Fahrzeuge eines Autovermieters an der Lahnstraße wurden zeitgleich angezündet; der Brand erfasste 29 Mietfahrzeuge.
Auch räumlich gibt es Schwerpunkte: In den Kiezen nördlich der Skalitzer Straße in Kreuzberg brennen Autos besonders oft, in Friedrichshain rings um den Boxhagener Platz und beiderseits der Frankfurter Allee. In Mitte parken Autofahrer zwischen Bernauer Straße und Rosenthaler Platz gefährdeter als anderswo, ebenso in Prenzlauer Berg im Kiez am Kollwitzplatz und beiderseits der Schönhauser Allee.