Silvesternacht

Berlin startet friedlich ins neue Jahr

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Mit reichlich Sekt und einem riesigen Feuerwerk haben auf Deutschlands größter Silvesterparty am Brandenburger Tor rund eine Million Menschen 2009 begrüßt. Die Berliner Feuerwehr hatte weniger zu tun als im Vorjahr. Und während viele noch schliefen, räumten andere bereits wieder auf.

Rund eine Million Berliner und Gäste der Hauptstadt haben am Brandenburger Tor trotz frostiger Temperaturen ausgelassen und ohne große Zwischenfälle ins Jahr 2009 hineingefeiert. Um Mitternacht wurde nach einem Countdown ein zehnminütiges Feuerwerk gezündet. Rund 1000 Feuerwerkskörper erhellten zur Musik der fünf Tenöre von Adoro den Berliner Nachthimmel. Danach wurde bis in die Morgenstunden getanzt.

Die Feuerwehr verzeichnete in der Nacht weniger Einsätze als zum Jahreswechsel 2007/2008. „Wir hatten ein relativ ruhiges Silvester“, sagte ein Sprecher. Es seien sechs Prozent weniger Einsätze als ein Jahr zuvor registriert worden. Zwischen 19 und 6 Uhr musste die Feuerwehr dennoch 1564 Mal ausrücken. Die Zahl der Brandeinsätze ging sogar um 12,6 Prozent zurück, die der Rettungswagenfahrten um 2,6 Prozent. „Großes blieb glücklicherweise aus“, sagte der Feuerwehrsprecher. Insgesamt war die Feuerwehr in der Silvesternacht mit mehr als 1300 hauptberuflichen und freiwillige Kräften im Dienst.

Auch die Polizei zog eine positive erste Bilanz. Ein Sprecher sprach von einem friedlichen Verlauf der Feiern. Einzelheiten wollte die Polizei am Donnerstagnachmittag bekanntgeben.

28-Jähriger verliert in Spandau durch Böller einen Finger

Die Rettungskräfte registrierten in Berlin 996 Verletzte. In Spandau verlor ein 28-Jähriger durch die Detonation eines Böllers einen Finger. In Marzahn verletzte sich eine Person mit einem Feuerwerkskörper im Gesicht, zu einer Handverletzung durch Feuerwerk kam es in der Friedrichstraße in Mitte. In den frühen Morgenstunden wurden nach einem Wohnungsbrand in der Charlottenburger Chaussee in Spandau. Dort wurde ein Hochhaus teilweise geräumt. Fünf Personen erlitten Rauchgasvergiftungen.

Frau mit Bierflasche schwer verletzt

Auf der Partymeile am Brandenburger Tor wurde eine junge Frau aus Thüringen schwer verletzt. Ein Polizist aus Brandenburg hatte der 21-Jährigen am frühen Neujahrsmorgen mit einer Bierflasche auf den Kopf geschlagen. Der offenbar betrunkene 39-jährige war nicht im Dienst. Nach Angaben des Angreifers habe ihn die Frau in einem Festzelt an der Straße des 17. Juni "verbal belästigt“. Daraufhin schlug er ihr mit der Flasche auf den Kopf. Die Frau kam mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus. Gegen den Beamten wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung eingeleitet. Er erstattete seinerseits Anzeige gegen die Thüringerin.

Ansonsten blieb es auf der Festmeile weitgehend ruhig. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) musste rund 190-mal Erste Hilfe leisten. 16 Menschen kamen ins Krankenhaus, weil sie zu viel getrunken oder sich leicht verletzt hatten. Viele Besucher klagten über Atembeschwerden, weil es in der Menge sehr eng war.

Die Berliner Polizei zeigte sich mit dem Verlauf der Veranstaltung auf der Straße des 17. Juni „sehr zufrieden“. Die Berliner hätten sich an die Feiermeile gewöhnt, sagte Einsatzleiter Michael Körmer. Laut Polizei gab es auf der Festmeile keine Festnahmen, es wurden lediglich sechs Verstöße gegen das Waffengesetz registriert.

Durch Feuerwerkskörper wurden allerdings in der Silvesternacht zehn Autos, fünf Lastwagen und ein Motorrad in Brand gesetzt. In Pankow, Lichtenberg, Reinickendorf, Spandau und Neukölln wurden brennende Fahrzeuge von der Feuerwehr gelöscht, sagte ein Polizeisprecher. Auf dem Hof der Berliner Stadtreinigung in der Pankower Behmstraße seien offensichtlich zwei Müllfahrzeuge von einem Feuerwerkskörper in Brand gesetzt worden. Sie brannten aus, zwei weitere Wagen wurden stark beschädigt. In der Reinickendorfer Simmelstraße setzte eine Rakete einen Plastikcontainer in Brand. Die Flammen griffen auf einen daneben stehenden Lkw über. Am Mehringdamm in Kreuzberg brannte ein Altkleidercontainer aus. Ein Brandkommissariat des Landeskriminalamtes ermittelt.

