Microsoft-Gründer

Impfstoffe interessieren Bill Gates mehr als das Internet

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Jürgen Stüber

Foto: Jürgen Stüber

Wer von Bill Gates ein Plädoyer für das Internet und Start-up-Gründer erwartet hat, sah sich bei seinem Besuch in Berlin enttäuscht. Technologie ist für ihn Mittel zum Zweck im Kampf gegen die Armut.

Microsoft Gründer Bill Gates hat bei seinem Besuch in Berlin das Forschernetzwerk ResearchGate besucht und bei einer Podiumsdiskussion die Zielsetzung seiner humanitäten Stiftung „Bill and Melinda Gates Foundation“ erläutert. Bei der Veranstaltung präsentierte sich auch die neue Internetplattform „Impatient Optimists“ der Stiftung.

Eine zentrale Frage war, welchen Beitrag der technische Fortschritt zu einer besseren Welt leisten könne. „Technologie hilft uns dabei, eine bessere Welt zu schaffen“, sagte Gates. Er verhalf mit seinem 1975 gegründeten Unternehmen Microsoft und dem Computer-Betriebsprogramm Windows einem Großteil der Menschen in entwickelten Ländern Zugang zu Computern und damit zum Internet.

Gates zählt mit einem geschätzten Vermögen von mehr als 70 Milliarden US-Dollar zu den reichsten Männern der Welt. Die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung, mit der sich das Paar gegen Armut und Krankheiten engagiert, gilt als die größte private Stiftung der Welt.

Die Herausforderung der Entwicklungshilfe sei, Geld an der richtigen Stelle zu investieren, sagte Gates und mahnte in Richtung Politik, die Ausgaben für die Armutsbekämpfung zu erhöhen. Eine zentrale Aufgabe sei es, die Lebensbedingungen in den Slums zu verbessern, damit kein Kind an Malaria oder Durchfall sterben müsse.

Impfstoffe sind wichtiger als Start-ups

„Die digitale Revolution fängt gerade erst an“, sagte der Microsoft-Gründer. Die Entwicklung der künstlichen Intelligenz und die intelligenter Software (Smart Software) seien ein großer Fortschritt. „Hier brauchen wir Erfinder“, sagte Gates.

Warum er dann nicht stärker in Start-ups investiere, wollte ein Zuhörer wissen. „Die Entwicklung eines Impfstoffes gegen Malaria ist eine Frage der Wissenschaft“, das könne kein Start-up leisten, antwortete er und setzte damit Prioritäten.

Internet für Gates nicht auf Platz eins

Eine Besucherin fragte, was er von der Äußerung des Facebook-Gründers Mark Zuckerberg halte, eine der größten Herausforderungen unserer Generation sei die globale Verbreitung des Internet. „Das gehört zu den Top Ten“, relativierte der Microsoft-Gründer. „Wir brauchen solche Werkzeuge“, sagte er. Doch er machte auch deutlich, dass für ihn der – Offline geführte – Kampf gegen die Armut Priorität habe.

Als Beispiel für die künftige Bedeutung von Kommunikationssystemen nannte Gates das mobile Bezahlsystems M-Pesa, das in Ländern wie Kenia millionenfach genutzt wird und Geldtransaktionen mit einfachsten Mobiltelefonen ermöglicht oder die medizinischen Diagnostik mit Hilfe von Handy-Fotos. Er erwartet, dass es in fünf Jahren die erforderliche Infrastuktur geben wird, um Datendienste zu nutzen.

Besuch beim Forschernetzwerk ResearchGate

Bill Gates hatte am Vortag das Start-up ResearchGate besucht. Er hatte gemeinsam mit anderen Wagnisfinanzierern aus dem Silicon Valley im Juni diesen Jahres 35 Millionen Dollar (knapp 27 Millionen Euro) in ResearchGate, das Online-Netzwerk für derzeit 2,9 Millionen Wissenschaftler, investiert. Dazu gehören Tenaya Capital, die Dragoneer Investment Group,Thrive Capital sowie Benchmark und Founders Fund, welche die ersten beiden Finanzierungsrunden angeführt hatten.

Gründer Ijad Madisch führte Gates durch die Räume des Berliner Start-up. „Ich hatte mich schon darauf gefreut, ResearchGate zu besuchen und bin über den kontinuierlichen Fortschritt des Unternehmens beeindruckt“, sagte Gates. „Ich bin sehr begeistert, wie die digitale Welt die Arbeit der Wissenschaft optimiert. ResearchGate nimmt dabei eine zentrale Rolle ein.“

Den Kontakt zum Microsoft-Gründer hatte Matt Cohler, Partner beim ResearchGate-Investor Benchmark Capital und Mitglied des ResearchGate-Boards, über Boris Nicolic, den wissenschaftlichen Berater von Bill Gates hergestellt.

Researchgate-Gründer Ijad Madisch will mit dem frischen Kapital zwei Ziele realisieren: Zum einen die Plattform verbessern und zum anderen eine Monetarisierungsstrategie anschieben. „Wir wollen die Plattform öffnen, so dass andere mit unseren Daten neue Programme entwickeln können“, sagte der Gründer, der ResearchGate zum grundlegenden Kommunikationswerkzeug aller Wissenschaftler weltweit machen will, im Juni.