16:30 Irgendwo in Charlottenburg hält ein Transporter an einem Briefkasten. Der Fahrer öffnet und leert ihn. Das gleiche Bild in Mitte, Friedrichshain, Wilmersdorf, Prenzlauer Berg und Karlshorst. Jeder Fahrer kennt seine Strecke, seine Aufgabe und alle haben nur ein Ziel: das Briefzentrum Berlin-Zentrum an der Eresburgstraße in Schöneberg. Ab 17 Uhr warten dort die Mitarbeiter auf Tausende von Briefen und Postkarten.
17:10 Die ersten Fahrer treffen auf dem Post-Gelände ein. „Das Briefzentrum ist einer von 82 Orten, die bundesweit wie in einem Spinnennetz verteilt sind“, erklärt die Leiterin, Sylvia Kramarczyk. „Alle Briefe und Postkarten, die aus dem Postleitzahlenbereich 10 abgeschickt werden, beziehungsweise für Empfänger in diesem Bereich bestimmt sind, durchlaufen unser Briefzentrum.“ Mit der internen Bezeichnung XXL gehört es zu den größten Standorten bundesweit. Bis zu 4,5 Millionen Sendungen können dort täglich bearbeitet werden.
18:15 Es ist kalt an der Kommissionieranlage. Rolltor auf, Rolltor zu. Mit jeder neuen Wagenladung kommt ein Schwall eiskalter Abendluft in diesen Arbeitsbereich. Davon bekommt Peter Krause nicht viel mit. Im Minutentakt schiebt er die schweren gelben Postbehälter in die Eingabevorrichtung. Ein Knopfdruck, und ein Greifer hebt die Kisten hoch zur Förderanlage. In luftiger Höhe unter dem Hallendach rumpeln die Behälter auf Förderbändern zu den verschiedenen Arbeitsstationen.
19:20 Konzentriert sitzt Edelgard Schenk in einem dunklen Raum an einem Videocodierplatz. Kann eine Maschine die handgeschriebene Adresse nicht lesen, wird sie automatisch als Bild auf einen Monitor gesendet. „Ich habe dann pro Sendung zwei bis drei Sekunden Zeit, die Postleitzahl zu erkennen und per Hand einzugeben“, sagt Frau Schenk. „Damit lösen wir an der Videocodiermaschine den Ausdruck des orangefarbenen Strichcodes auf dem Umschlag aus.“ Nach 30 Minuten Arbeit vor dem Monitor tauschen die Mitarbeiter die Arbeitsplätze.
20:00 „Die über die Briefkästen eingelieferten Sendungen sind noch unsortiert und ungestempelt“, erklärt Marco Tilders. „In der Briefordnerei ordnen wir sie nach Formaten und stellen sie für das Stempeln auf.“ Eine Abtasteinrichtung erkennt die Briefmarke und dreht den Brief so, dass er sich in der richtigen Postion für den Stempelvorgang befindet. „Briefe, die nicht für die maschinelle Bearbeitung geeignet sind, entwerten wir von Hand mit einem Rollstempel.“
20:15 Eine kleine Kamera in der Lese- und Videocodiermaschine liest die Adressen der Empfänger, auch die meisten handschriftlich geschriebenen. In Bruchteilen von Sekunden erkennt die Maschine anhand der Postleitzahl, wohin der Brief gehen soll. „Die Maschine verschlüsselt Postleitzahl, Ort, Straße und Hausnummer mit einem orangefarbenen Strichcode auf der Sendung“, sagt Mario Stein. „Für die weitere Bearbeitung können alle Briefe und Postkarten anhand dieses Codes automatisch gelesen werden.“
20:30 Auch die Großbriefsortieranlage für die Sendungen, die Berlin verlassen, läuft auf vollen Touren. Die Großbriefe werden in Behältern automatisch zur Anlage befördert, dort von der Maschine gestempelt und der richtigen Zielregion, einem der anderen 81 Briefzentren, zugeordnet.
20:40 Stille. Mit einem Schlag ist alles ruhig in der Halle. An irgendeiner Maschine ist eine Störung aufgetreten. Nach zwei Minuten laufen alle Maschinen wieder. „Wir haben immer einen Notfallplan im Kopf“, sagt Schichtleiterin Elke Mammach. „Egal wie, die Post muss pünktlich hinaus auf die Straße.“
21:45 Die Sendungen sind bearbeitet und entsprechend ihrer Zielregion sortiert. Über eine Förderanlage treffen sie wieder an der Kommissionieranlage ein. „Die Steuerung der Behälter erfolgt anhand von Infoträgern mit Barcodes, die sich seitlich an den Behältern befinden“, erklärt Sylvia Kramarczyk, Leiterin des Briefzentrums. „Jetzt werden die Transporter beladen, die dann sofort zu den Briefzentren der Zielregion fahren.“ Ein Lkw ist auf dem Weg zum Flughafen Tegel. Von dort werden die Sendungen mit dem Flugzeug nach Stuttgart geflogen. Einige Transporter treffen sich auch auf halber Strecke zwischen zwei Briefzentren und tauschen ihre Ladungen aus. Der Albtraum sei die Autobahn A 9 nach Nürnberg. Nur ein nächtlicher Unfall, und die Transporter würden im Stau stehen.
21:55 „Es kommen auch noch nach Parfüm duftende Liebesbriefe“, sagt Gudrun Dermane und lacht. „Aus manchen Umschlägen rieselt auch Sand von irgendeinem fernen Strand. Das sind dann die Urlaubsgrüße.“ Gudrun Dermane sortiert die Sendungen, die aufgrund des Formats oder ihres Umfangs nicht von den Maschinen bearbeitet werden können. Das sei auch der Fall, wenn Mauerstücke als Souvenirs verschickt werden.
00:30Aus ganz Deutschland und dem Ausland treffen bis vier Uhr die Sendungen für die Empfänger im Postleitzahlenbereich 10 ein. Mit so genannten Gangfolgesortiermaschinen werden die Sendungen passend zur späteren Tourenfolge der einzelnen Zusteller vorsortiert. „Wir arbeiten rund um die Uhr in drei Schichten“, sagt Sylvia Kramarczyk. „Innerhalb der Schichten wird der Personaleinsatz je nach Sendungsmengen flexibel geplant.“
03:00 Betriebstechniker Andreas Sagner bekommt eine Fehlermeldung auf sein Handy. Eine Maschine hat eine Störung. Gemeldet hat das ein Computer. Er unterbricht seine nächtliche Wartungs- und Reinigungsarbeit an einer teilautomatischen Briefordnerei, schnappt sich seinen Werkzeugwagen und macht sich auf den Weg.
04:25 Hinter verschlossenen Türen, in einem nicht öffentlichen Bereich der Hallen, wird die Post für den Bundestag, die sogenannte Regierungspost bearbeitet. Nur wenige Mitarbeiter haben Zutritt.
06:45 Alle Briefsendungen sind bearbeitet. Mit ungefähr 50 Lkw wird die Post zu den Zustellstützpunkten gebracht. Schichtleiter Carsten Krüger sitzt im Büro und verfasst abschließend seinen Schichtbericht.