Kino International

Nina Hoss feiert erleichtert die "Anonyma"-Premiere

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Anja Popovic

Fast jeder Film über den Krieg ist erschütternd, doch "Anonyma" ist es ganz besonders. Der Film erzählt das Schicksal einer Frau im zerstörten Berlin - und ihren puren Kampf ums Überleben. Am Mittwoch hatte "Anonyma" Premiere in Berlin. Hauptdarstellerin Nina Hoss konnte nach extrem anstrengenden Dreharbeiten wieder strahlen.

Ihre Rolle hat sie Kraft gekostet. „Ich war froh, als die Dreharbeiten nach drei Monaten zu Ende gingen", sagte Nina Hoss (33) über ihren Part im Film „Anonyma – Eine Frau in Berlin", der Mittwochabend im Kino International an der Karl-Marx-Allee seine Berlin-Premiere hatte (ab 23. Oktober in den Kinos).

Der Film erzählt von den letzten Tagen des Krieges im April 1945 in Berlin. Im Keller eines halb zerstörten Wohnhauses kauern die Menschen und warten. Die meisten von ihnen sind Frauen. Der Einmarsch der Roten Armee steht unmittelbar bevor. Mit im Keller sitzt die knapp 30-jährige Anonyma, Journalistin und Fotografin. Sie wird die Ereignisse der kommenden Tage für ihren Lebensgefährten (gespielt von August Diehl) festhalten. Der Film beruht auf dem gleichnamigen Tagebuch, das im Jahr 2003 von Hans Magnus Enzensberger in seiner Anderen Bibliothek herausgegeben wurde. Es ist ein umfassendes Zeugnis der Vergewaltigungen deutscher Frauen im April und Mai 1945 in Berlin.

Was war für Nina Hoss („Elementarteilchen", „Das Herz ist ein dunkler Wald") die größte Herausforderung an ihrer Rolle als Anonyma? „Jemanden in einer solchen Ausnahmesituation zu spielen, der um sein Überleben kämpft – in einem Umfeld, in dem nichts mehr gilt, was wir heute so kennen", sagte Nina Hoss. „Wo man nur noch ans Überleben denkt, wo Werte vernachlässigt und Ordnungen aufgehoben werden. Wie gehen die Menschen dann miteinander um, wo schließen sie sich zusammen, wo betrügen sie sich? Wo helfen sie sich, wo nicht?" Nina Hoss sagte bei der Premiere: „Ich möchte, dass man über dieses Thema spricht."

Zum Überleben von Anonyma habe maßgeblich beigetragen, dass „sie Journalistin war und Tagebuch schrieb – wenn man das Erlebte niederschreibt, entsteht eine Distanz, mit der man das Geschehene besser verarbeiten kann. Ob sie das nun für ihren Ehemann geschrieben hat, für die Nachwelt oder einfach nur für sich – ich glaube, das war ihr Weg, das Erlebte loszuwerden." Anonyma sei „zugleich sensibel und verletzbar, aber ihr Handeln zeugt auch von großem Mut und Selbstbewusstsein." Um ihre Würde zu bewahren, sucht sich Anonyma einen russischen Offizier, der sie schützt.

Auszug aus dem Tagebuch, 1. Mai 1945: „Als ich aufstand, Schwindel, Brechreiz ... Sagte dann laut: Verdammt! und fasste einen Entschluss. Ganz klar: Hier muss ein Wolf her, der mir die Wölfe vom Leibe hält. Offizier, so hoch es geht, Kommandant, General, was ich kriegen kann. Wozu habe ich meinen Grips und mein bisschen Kenntnis der Feindsprache? Fühlte mich körperlich wieder besser, nun, da ich etwas tat, plante und wollte, nicht mehr nur stumme Beute war."

Zur Premiere kamen auch Schauspielerin Maria Schrader, Sänger Herbert Grönemeyer („Ich bin hier, weil ich die Nina kenne") und natürlich August Diehl. Er sagte: „Ich finde, dass der Film wirklich ganz toll geworden ist. Natürlich ist das ein Thema auch fürs Kino. Über Frauen im Krieg redet kein Mensch."

Zu den Darstellern gehören neben Nina Hoss Jördis Triebel und Evgeny Sidikhin. Auch Regisseur Max Färberböck und Produzent Günter Rohrbach waren bei der Premiere dabei.