Spielfiguren fliegen über den Tisch – und ein paar Schimpfworte gleich hinterher. Da ist jemand gerade ziemlich wütend und aggressiv. Man kann aber lernen, mit dieser Wut umzugehen
Brüllen, treten, schimpfen – das tun wir, wenn wir aggressiv sind. Das Wort kommt aus der Sprache Latein und bedeutet angreifen oder herangehen. Aggression ist aber normales Verhalten, sagt der Psychologe Andreas Engel. Und: Man kann üben, so dass dabei niemand zu Schaden kommt.
Kinderpost: Was genau ist Aggression?
Andreas Engel: Aggression ist ein angeborenes Verhalten von Menschen und auch Tieren. Dabei gehen sie auf Lebewesen oder Dinge zu, um was mit ihnen zu tun. Meist denkt man bei Aggression an Gewalt, also dass jemand verletzt oder etwas zerstört wird. Aber auch beim Fußball und Boxen ist Aggression mit im Spiel.
Warum wird man aggressiv?
Aggression ist eine Reaktion auf bestimmte Gefühle, vor allem Wut, Ärger und Enttäuschung, aber auch Traurigkeit und Angst. Wenn ein Kind zum Beispiel ein Eis will, aber keins kriegt, dann ist es frustriert. Und wenn es sich nicht beherrschen kann, dann tritt es der Mama womöglich ans Bein oder beschimpft sie.
Das heißt, Aggression kann ganz verschieden sein?
Genau. Jeder hat eine andere Art, Dampf abzulassen. Manche machen das mit Worten, andere lassen die Fäuste sprechen.
Aber man soll doch nicht hauen!
Ja, aber das kommt trotzdem vor. Menschen müssen erst lernen, mit Frustration umzugehen. Vor allem kleine Kinder können das oft noch nicht so gut. Wenn sie beim „Mensch ärgere dich nicht“ verlieren, kommt es oft vor, dass die Figuren über das Brett fliegen. Dass es gut ist, seinen Ärger auszuhalten, damit man mit anderen spielen kann, müssen sie erst mal lernen. Das braucht oft jahrelange Übung. Üben muss der Mensch auch jede andere Situation, in der er es mit Frust zu tun kriegt.
Was sollte man tun, wenn einer aggressiv ist?
Statt bloß zu ermahnen, sollte man nachfragen, was für Gefühle hinter der Aggression stecken und was diese Gefühle ausgelöst hat. Meist ist vorher etwas Konkretes vorgefallen. In einem nächsten Schritt kann man zusammen überlegen, wie man mit dem Frust umgehen kann, ohne dass jemand oder etwas zu Schaden kommt. Und man kann gucken, ob man was verändern kann, damit dieser Frust nicht mehr auftritt.
Interview: Karlotta Ehrenberg