Die Deutsche Bahn will sich mit aller Kraft gegen das drohende Ende ihrer Vormachtstellung im lukrativen Regionalverkehr in Berlin und Brandenburg stemmen. Das Unternehmen hat am Montag angekündigt, rechtlich gegen ein vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) gestartetes Verfahren zur Vergabe von Regionalverkehrsleistungen vorzugehen. Die Bahn warnt zudem vor dem Verlust von Hunderten Arbeitsplätzen in der Region.
Der Verkehrsverbund hatte in der Vorwoche im Auftrag der Bundesländer Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern den Betrieb von 16 Eisenbahnstrecken (Netz Stadtbahn) europaweit ausgeschrieben. Im Angebot sind auch die gewinnbringenden, weil gut genutzten Regionalexpresslinien RE1 (Magdeburg–Berlin–Eisenhüttenstadt), RE2 (Stendal–Rathenow–Berlin–Cottbus) und der künftige Airport-Express RE9 zum Großflughafen BBI in Schönefeld. Es geht um ein Auftragsvolumen von insgesamt 1,3 Milliarden Euro.
Kuchen nicht in einem Stück vergeben
Die Bahn kritisiert nicht die Ausschreibung an sich. Sie stört sich aber an einem Passus, nach dem kein Bewerber den Zuschlag für alle Strecken erhalten kann. Ausgeschlossen ist insbesondere der gleichzeitige Betrieb der Regionalexpresslinie RE1 und RE2, die allein schon rund 60 Prozent des Auftragskuchens ausmachen.
"Diese bundesweit einmalige Los-Limitierung ist eindeutig unzulässig, wir werden sie nicht hinnehmen“, sagte Peter Buchner, Regionalbereichsleiter der DB Regio. Die Bahn-Tochter fordert den VBB zu einer Korrektur der Ausschreibung auf. Sollte dieser darauf nicht reagieren, werde erst die Vergabekammer, dann das Oberlandesgericht Berlin-Brandenburg angerufen. Es dürfe nicht sein, dass die Länder wegen dieses Vergabekriteriums ein wirtschaftlich ungünstigeres Angebot annehmen müssten.
Zudem würde das Verbot, sich gleichzeitig für das Los 1 und für Los 2 zu bewerben, bedeuten, dass in jedem Fall Hunderte Bahnmitarbeiter in der Region künftig nicht mehr benötigt werden. Laut Buchner sind mit dem Betrieb der Linien im Auftragslos1 rund 850 Arbeitsplätze und bei den Linien im Los2 etwa 450 Jobs verbunden. Auch Jobs in den drei großen Instandsetzungswerke in der Region seien in Gefahr.
Vorgehen rechtlich geprüft
VBB-Geschäftsführer Hans-Werner Franz sieht in der Aufsplittung der Strecken in Auftragslose eine bewusste Entscheidung für mehr Wettbewerb. „Wir wollen, dass die Qualität im Regionalverkehr höher ist als heute“, so der VBB-Chef. Vor allem die Pünktlichkeit und der Service für Fahrgäste müssten besser werden.
Mehr Qualität, so VBB-Geschäftsführer Franz, sei aber nur erreichbar, wenn das Monopol eines einzelnen Anbieters durchbrochen werde. Die Vergabe des Auftrags in vier Losen sowie der Ausschluss einer Vergabe aller Lose an einen Anbieter seien zuvor rechtlich gründlich geprüft worden. „Es gibt dazu höchstrichterliche Urteile in ähnlichen Märkten, die unsere Auffassung stützen“, sagte Franz. Nach Angaben des VBB werden gegenwärtig 80 Prozent der Leistungen im Regionalverkehr in Berlin und Brandenburg von der Deutschen Bahn erbracht. Die Strecken des sogenannten Netzes Stadtbahn, die jetzt zur Ausschreibung anstehen, würden gar zu 94 Prozent von DB Regio befahren.
Regionalbereichsleiter Buchner räumt ein, dass es für die Bahn-Tochter zunehmend schwieriger werde, Ausschreibungen zu gewinnen. „Das ist aber insbesondere eine Frage der Personalkosten.“ So würden Zugbegeliter bei der DB Regio einen Stundenlohn von 12,83 Euro (plus Zuschläge) erhalten, Mitbewerber zahlten nur 7,44 Euro.