In der Neujahrsnacht sind im Berliner Zoo-Aquarium acht kleine Sepias geschlüpft. Doch die Geburt der intelligenten Mollusken bedeutet gleichzeitig auch das Ende der Elterntiere.

Im Aquarium sind in der Neujahrsnacht acht Tintenfische geschlüpft. Schwimmen konnten die fingernagelkleinen Sepien bereits vor ihrer „Geburt“. „Schon in den Eiern sind sie hektisch hin und her geschwommen“, berichtet Reviertierpfleger Marco Hasselmann.

Um das zu beobachten, hat er einige der schwarz gefärbten Eier geschält bis auf die letzte, durchsichtige Schicht. Seit dem 9. Dezember hat das Muttertier, ein rund 15 Zentimeter langer Tintenfisch, etwa 150 weintraubenartige Eier abgelaicht und in Handarbeit, also mit seinen Fangarmen, an künstliche gelöcherte Wände geknotet.

Das Lochbrett hatte Hasselmann eigens zu diesem Zweck ins Becken gehangen. Der dazugehörige Sepia-Vater ist bereits nach der Befruchtung gestorben, und auch für das Muttertier neigt sich die Lebenszeit dem Ende zu. „Das Sterben ist der traurige Teil. Gleichzeitig freuen wir uns über den Nachwuchs, das Leben geht weiter“, sagt Hasselmann.

An Silvester haben sich die ersten vier Sepien durch ihre Eierschalen gebissen, in der Neujahrsnacht sind acht weitere Geschwister gefolgt. Hasselmann hat ihnen Freitagmorgen um sieben Uhr als erstes Futter Mysis, also Schwebegarnelen, ins Wasser gegeben. Die Bewegung der Garnelen weckt den Jagdinstinkt der Jungtiere, die lernen müssen ihre Fangarme zum Beutefang zu benutzen.

Was erwachsene Tintenfische alles können, macht das Muttertier vor. Jagt sie Beute am Boden, fährt sie ihre äußeren Fangarme wie einen Trichter zur Seite aus und blockiert so Fluchtwege. Zwei weitere Fangarme werden wie Rüssel nach oben gestreckt. Und zur Attacke schießen weitere Fangarme blitzschnell nach außen und schnappen sich die Beute. „Anfangs haben sie bei der Jagd noch eine sandähnliche Tarnfarbe angenommen“, sagt Hasselmann. Doch inzwischen schickt die Sepia im Wechsel schwarze, braune, beige Farbwellen über ihren Körper.

Und sie hat das Spektrum erweitert: Körperunterseite und Tentakel schimmern gelegentlich neongrün, blau und rostrot – wie ein Regenbogen unter Wasser. Muttertier und damals drei weitere Sepien waren vor etwa einem Jahr aus dem Roten Meer gefischt worden und dem Zoo-Aquarium übergeben worden.

Gemeinsam mit Paläontologen der Freien Universität Berlin arbeiten die Zoo-Aquarianer an der genauen Bestimmung der Sepien. Tote Tiere werden eingefroren und für DNA-Analysen an die FU gesandt. „Geklärt werden soll“, sagt Hasselmann, „ob es sich um eine eigene Sepia-Art oder eine Unterart der ‚sepia officinalis’, also der Gemeinen Sepia handelt“.

Derzeit leben die Sepien zur Zucht im Keller des Aquariums, Becken an Becken mit Stummelschwanzsepien aus dem Mittelmeer und Zwergsepien aus Indonesien. Wenn vom Nachwuchs genug überleben, will Hasselmann sie in die Schaubecken in die oberen Räume umquartieren.