Insekten, Fische, rare Pflanzen: In der Biosphäre Potsdam schwimmt, kriecht und gedeiht rund ums Jahr das pralle Leben. Angestellte haben einen Arbeitsplatz mit garantierten Sommertemperaturen
08:05 Ein scharfer Wind pfeift um den modernen Glas-Beton-Bau der Biosphäre Potsdam. Die ehemalige Blumenhalle der Bundesgartenschau steht wie ein Raumschiff in der Landschaft, die langsam frühlingshafte Farben annimmt. Im Inneren des Gebäudes aber ist es 28 Grad warm, ein wenig schwül und sehr grün. Chefgärtnerin Ivonne Bartsch besprüht die Luftwurzeln von lila Vanda-Orchideen mit Wasser. Vor elf Jahren hat sie begonnen für die Biosphäre zu arbeiten. „Eine Ausbildung zum Tropengärtner gibt es nicht. Ich musste mir hier vieles allein beibringen“, erzählt sie. Trotz intensiver Pflege und Gewächshaus-Klima würde nicht jede Pflanze gedeihen oder blühen. Den Vandas, die sie bei der Sonderausstellung „Orchideenblüte“ zeigen will, scheint es jedoch prächtig zu gehen.
09:00 Die Biosphäre öffnet. Ein gutes Dutzend Besucher betritt die Eingangshalle. Ein Ehepaar geht sofort in die Tropenhalle, die anderen Besucher stellen sich an der Garderobe an. „Mit Jacke macht es keinen Spaß. Das habe ich einmal gemacht und mache es nie wieder“, sagt eine Berlinerin. Es ist ihr zweiter Besuch in der Pflanzenhalle, diesmal will sie einer Freundin aus München die Biosphäre zeigen.
10:15 Eckhard Schaaf ist der Geschäftsführer der Biosphäre, die von dem stadteigenen Verbund „Pro Potsdam“ betrieben wird. Gemeinsam mit dem PR-Berater Andreas Wandersleben geht er über den Höhenweg in Richtung „Café Tropencamp“. Auf dem Geländer der Brücke, von der aus man die Vögel aus unmittelbarer Nähe beobachten kann, sitzt ein blauschimmernder Glanzstar. In seinem Schnabel windet sich ein Wurm. Als die beiden Männer näher kommen, fliegt der Vogel fort. „Die Stare füttern schon. Dann sind die Jungen also bereits geschlüpft“, stellt Schaaf fest. Die Männer setzen sich ins Café „Tropencamp“ und legen die Pressetermine für den nächsten Monat fest.
11:25 Durch das Schmetterlingshaus flattern 20 verschiedene Falter-Arten aus Asien und Südamerika. Die Halle ist 60 Quadratmeter groß, in der Anwesenheit von zwei Grundschul-Klassen wirkt sie deutlich kleiner. Die Kinder von der Ludwig-Hoffmann-Schule Friedrichshain beobachten die Schmetterlinge und ihre Raupen durch Lupen, die Mutigen unter ihnen versuchen die Insekten mit Mango- und Ananasstückchen anzulocken. Das klappt nur selten, manchmal aber kommen die Schmetterlinge freiwillig und setzen sich den Kindern auf die Schultern. Manfred Stöhr, Lehrer für Naturwissenschaften, beobachtet das Treiben seiner Schüler zufrieden. „Das hier ist Leben live! Den Wandel von der Raupe zur Puppe können die Kinder wunderbar nachvollziehen“, sagt er. „Außerdem lernen sie hier, dass es wichtig ist, solche Arten auf der ganzen Welt zu schützen.“
12:00 Im Teich vor dem Café ziehen die Riesen-Koi gemächlich ihre Runden. Das Verhalten der Zierkarpfen ändert sich schlagartig, als Service-Mitarbeiterin Ines Riecke die ersten Futterkügelchen in den Teich wirft. Sofort strömen die Fische zu ihr, recken ihre Mäuler aus dem Wasser und schnappen nach Futter. Die Gäste im Café stehen auf, um die Fütterung aus der Nähe zu verfolgen.
