Sie ist schon 120 Kilo schwer und doch noch etwas tapsig: die kleine Elefantin, die sich heute im Berliner Tierpark präsentierte. Vier Tage ist sie alt und putzmunter - so will es auch die Mama Kewa, die erwartet, das ihr Kind aufrecht steht. Beide sind laut Tierpark wohlauf. Doch Tierschützer fordern ein Ende der Elefantenzucht in Berlin.

Sie ist noch namenlos und doch schon ein Knüller: die kleine Elefantendame, die der Tierpark am Mittwochmorgen der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Ein Nachwuchs mit faustdickem Rüssel und reichlich rosa Haut unter dem borstigen Haarkleid. Ein 120-Kilo-Baby in ständiger Bewegung.

Am vergangenen Sonnabend, den 13. Dezember kam das Jungtier um 16.42 Uhr zur Welt. Es ist der 14. Elefant, der im 1955 eröffneten Tierpark geboren wurde.

Die Tragezeit beträgt rund 22 Monate. Da das Deckungsdatum nicht bekannt ist, sondern aufgrund von Besucherberichten nur geschätzt wurde, haben die Pfleger seit etwa zwei Wochen mit der Niederkunft gerechnet. Seitdem wurde der Kuh täglich Blut abgenommen und der Hormonstatus bestimmt. Am Sonnabend war es soweit. Die Pfleger alarmierten Tierpark-Kurator Falk Dathe, der Wochenenddienst hatte. Dathe eilte zum Elefantenhaus, besah Kewa und ging nach draußen, um den Tierpark- und Zoo-Chef Bernhard Blaszkiewitz anzurufen, der wiederum im Zoo Dienst hatte. „Da hörte ich hinter mir im Haus schon dieses Geräusch, es machte flupp“, sagt Dathe. Er hatte den entscheidenden Augenblick verpasst – das Kind war da. Die eigentliche Geburt, „Austreibung“, wie die Veterinäre sagen, dauerte nur wenige Minuten.

Bei der Niederkunft war die Elefantenkuh angekettet. „Aus Sicherheitsgründen“, sagt Strauss. Denn vor einigen Jahren hatte die Kuh Pori ihren Nachwuchs erdrückt.

Schon wenige Minuten nach der Geburt stand das Jungtier. Kurzzeitig wurden Kewa und ihr Kind getrennt, Tierarzt und Kurator Günter Strauss gab dem Muttertier eine Beruhigungsspritze und sammelte die Nachgeburt mit einer Schubkarre auf, um sie später im Institut für Zoo- und Wildtierforschung untersuchen zu lassen.

Für die 25 Jahre alte asiatische Elefantenkuh Kewa ist das Mädchen das vierte Kalb. „Die erfahrene Mutter betreut ihr Jungtier vorbildlich“, sagt Direktor Blaszkiewitz. Die Erziehung ist mitnichten antiautoritär, ergänzt Strauss. Denn Mutti tritt kräftig zu, wenn ihr was nicht passt: Sei es, dass ihr Kind ständig trinken will - kaum eine Stunde auf der Welt, fand es schon das mütterliche Gesäuge - sei es, dass es endlich schlafen will. „Die Kühe aber wollen was anderes: dass ihr Kind die ganze Zeit steht“, erklärt Strauss, „daran erkennen sie, dass es gesund ist“. Erst in der Nacht zu Mittwoch durfte der Mini-Elefant mal zu Boden sinken, die Äuglein schließen und ruhen.

Noch stehen Mutter und Kind in einer Einzelbox, erst später werden sie mit der ganzen Elefantenfamilie zusammengeführt. Der Vater ist der ebenfalls 25jährige Ankhor, für den es die siebte Vaterschaft ist.

Streit um die Mindestanforderungen an den Tierpark

Während der Tierpark seine Erfolge in der Elefantenzucht feiert, kritisiert die Tierrechtsorganisation Peta die Haltungsbedingungen der Elefanten und fordert ein Ende der Zucht. Sprecher Frank Albrecht sagt: „Allen Elefanten stehen im Haus cirka 700 Quadratmeter zur Verfügung – dem Besucher im Besucherraum fast 3000 Quadratmeter! Dies sind skandalöse und unhaltbare Zustände.“ Peta verweist auf das Gutachten für „Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren“, das von jedem Halter fordert, für „ausreichenden Auslauf zu sorgen“. Dieser Auslauf sei aber in Wintermonaten, wenn die Tiere wegen der Kälte nur für Minuten ins Freie kämen, nicht gewährleistet.

Tierpark-Kurator Günter Strauss hält dagegen, dass die Anforderungen aus dem Haltungsgutachten erfüllt würden. Es schreibt für die Haltung von bis zu drei ausgewachsenen Elefantenkühen vor, dass „das Maß der Außenanlage 500 Quadratmeter nicht unterschreiten“ darf. Eine gesonderte Bullenanlage müsse mindestens 150 Quadratmeter groß sein. „Werden Elefanten im Stall nachts angekettet, muss eine ausreichende Standfläche pro Tier vorhanden sein, damit ungehindertes Abliegen erfolgen kann“. Die Fläche solle mindestens 15 Quadratmeter betragen. Bei einer Aufstallung ohne Ankettung in Einzelställen dürfen 30 Quadratmeter nicht unterschritten werden. Da Elefanten bei Kälte längere Zeit auch tagsüber in Ställen gehalten werden müssen, ist dann für einen ausreichenden Auslauf zu sorgen, so sieht es das Gutachten weiter vor. Bei der Haltung von erwachsenen Elefantenbullen sei ein separater Bullenstall notwendig, der 50 Quadratmeter nicht unterschreiten darf.

Mit dem Ende der Zucht ist nicht zu rechnen. Direktor Blaszkiewitz sagt, dass mit dieser 14. Elefantengeburt im Berliner Tierpark „ein weiterer wichtiger Beitrag zum Schutz des bedrohten asiatischen Elefanten“ geleistet wurde. Gerade die „weitsichtige Planung des 1989 eröffneten Elefantenhauses durch Heinrich Dathe“ – den damaligen Tierparkchef – sei eine wesentliche Voraussetzung dafür gewesen.

Der Tierpark Berlin gehört zu den wenigen Zoologischen Gärten der Welt, in dem beide Elefantenarten – also auch die afrikanische – regelmäßig Nachwuchs zur Welt bringen. „Nachwuchs aus den Friedrichsfelder Elefantenfamilien lebt inzwischen schon in den Zoologischen Gärten von Halle, Osnabrück und München. Weitere Anfragen und Interessenten aus dem In- und Ausland liegen vor“, sagt Blaszkiewitz.