Erst gegen 3 Uhr leerte sich die Berliner Festmeile

Zuvor hatten auf Deutschlands größter Silvesterparty zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule nach Angaben der Veranstalter rund eine Million Feiernde den frostigen Temperaturen getrotzt. Bereits zum 20. Mal seit dem Mauerfall konnten alle Berliner aus dem Osten und Westen der Stadt gemeinsam das neue Jahr begrüßen. Auch zahlreiche Gäste aus aller Welt waren für die Feier in die Hauptstadt gekommen.

Pünktlich um Mitternacht erleuchtete das große Neujahrsfeuerwerk den Himmel über dem Tiergarten. Dazu lief als Eröffnungsmusik für das Jahr 2009 „What A Wonderful World“ von Louis Armstrong. Zehn Minuten lang stiegen unzählige Leuchtkugeln und Raketen mit mehrfarbigen Sternen und langen goldenen Schweifen in die Luft. Alle Künstler des Abends versammelten sich auf der Bühne.

Die Feiernden prosteten sich mit Sekt in Bechern zu, nahmen sich in die Arme und telefonierten mit Freunden und Verwandten. „Auf einer der größten Partys Europas zu sein, ist einfach toll“, sagte Theresa aus Stuttgart. Zusammen mit ihren Freundinnen Johanna und Annika war die Studentin extra für die Feier in die Hauptstadt gekommen. Sie wurde bereits zum 14. Mal zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule gefeiert. Im Anschluss an das große Feuerwerk ging die Feier als Open-End-Disco unter freiem Himmel weiter. Erst gegen 3 Uhr leerte sich die Festmeile merklich.

Auf drei Bühnen boten rund 20 Künstler ein Programm

Auf der etwa zwei Kilometer langen Festmeile sorgten rund 20 Künstler auf drei Bühnen und in acht Zelten für Stimmung. Neben der deutschen Pop-Prinzessin LaFee, den Rockern von Ooomph! traten die Gewinner der „Popstars“-Castingshow Queensberry auf. Auch die niederländische Hermes House Band und Schauspieler Uwe Ochsenknecht mit seiner Band brachten die Silvestergäste zum Tanzen. An den zahlreichen Buden entlang der Festmeile gab es Glühwein und Sekt, Würstchen und Zuckerwatte. Rote, blaue und grüne Laserstrahlen durchschnitten den ganzen Abend lang den Nachthimmel. Flaschen und Feuerwerkskörper waren auf der Festmeile verboten und mussten an den Eingängen abgegeben werden.

Alternativen in Kreuzberg und Spandau

Gegen 22 Uhr gab es jedoch kaum noch eine Chance, auf die Festmeile zu gelangen. Bereits an der Glinkastraße war ein Weiterkommen nicht möglich. In dieser Situation wussten sich viele Berliner zu helfen. Sie gingen zur Oberbaumbrücke, in den Mauerpark oder auch in den Viktoriapark auf dem Kreuzberg. Gegen 22 Uhr war es am Fuß des Viktoriadenkmals noch menschenleer. Doch eine halbe Stunde später setzte eine wahre Völkerwanderung ein. Tausende Berliner zog es auf die Spitze des Kreuzbergs. Viele brachten eigenes Feuerwerk mit. Und das dauerte weit länger als das rund zehn Minuten knatternde Farbenspektakel am Brandenburger Tor.

Wer den Weg in die Innenstadt nicht antreten wollte, konnte auch in Spandau hervorragend feiern. Wie schon in den Jahren zuvor hatte der Kulturverein Spandau auf die Zitadelle eingeladen. Im Innenhof des mittelalterlichen Gemäuers hatten sich mehrere Tausend Besucher eingefunden.

Auch in Berlins Clubs und Diskotheken wurde bis tief in die Nacht und in den nächsten Tag hinein gefeiert. Vor dem Watergate an der Oberbaumbrücke bildeten sich lange Schlangen. Ruhiger ging es an der Friedrichstraße zu. Wer zur Schönen Party in die Kalkscheune wollte, musste sich sein Ticket schon vorher im Vorverkauf sichern. 1500 Gäste besuchten in diesem Jahr die verschienen Tanzräume. Die Silvesterfeier in der Kalkscheune fand unter dem Motto Zirkus statt. Eine aufwendige Lichtinstallation mit Segeln im Innenhof ersetze hier das Feuerwerk. Auch im Admiralspalast an der Friedrichstraße wurde gefeiert. Ohne die üblichen Sitze verwandelte sich das Theaterparkett in eine Tanzfläche.

Rund 600 Mitarbeiter der Berliner Stadtreinigung (BSR) waren seit dem frühen Neujahrsmorgen in Berlin unterwegs, um die Spuren der Silvesternacht zügig zu entfernen. Schwerpunkt war Berlin-Mitte, da am Nachmittag der traditionelle Neujahrslauf startete. Insgesamt liege auf den Berliner Straßen ähnlich viel Müll wie im Vorjahr, sagte ein Sprecher der BSR. Er werde so „zügig wie möglich“ entfernt. Schwierig könnte es allerdings bei einem Wintereinbruch werden. Möglicherweise müsse dann der Winterdienst Vorrang vor den Aufräumarbeiten bekommen.

( ddp/dpa/sei/gan/pet/mim )