12:35 Dass nicht alle exotischen Insekten eine Augenweide sind, können die Kinder dann eine Stunde später ebenfalls live miterleben. Tierpfleger Lothar Moos nimmt eine Dorngespenstschrecke aus dem Terrarium und lässt sie über seinen Unterarm laufen. Einige Kinder weichen zurück, andere schütteln sich. „Die tun nichts!“, versichert Moos. „Und der Stachel?“, fragt ein Junge. „Mit dem Stachel graben sie ihre Eier in den Sand!“, sagt der Tierpfleger. Dann setzt er die Schrecke sanft zurück in ihr Terrarium und legt einen Brombeerzweig dazu. „Unsere Tiere würden bestimmt auch gerne exotische Blätter essen, aber das wäre zu teuer“, erklärt er den Schulkindern. „Und Brombeeren sind ideal, weil sie das ganze Jahr über grün sind.“
13:05 Die Schulklassen haben die Biosphäre verlassen, die Vogelstimmen sind wieder laut und deutlich zu hören. Dann ertönt eine Durchsage: „Paul und Lennart: Bitte kommt sofort zum Ausgang! Eure Klasse wartet auf Euch!“ Jetzt hört man aufgeregte Kinderstimmen und Schritte, die über den Höhenweg trappeln. Eine Service-Mitarbeiterin weist den Jungen den Weg.
14:20 Im Mai soll ein neuer Bereich zum Thema „Abtauchen in den Tiefen des Ozeans“ im Untergeschoss eröffnen. „Spannend, unterhaltsam und informativ“, so wünscht sich die Ausstellungsgestalterin Susanne Schilling die neue Schau. „An einigen Punkten sind die Ozeane 11.000 Meter tief. Ich überlege im Moment, wie ich das derart darstellen kann, dass auch Kinder es begreifen“, sagt die Biologin. Dann führt sie zwei Mitarbeiterinnen einer Ausstellungbau-Firma durch den „Aquasphäre“ genannten Bereich, in dem sich bereits jetzt Fische, Schlammspringer und andere Wasserbewohner tummeln.
15:15 Ivonne Bartsch erklärt zwei Besucherinnen ausführlich, wie sie eine Orchideen-Art namens Ascocenda erneut zum Blühen bringen können. „Schwierig ist es bloß, wenn mich Gäste nach der Pflege einer Pflanze fragen, deren Namen sie vergessen haben“, sagt die Gärtnerin
16:05 Birgit und Uwe Deichgräber aus Bad Beelitz besuchen das Tropen-Gewächshaus zum ersten Mal. Frau Deichgräber bewundert die Baby-Chamäleons und macht Fotos von den jungen Reptilien, die kaum länger als ein Streichholz sind und unbeholfen an den Ästen hangeln. „Am Besten aber haben mir die Orchideen gefallen“, sagt sie. „Für die habe ich einen echten Faible.“
17:25 Nadine Maier ist Auszubildende bei der „Pro Potsdam“ und absolviert gerade ein einwöchiges Praktikum bei der Biosphäre. Kurz vor Feierabend geht sie noch einmal ins Schmetterlingshaus. Zum ersten Mal setzt sich an diesem Nachmittag ein großer Himmelsfalter auf ihre Hand.
19:15 Die Biosphäre hat um sechs Uhr geschlossen. Im Café wurden die Bambus-Tische und -Stühle bereits gegen weiße Lounge-Leder-Sessel ausgetauscht, in der Orangerie wurden Stehtische um eine Tanzfläche gruppiert. „Wir sind das zweite Gesicht der Biosphäre“, sagt die Eventmanagerin Katharina Kirmse, die die Aufbauarbeiten überwacht. Rund 100 Abendveranstaltungen finden in der Biosphäre statt. An diesem Abend lädt eine Pharmafirma 140 Mitarbeiter zu einem Frühlingsfest ein. Die ersten Tabletts mit Gläsern stehen für die Gäste bereit.
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