Ein lauer Sommertag wie jetzt Ende August ist perfekt für einen Ausflug an den Wannsee. Die Buslinie 114 startet am S-Bahnhof Wannsee und bringt Spaziergänger in wenigen Minuten zum Halt „Am Kleinen Wannsee“. Wir nehmen die Straße rechts ab, die dort „Am Großen Wannsee“ heißt. Am Hang abwärts spazieren wir an den kubusförmigen, noblen Einfamilienhäusern und Doppelhaushälften aus Glas und Klinker vorbei, die das katholische Petruswerk dort in den Jahren 2002 bis 2005 bauen ließ.
Rechts reihen sich Ruderboot- und Segelvereine mit teils stattlichen Vereinsheimen und Werften entlang der Straße. Mitunter erhascht man einen Blick auf die in der Sonne glitzernde Wasseroberfläche des Wannsees oder Boote aller Art. Und erfährt auch allerlei: Anschläge an Zäunen und Tafeln informieren über freie Liegeplätze, Bootsstände sowie zum Verkauf stehende Segelyachten. Es geht vorbei an herrschaftlichen Häusern, so am Schwedenpavillon (Nr. 28-30), ein Gebäude aus den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts. Eine Immobilienfirma bietet hier vornehmes Eigentum mit direktem Seezugang an.
Wenige Meter weiter, rechts in der Colomierstraße 3, ist der Eingang zur Villa Liebermann . Zahlreiche Besucher lauschen einer Garten- und Museumsführung: „Wohlhabende lassen sich in europäischen Städten immer im Westen der Stadt, ärmere Menschen in den östlichen Gebieten nieder“, wird erklärt. Die Menschen flanieren durch den Garten der Sommerresidenz des Malers; vorbei an Beeten mit blühenden Blumen, noch grünen Tomaten. Sie sitzen auf Bänken, Teller mit Kuchen auf dem Schoß balancierend, betrachtend, gleich den Museumsbesuchern, die im Haus die schönsten Gartengemälde Liebermanns entdecken – am Ort ihrer Entstehung.
Ein Anwesen in Familienbesitz
Max Liebermann (1847-1935) gehörte zu den wichtigsten Künstlern seiner Epoche und gilt als einer der bedeutendsten Impressionisten. Die Villa mit Loggia, Säulen und großer Terrasse ließ er sich von Architekt und Messel-Schüler Paul Otto Baumgarten (1873 – 1946) bauen. Neben der Ausstellung gibt es ein Café und einen Museumsshop.
Gegenüber, ebenfalls in der Colomierstraße, steht die prächtige Villa Langenscheidt, das Landhaus des Verlegers Carl Langenscheidt. Carl Langenscheidt, Sohn des Verlagsgründers Gustav Langenscheidt ließ sich 1899 ein Landhaus in Fachwerkbauweise von Bodo Ebhardt errichten. Das Anwesen befindet sich noch in Familienbesitz und ist seit 1971 an einen Wassersport-Club verpachtet.
Weiter geht es Richtung Heckeshorn: Am Großen Wannsee Nr. 52-54 folgt ein Anwesen, dessen Betrachtung durch den schmiedeeisernen Zaun Spaziergängern ein lang gezogenes „Wow“ entlockt: Die Villa Herz mit Türmchen und Erkern ist als romantisches „Märchenschloss“ vor über 120 Jahren von Wilhelm Martens für den Fabrikanten Paul Herz im neoromanisch burgenhaften Stil erbaut worden. Sie wird heute als Kulisse für Film- und Fernsehproduktionen vermietet.
Das Haus der Wannseekonferenz entdecken
Nur wenige Meter entfernt lädt das Haus der Wannseekonferenz , eine Gedenk- und Bildungsstätte zum Völkermord in der NS-Diktatur, zu einem Rundgang ein. 1914/15 vom Architekten Paul Otto Baumgarten als Villa für den Fabrikanten Ernst Marlier erbaut, erfährt man heute Wissenswertes über die dunkelste Zeit Deutschlands: Am 20. Januar 1942 kamen hier 15 hochrangige Vertreter der nationalsozialistischen Reichsregierung und SS-Behörden zusammen, um unter Vorsitz von SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich den begonnenen Holocaust an europäischen Juden detailliert zu planen und zu organisieren.
Ein Stück weiter des Wegs biegen wir einen Schotterweg, die Uferpromenade, rechts ab Richtung Wasser. Eine Bude bietet Gegrilltes: Steak und Würstchen, zwei Lokale, direkt am See, laden ebenfalls zu Speis und Trank. Hier blickt der Flensburger Löwe aus drei Metern Höhe über den See auf das Strandbad Wannsee. Das Monument ist eine Zinkkopie der 1862 vom dänischen Bildhauer Herman Wilhelm Bissen gefertigten Plastik. Ein Denkmal für den Sieg der königlich-dänischen Truppen über die Schleswig-Holsteiner in der Schlacht bei Idstedt (1850). Das Original steht heute in Flensburg. Der Bus 114 fährt von hier zurück zum S-Bahnhof.