Das Museum Berlin Story Bunker, einst ein Luftschutzbunker, präsentiert Berliner Stadtgeschichte und eine Dokumentation zur NS-Zeit.

Ein mächtiger Betonklotz steht auf einem Hinterhof an der Schöneberger Straße. Ein alter Bunker. Nahe des Anhalter Bahnhofs fanden Reisende und Angestellte hier auf 6500 Quadratmetern Schutz, als Berlin während des Zweiten Weltkriegs im Bombenhagel lag. 1942 ließen die Nazis dieses Ungetüm im Rahmen des „Führersofortprogramms“ von Zwangsarbeitern errichten – ein Knochenjob.

Seit einigen Jahren ist der ehemalige Luftschutzbunker ein Museum. Zunächst beherbergte er eine Ausstellung zur Berliner Stadtgeschichte. Auf zwei weiteren Etagen eröffnete 2016 zusätzlich die Schau zum Nationalsozialismus „Hitler – wie konnte es geschehen“. Sie ersetzte dort das lange betriebene Gruselkabinett. Hinter dem Projekt stehen Enno Lenze und Wieland Giebel.

An Museen zur Stadtgeschichte und zum Nationalsozialismus mangelt es nicht in Berlin, trotzdem hat sich der Berlin Story Bunker als authentischer Ort einen Namen gemacht. Neben Touren durch originalgetreue Teile des Bunkers, können die Besucher zwischen zwei unterschiedlichen Ausstellungen wählen: Die eine ist eine text- und bildlastige Dokumentation zur NS-Zeit. Die andere eine sehr plastische Präsentation der Stadtgeschichte, gestaltet von der Filmarchitektin und Szenenbildnerin Monika Bauert, die auch Streifen wie „Das Boot“ ausstattete.

Wer alles anschauen möchte, sollte zweimal kommen

„Beide Ausstellungen hintereinander anzuschauen, ist wirklich etwas für Hartgesottene“, sagt Lenze und wer alles oder zumindest das meiste lesen und anschauen möchte, sollte zweimal kommen. Fangen wir mit dem Berlin Story Museum an. Ein Diorama zum Berliner Unwillen 1448 auf der Höhe von Kinderköpfen eröffnet die Ausstellung. Von hier aus arbeitet man sich chronologisch durch die Stadtgeschichte, bis man schließlich an einem Späti herauskommt, Inbegriff des aktuellen Berlin. Selbst Experten sollen hier immer noch etwas Neues lernen können, weswegen hier und da Anekdoten und Details erklärt werden, die eher unbekannt sind.

Beispielsweise, dass die Wagenlenkerin der Quadriga auf dem Brandenburger Tor von Johann Gottfried Schadow ursprünglich ohne die römische Lanze samt Adler geschaffen wurde und sie die Siegesinsignien erst nachträglich erhielt. Oder dass Friedrich II., heute allerorten gerühmt für seine weise Einführung der Kartoffel, dies nur mit einem Trick bewerkstelligte. Man lernt, wie er kolportieren ließ, die Kartoffeln seien so edel, dass sie der königlichen Entourage vorbehalten werden müssten – was das Interesse der Bevölkerung anstachelte und sie zum Klauen auf königlichen Äckern verleitete. Friedrich ließ es absichtlich geschehen und die Kartoffel fand so rasch Verbreitung.

Audioguides sind wesentlicher Teil des Konzepts

Audioguides in zehn Sprachen sind wesentlicher Teil des Konzepts – ohne erschließt sich nicht die Hälfte. Neben Vitrinen und Exponaten ist die Stadtgeschichte mit Videos und Filmen aufbereitet, passend zu den Themen werden Bücher ausgestellt, deren Lektüre die jeweils angerissenen Aspekte vertiefen kann. Modellflugzeuge versinnbildlichen die Luftbrücke, Fahnen oder DDR-Speckitonnen das Leben im geteilten Berlin, alte Kinderwagen zwischen Ziegeltrümmern und vor einem Großbild der zerstörten Stadt illustrieren das Leben in der Nachkriegszeit. „Diese Installation zeigt hervorragend, wie Diktaturen enden – erst kann man jemanden wählen, dann muss man ihn wählen und am Ende liegt alles in Trümmern.“

Enno Lenze ist schon lange im Tourismus und der Vermarktung der Berliner Geschichte aktiv. Angefangen hat alles mit drei Souvenirshops Unter den Linden. Lenze ist auch Verlagschef und betreibt den Berlin Story Verlag. Geschichtsvermittlung war also kein neues Feld für ihn, als sich 2014 die Chance bot, den alten Bunker an der Schöneberger Straße zu erwerben und darin ein privates Museum aufzubauen. „Ich wollte etwas Sinnvolles machen“, sagt Lenze. Sein Engagement hier ist ehrenamtlich, die Einnahmen fließen in den Betrieb und sollen nach und nach die Investitionen wieder einspielen. Allein die neue Hitler-Schau hat rund eine Million Euro und eine Menge Arbeit gekostet. „Ich habe mich zum Beispiel durch 75.000 Fotos geklickt, von denen jetzt ungefähr 2500 gezeigt werden“, sagt Lenze. Die Grundidee ist einfach: „Die meisten Besucher wissen nicht viel über Hitler, haben aber sehr viel Falsches im Kopf. Deswegen fangen wir beim Urschleim an, in unserem Fall mit den Einigungskriegen.“

Hitlers Arbeitszimmer für Ausstellung nachgebaut

Viel Aufregung verursachte, dass Hitlers Arbeitszimmer aus dem zerstörten Führerbunker für die Ausstellung nachgebaut wurde. Ein kleiner Schreibtisch, eine Sitzecke, ein Porträt Friedrich des Zweiten – sonderlich spektakulär ist das Zimmer nicht, aber das ist nicht der Punkt. „Auf Fotos von Hitler im Bunker stand im Dritten Reich die Todesstrafe, denn der Führer versteckte sich natürlich nicht, nicht laut Propaganda jedenfalls“, erklärt Lenze.

„Ich hätte also gern Originalfotos gezeigt, aber die gibt es nicht, und deswegen haben wir das Zimmer nachgebaut.“ Begleitend werden Setfotos von „Der Untergang“ gezeigt – Exponate, die vom Verleih sonst nie herausgegeben werden, für die Ausstellung wurde eine Ausnahme gemacht. Ein Zeichen, dass Lenzes Arbeit ernst genommen wird.