07:45 Schwarz-Gelb dominiert und bietet die einzigen Farbtupfer im derzeitigen Herbstgrau. Schwarz-Gelb gestreift sind die drei riesigen Zelte des Circus Flic Flac. Sie stehen auf einem Grundstück zwischen dem Gelände des Bahnhofs Zoologischer Garten und dem BVG Busbahnhof an der Hertz-allee in Charlottenburg. Im Rahmen der Jubiläumstournee „Höchststrafe – 25 Jahre“ gastiert der Zirkus bis zum 4. Dezember in Berlin.
08:30 „Ich bin überglücklich, dass wir auf diesem Platz am Bahnhof Zoo unsere Zelte aufschlagen konnten“, sagt Flic-Flac-Direktor Benno Kastein. „Wir mussten einige bürokratische Hürden nehmen und auch viel Erde bewegen, um den Platz so zu gestalten, dass wir eines der größten Zirkuszelte Europas aufbauen konnten.“ Bereits Wochen vor der Premiere an diesem Donnerstag haben Arbeiter das Gelände mit Frontladern und Planierraupen geebnet. Mehr als 90 Lkw-Ladungen mit Sand wurden angefahren und verteilt.
11:00 Noch bevor Sarah Hübner ihren Platz hinter der Vorverkaufskasse eingenommen hat, warten schon die ersten Fans und wollen sich ihre Tickets für die Show sichern. „Ich arbeite seit einem Jahr für Flic Flac“, sagt die 31-Jährige. „Wir haben richtige Hardcore-Flic-Flac-Fans, die zu unseren Shows anreisen.“ Viele würde sie bereits mit Namen kennen.
11:55 Wohnwagen, Wohncontainer und Lkw säumen das Grundstück an der Hertzallee. Ungefähr 120 Menschen arbeiten und leben in der eigens für das Gastspiel errichteten Zirkusstadt. Es sei eine logistische Meisterleistung gewesen, binnen weniger Tage den Abbau am letzten Spielort in Göttingen zu organisieren und unter Zeitdruck in Berlin wieder aufzubauen, heißt es. 16 Lkw fuhren mehrmals täglich die 330 Kilometer lange Strecke zwischen Berlin und Göttingen.
12:45 Während im Hauptzelt die Vorbereitungen für die Proben laufen, schließt Tontechniker Torsten Berlin das Mischpult an. „Ich mische die Einspielmusik und die Liveband während der Show ab“, erklärt er. „Ab 18.30 Uhr geht es mit der Einlassmusik los.“ Noch aber sucht er im Halbdunkel mit einer Taschenlampe die richtigen Anschlüsse am Mischpult. Seit elf Jahren ist der 49-Jährige bei Flic Flac. Mit dabei ist auch seine Familie. In der Freizeit will Berlin Berlin entdecken.
13:20 Laut röhren die Motocross-Maschinen auf dem Gelände. Die „Helldriver“ sind das Markenzeichen des Zirkus. Jeden Abend rasen die Publikumslieblinge aus Südamerika im „Globe of Speed“. Mit einer Geschwindigkeit von 70 Stundenkilometern befahren sie das kugelrunde Stahlgeflecht. Für Dandino Garcia ist die Raserei in der Kugel „eine perfekt einstudierte Choreografie, nur auf Motorrädern“. Der 41-Jährige ist Artist in der dritten Generation. Er kommt aus Venezuela, lebt aber in Las Vegas. Mit seiner Frau tritt er bei Flic Flac auch auf Rollschuhen auf.
14:00 Larissa Kastein ist überall im Zirkus unterwegs, mal mit den Probeplänen in den Händen, dann wieder mit den Kostümen für die neuen Artisten. Eigene Auftritte kommen für die Artistin und Tochter des Zirkusdirektors derzeit nicht infrage. Sie erwartet ein Baby. „Ich kümmere mich um die Choreografie, die Proben und die Kostüme“, sagt die 29-Jährige. „Es gibt den ganzen Tag immer jemanden, mit dem etwas in der Manege besprochen werden muss.“
15:20 Für einen Weltrekordversuch macht sich ein neuer „Helldriver“ mit der Stahlkugel vertraut. Mit Tempo 70 rast er durch das Stahlgeflecht. Die Fliehkräfte drücken ihn und sein Motorrad in der Horizontalen an die Wand. 2013 haben die Fahrer den Weltrekord geholt, als sich zehn von ihnen gleichzeitig in die Todeskugel zwängten. Ende November soll der nächste Weltrekordversuch mit elf Fahrern unternommen werden. Sie rasen dann in der Stahlkugel rauf und runter, kreuz und quer, und alles bei Tempo 70. Das würde den Artisten einen Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde bringen.
16:00 Viele nennen Mohamed Bentaleb „den wichtigsten Mann bei Flic Flac“, auf ihn würden alle Arbeiter des Zirkus hören, heißt es. Der technische Leiter kennt nicht nur jedes Kabel und jeden Stecker, er ist auch der „Herr“ der Dieselaggregate. „Reicht der Stadtstrom nicht aus, versorgen wir uns selber“, sagt er. „Binnen 24 Stunden steht die Stromversorgung an einem neuen Spielort.“ Die Aggregate liefern zweimal 360 Ampere und zweimal 400 Ampere Stromstärke.
16:50 Helfer schieben ein gläsernes Wasserbecken in die Manege. Wassernixe Laura Miller aus England probt für ihren Auftritt. Mit ihm verbindet sie die Elemente Luft, Wasser und Feuer. Zeitgleich wird die Rampe für die Freestyle Jumper aufgebaut. Mit ihren Motocross-Maschinen jagen sie diese hoch und zeigen waghalsige Stunts unter der Zirkuskuppel. Mehr als 40 Artisten treten in der Show auf, Tiere sucht man vergeblich. Flic-Flac-Direktor Kastein macht Werbung in eigener Sache: „Wir zementieren unseren Ruf als Show mit den riskantesten Nummern in Deutschland. Wir inszenieren das Risiko.“
17:30 Bühnenhelfer Florin Paum ist einer der mehr als 100 Zirkusmitarbeiter. Der 26-jährige Rumäne kontrolliert täglich die ungefähr 300 Scheinwerfer. Bei Bedarf tauscht er sie aus und repariert sie.
18:30 Das Vorzelt füllt sich. An fünf Verkaufsständen werden Softdrinks, Cocktails und Speisen angeboten. Am Donnerstag ist nach einer Woche Preview-Shows die exklusive Premierengala. Zahlreiche Prominente werden als Zuschauer im ausverkauften Showdome erwartet. Unter anderem haben Culcha Candela, Romy Haag sowie die Schauspielerinnen Annette Frier und Katy Karrenbauer ihr Kommen zugesagt.
18:50 „Ich bin seit sechs Monaten Mutter“, sagt Juniorchefin Tatjana Kastein. „Jetzt habe ich die Manege mit dem Schreibtisch getauscht.“ Sie könne sich aber vorstellen, in vier bis fünf Monaten wieder mit Handstandakrobatik aufzutreten. Als Juniorchefin kümmert sie sich, wie sie sagt, „um alles, was mit Geld zu tun hat“.
Circus Flic Flac, Hertzallee 41, Charlottenburg, Karten 19–49 Euro, ermäßigt 15–44 Euro, Tickethotline: 01806 - 999 000 202 (gebührenpflichtig) oder hier, Infos im Netz: flicflac.de