Das Bundesverfassungsgericht lässt den Ländern für eine Neureglung des Nichtraucherschutzes die Wahl: Entweder striktes Rauchverbot in allen Restaurants und Kneipen oder Ausnahmen für Eckkneipen. Und darüber wird bereits gestritten. Der Senat zeigt sich noch abwartend.
Gegner wie auch Befürworter eines Rauchverbots haben das Urteil des Bundesverfassungsgerichts positiv aufgenommen, allerdings unterschiedlich interpretiert. Der Berliner Senat begrüßte das Verfassungsurteil, obwohl es das Landesgesetz zum Nichtraucherschutz zum Teil für verfassungswidrig erklärt. „Das ist ein schwarzer Tag für die Tabaklobby und ein guter Tag für den Gesundheitsschutz“, sagte der Staatssekretär im Gesundheitssenat, Benjamin-Immanuel Hoff. Das höchste Gericht habe eindeutig klargestellt, dass ein konsequentes Rauchverbot ohne Ausnahmen durchaus möglich sei, sagte er.
Wie der rot-rote Senat in Berlin das gekippte Nichtraucherschutzgesetz neu regeln wird, ließ Hoff allerdings offen. „Wir werden das Urteil genau analysieren und im Senat besprechen.“ Auch Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) zeigte sich abwartend: „Wir werden die Begründung des Urteils im Detail analysieren und die notwendigen Konsequenzen ziehen.“ Das Urteil sei in einem Punkt eindeutig: Liegt eine Ungleichbehandlung von Ein-Raum-Kneipen vor, muss der Gesetzgeber diese beseitigen“, sagte Wolf.
Die Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) forderte den Senat auf, das Berliner Nichtraucherschutzgesetz nun schnellstens im Sinne der Wirte zu ändern und Bußgelder sofort zurückzuzahlen. IHK-Vize Christian Wiesenhütter begrüßte die Entscheidung als „unternehmerfreundlich“. „Die Wirte in Einraumkneipen brauchen nun wegen eines Rauchverbots nicht mehr um ihre Existenz zu bangen“, erklärte er.
Grüne für striktes Verbot – CDU und FDP strikt dagegen
Die Berliner CDU forderte ein schnelles Umdenken des Senats. Die CDU sieht sich mit dem Urteil in ihrer Auffassung bestätigt. Sie habe sich frühzeitig für ein Wahlrecht der Wirte für oder gegen das Rauchen in Ein-Raum-Gaststätten eingesetzt, sagte Landeschef Ingo Schmitt. Der Berliner Senat sei dagegen mit seinen "unpraktikablen und bürokratischen Verboten" gescheitert.
Auch die Berliner FDP sprach sich erneut für Ausnahmeregelungen für Eckkneipen aus. Nach Ansicht des gesundheitspolitischer Sprechers der FDP-Fraktion, Kai Gersch, dürfe der Senat abgetrennte Raucherräume nicht verbieten. „Zahlreiche Kneipen haben im Vertrauen auf den Gesetzgeber mit zum Teil erheblichen finanziellen Belastungen die notwendigen Umbauarbeiten bereits durchgeführt“, erinnerte Gersch.
Der Berliner Grünen-Fraktionsvorsitzende Volker Ratzmann forderte dagegen als Konsequenz aus dem Urteil ein generelles Rauchverbot in der Berliner Gastronomie. Mit seinem Urteil habe das Gericht den Nichtraucherschutz gestärkt, sagte Ratzmann. Die höchsten Richter hätten schließlich betont, dass die Landesgesetzgeber ein generelles Rauchverbot in Kneipen und Restaurants erlassen könnten.
Gaststättenverband warnt vor generellem Rauchverbot
Vor solch einem strikten Verbot warnt der der Berliner Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Das wäre eine Reaktion, die die Wettbewerbsverzerrung zwischen kleinen Kneipen und Gaststätten mit Raucherräumen ebenfalls aufhebe, sagte Hauptgeschäftsführer Thomas Lengfelder. Allerdings schaffe das wiederum einen ungleichen Wettbewerb unter den Bundesländern, zum Beispiel im Vergleich zum benachbarten Brandenburg. Deshalb forderte Lengfelder eine bundeseinheitliche Regelung.
AP/dpa/ddp/apä