Die Deutsche Bahn (DB) baut – und das spürt jeder Pendler, der auf den Regionalverkehr angewiesen ist. 12 Minuten beträgt die durchschnittliche Wartezeit auf einen Zug, der im Regionalnetz Berlin-Brandenburg verspätet unterwegs ist, laut einer Studie des Berliner Verkehrsverbunds (VBB).
12,78 Prozent der DB-Züge fahren verzögert aus Berlin ins Umland ab. „Die DB ist schlechter als ihre privaten Konkurrenten“, sagt Brigitta Köttel, Sprecherin der VBB. Durchschnittlich seien 10,39 Prozent aller Züge zu spät, der Anbieter Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) ist am verlässlichsten: „Nur 1,4 Prozent der NEB-Züge kommen nicht fahrplangerecht an.“
Baustellen sind schuld
Wartezeiten entstehen vor allem durch Baustellen. „Große Bauvorhaben werden zu Jahresbeginn in den Fahrplan eingearbeitet“, sagt Gisbert Gahler, Sprecher der DB Regio in Berlin. „Doch häufig kommt es zu unvorhergesehenen Unfällen und Schäden, ein Zug muss die Geschwindigkeit drosseln und verspätet sich“. Das wirkt sich dann auf die Koordination des gesamten Verkehrs aus. „Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied“, sagt Köttel.
Pendler, die auf den Regionalexpressstrecken (RE) 1 und 2 fahren, sind besonders betroffen. Entlang dem RE 2 wird zwischen Lübbenau und Cottbus gebaut, damit dort bald Züge mit Tempo 160 fahren können. „An der Trasse des RE 1 sind sogar drei Großbauprojekte: der Umbau des Ostkreuzes, der Neubau des Bahnhof Erkners und der Bau der Oderbrücke in Frankfurt“, sagt Köttel. Deshalb fahren derzeit nur 20 Prozent der Züge nach Cottbus fahrplangemäß.
Ohne Baustellen keine Verbesserung
Um dem Ärger der über 3,4 Millionen Fahrgäste, die täglich im regionalen Verbundsnetz unterwegs sind, entgegenzuwirken, gibt die DB auf ihrer Homepage Meldungen heraus. Bis zu 50 Meldungen im S-Bahn-Verkehr, bis zu 80 im Regionalverkehr und etwa 200 Meldungen im Fernverkehr – jeden Tag. Dennoch fühlen sich viele Bahnkunden schlecht informiert.
Auf den großen Bahnhöfen in Berlin funktioniert die Bekanntgabe von Verspätungen. „Problematisch wird es allerdings stadtauswärts, der Zustand mancher Bahnhöfe ist erbärmlich, oft gibt es noch nicht einmal eine Abfahrtstafel“, sagt Jens Wieseke, stellvertretender Vorsitzender des Fahrgastverbands Berlin (IGEB).
Die DB und der Bund, der für die Infrastruktur im Regionalnetz Berlin Verantwortung trage, müssten laut Wieseke noch mehr investieren, um Langsamfahrstellen zu vermeiden: „Der Pendler hat nichts von Hochgeschwindigkeitsstrecken, er kann sich freuen, wenn sein Zug nach Berlin Tempo 90 statt 60 fahren darf“. Die Baustellen an sich begrüßt Wieseke, denn das bedeute, dass die Infrastruktur des Regionalnetzes ausgebaut würde und sich die Situation irgendwann verbessere. „Doch gegenwärtig können sich die Pendler nicht auf die Bahn verlassen, viele steigen aufs Auto um.“
Hundertprozentig pünktlich geht nicht
Gahler von der DB betont, dass sich die Situation in den letzten beiden Jahren schon entspannt habe. "In bauintensiven Jahren wie 2005 und 2006 mussten wir 1000 Baustellen managen“. Da habe es wesentlich mehr Verspätungen gegeben. Doch seit die Nord-Süd-Trasse durch die Stadt führe, sei das Stadtnetz von Fern- und Güterverkehr entlastet. Es wird sich weiter verbessern. „
"Außer im S-Bahn-Netz im Süden und Süd-Osten von Berlin sind die größten Projekte abgeschlossen“. Laut Gahler fallen immer wieder kleine Ausbesserungs- und Reparaturarbeiten an. „Doch diese Baumaßnahmen werden in die Nachtstunden zwischen ein und drei Uhr erledigt und fallen vielen Fahrgästen nicht auf“.
Eine Hundertprozentige Pünktlichkeit könne es nie geben, laut Köttel. „Es passieren täglich Unfälle technischer Art und mit Menschen. Dieses Restrisiko bleibt bestehen, selbst wenn das Regionalnetz ausgebaut ist“.