Die Wildnis im Land Kanada ist zwar sehr schön, manchmal aber auch gefährlich. Denn plötzlich kann ein großer Schwarzbär auf dem Weg stehen! Lasse (15) berichtet davon
Schon über 60 Kilometer sind wir durch die Wildnis gelaufen. Und trotzdem erwarten uns noch viele Überraschungen! Wir befinden uns Tausende Kilometer von Deutschland entfernt, im äußersten Zipfel des Landes Kanada. Dort gibt es einen spannenden Wanderweg – den West Coast Trail (gesprochen: West Koost Treel). Er führt am Ozean entlang. Der Weg ist schmal und oft sehr steil. Immer wieder gibt es Holzleitern, die man hoch- und heruntersteigen muss.
In den Sommerferien starte ich mit meiner Familie in das Abenteuer. 75 Kilometer Wandern liegen vor uns. Puh! Der West Coast Trail zählt zu den schönsten Wanderwegen der Welt. Und zu den anstrengendsten. Das liegt auch daran, dass man über den kompletten Trail sein Essen im Rucksack tragen muss. Es gibt keine Geschäfte auf dem Weg.
Zunächst geht es morgens mit einem Boot über einen Fluss. Dann beginnt der härteste Tag unserer siebentägigen Wanderung: Immer wieder müssen wir Leitern hochsteigen, über Wurzeln klettern – und das mit zehn Kilo Gepäck in meinen Rucksack. Schlafsack, Schlafmatte, Zeltstangen und Müsliriegel sind darin.
Wir brauchen für nur fünf Kilometer mehr als vier Stunden. Dann sind wir an unserem ersten Zeltplatz angekommen. Das ist aber nicht so, wie auf Campingplätzen in Deutschland. Alle Zeltplätze am West Coast Trail sind am Strand. Und es gibt nur ein Plumpsklo.
Am dritten Tag der Wanderung kommt ein großer Schock: Unterwegs merken wir, dass wir unsere Zeltstangen verloren haben. Deswegen muss mein Vater zurücklaufen. Weil wir am Ozean gehen, kommt langsam die Flut. Wir müssen uns beeilen. Zum Glück haben zwei andere Wanderer die Zeltstangen gefunden und mitgenommen. Ohne sie hätten wir ein Problem gehabt.
Und dann wird es richtig spannend. Zwei Kilometer vor dem letzten Campingplatz der Wanderung sehen mein Vater und ich auf einer Brücke einen großen Kothaufen. Wir erkennen sofort: Der stammt von einem Bären! Der Haufen ist leicht lila und sieht genauso aus, wie man uns das vor der Wanderung beschrieben hatte. Wir gucken uns den Haufen etwas genauer an und stellen fest, dass er recht frisch ist. Nachdem wir ein Foto davon gemacht haben, wollen wir weitergehen. Doch auf einmal steht ein Schwarzbär auf dem Weg. Er ist fast zwei Meter groß!
Wir tun das, was ein Ranger uns vorher erklärt hatte. Der Ranger ist ein Experte für den Nationalpark, durch den wir wandern. Wir gehen langsam rückwärts, weg von dem Bären. Außerdem reden wir laut miteinander. Das soll den Bär einschüchtern. Dann warten wir zehn Minuten. Wir wollen dem Bären Zeit geben, sich in die Büsche zu schlagen. Und tatsächlich: Als wir weitergehen, ist er weg.
Nach 75 Kilometern und mit viel leichteren Rucksäcken kommen wir am letzten Tag am Endpunkt der Wanderung an. Dort steht eine Ranger-Station. Man muss sich da abmelden, damit die Ranger wissen, dass wir heil durchgekommen sind. Außerdem berichten wir dort von unserem Bären-Erlebnis.
Die Wanderung war wirklich ein sehr schönes, aber auch anstrengendes Erlebnis.
Lasse Huwald