Wie BlueYard Daten befreien will

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Jürgen Stüber

Blueyard-Fonds mit 120 Millionen Euro Series-A-Finanzierung im Fokus Ein VC gegen den Berliner Mainstream Der Berliner Wagniskapitalgeber BlueYar

  • Blueyard-Fonds mit 120 Millionen Euro
  • Series-A-Finanzierung im Fokus
  • Ein VC gegen den Berliner Mainstream

Der Berliner Wagniskapitalgeber BlueYard gewinnt knapp ein Jahr nach seinem Start deutlicheKonturen. Die Investoren Ciaran O’Leary und Jason Whitmire (Foto) haben erste Investments getätigt und füllen damit das programmatische Versprechen mit Leben, das sie in einem sehr abstrakt gehaltenen Blogbeitrag Anfang dieses Jahres skizziert haben. Die beiden Investoren, die mehrere Jahre lang beim Berliner VC Earlybird tätig waren, haben einen Fonds mit einem Volumen von 120 Millionen Euro aufgelegt. Mit Chad Fowler haben sie den früheren CEO des an Microsoft verkauften digitalen Aufgabenplaners Wunderlist als Venture Partner an Bord genommen.

BlueYard will Märkte dezentralisieren

Whitmire und O’Leary heben sich vom Mainstream des Berliner Start-up-Szene ab. Sie war insbesondere in ihren frühen Jahren von E-Commerce und dem vom Platzhirsch Rocket Internet gelernten Erfolgsmodell des Kopierens erfolgreicher Geschäftsmodelle geprägt. Mit solchen als „Me too“oder „Copycat“ bezeichneten Unternehmen wollen sich die Investoren nicht befassen. Sie stellten drei Thesen gegen diesen Trend, die ihr Geschäftsfeld umreißen: die Dezentralisierung der Märkte, die Befreiung von Daten aus der Herrschaft von Gatekeepern und die Demokratisierung von Möglichkeiten durch Technologie. Das klingt reichlich philosophisch, wird aber klarer, wenn man sich die Unternehmen näher ansieht, die BlueYard-Investments erhalten haben.

Globaler Plattformcharakter zwingend

„Wir haben uns vom ersten Tag an für Unternehmen interessiert, die einen globalen Plattformcharakter haben“, sagt Jason Whitmire. „Ein zweites Kriterium ist die Nutzung fundamental neuer Technologien.“ BlueYard kalkuliert dabei für den hohen Grad der Innovation und Disruption auch ein höheres Risiko ein. Ein Beispiel ist „Vectary“ aus Bratislava (Slowakei). BlueYard hat gemeinsam mit anderen Investoren 2,5 Millionen US-Dollar in dieses Unternehmen gesteckt. Die Gründer dieses Start-up haben eine Plattform entwickelt, mit der Nutzer dreidimensionales Design ohne tiefere Vorkenntnisse entwerfen können. Diese Modelle können aus dem Webbrowser heraus mit 3D-Druckern realisiert werden, was dem Start-up einen nahezu unendlichen Massenmarkt öffnet. Ferner steht den Anwendern von Vectary eine Plattform für den gegenseitigen Austausch zur Verfügung.

Dezentralisierte Blockchain-Datenbank

BitChainDB, ein Portfoliounternehmen von Earlybird, ist ein anderes Beispiel. Zwei promovierte Absolventen des angesehenen Massachusetts Institute of Technology (MIT) sind nach Berlin gekommen, um hier eine dezentralisierte Blockchain-Datenbank zu entwickeln, die anders als die herkömmliche Technologien nicht an Kapazitätsgrenzen stößt, also skalierbar sein soll. Ihre Idee basiert auf einem Netzwerk aus dezentralen Knotenpunkten, die selbstständig von Benutzern gesendete Transaktionen validieren können. Auf der Basis dieser Technologie können Programme entwickelt werden, die geistiges Eigentum schützen, finanzielle Transaktionen absichern oder logistische Prozesse begleiten. Deepstream ist eine Cloud-Plattform, in die BlueYard eine Million Dollar investiert hat, und die Entwicklern von Smartphone-Apps mit Echtzeitfunktionen die Arbeit erleichtert. So stellt die Darstellung von Autos, die sich wie bei Uber oder MyTaxi in Echtzeit auf einer Straßenkarte bewegen, bislang einen hohen Programmieraufwand dar. Deepstream will das einfacher machen und eine neue Ebene für Apps schaffen, wie Jason Whitmire sagt.

Zukunftsprognosen in Echtzeit

Die Liste ließe sich fortsetzen: etwa mit Rapidminer, einer Open-Source-Plattform, die Zukunftsprognosen (predictive Analytics) auf dem Bildschirm ermöglicht, oder Seerene, einem Spin-off des Hasso-Plattner Instituts, das eine Software-Visualisierung wie auf einem Stadtplan ermöglicht. So lassen sich Fehler und Schwachstellen der überprüften Programme anzeigen. Whitmire hat bereits 2013 und 2015 in Rapidminer investiert und berät Seerene als Board-Member. Seeerene war mit einer Seed-Runde von 5 Millionen Dollar von Earlybird gestartet. BlueYard hat sich aus Wachstumsfinanzierungen (A-Runden) bis zu fünf Millionen Euro spezialisiert. „Wir tätigen pro Jahr sechs bis zehn Investments“,sagt Whitmire.