Berliner Perlen

Italienische Rennräder vom Feinsten gibt es in Friedenau

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Franz Michael Rohm
Eine bunte Auswahl an italienischen Rennrädern vieler Marken.

Eine bunte Auswahl an italienischen Rennrädern vieler Marken.

Foto: Franz Michael Rohm

Bei „Bici da Corsa“ in Friedenau werden italienische Rennräder aus den 1970er- bis 1990er-Jahren verkauft und repariert.

Berlin. Dass hier jemand mit einem großen Faible für Design am Werk ist, sieht man bei „Bici da Corsa“ schon von außen. „Der Name bedeutet Rennrad auf Italienisch“, erklärt Nils Christen. Die bunten historischen Leucht-Buchstaben über Eingang und Schaufenster hat er im Internet und auf privaten Touren zusammengesucht. Den Verkaufsraum mit altem Stuck hat er mit schwarzen Tapeten ausgekleidet.

Vor Geschäftsöffnung drängen sich auf der Verkaufsfläche wunderschöne italienische Vintage-Rennräder aus den 1970er-, 1980er- und 1990er-Jahren von den Marken Colnago, Bianchi oder Cinelli. Allesamt gebrauchte, vollständig gewartete und natürlich fahrtüchtige Preziosen der sportlichen Fortbewegung auf 25 oder 28 Millimeter schmalen Reifen. Trotz ihrer Patina leuchten sie verführerisch in klassischem Rot, celestem Hellgrün, in schnittigem Silber oder coolem Schwarz-Blau.

Allen gemeinsam ist eine Ausstattung von Campagnolo und ein geschweißter Stahlrohrrahmen der Firma Columbus. „Dieses Unternehmen bei Mailand fertigt seit mehr als hundert Jahren Fahrradrahmen, bis heute“, erzählt Nils Christen.

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Die Pandemie brachte Nils Christen auf die Geschäftsidee

Seit 20 Jahren betreibt er eine Design-­Agentur. „Lief alles bestens, bis Corona kam“, berichtet der 54-Jährige. Dann gaben seine Kunden keine Aufträge mehr aus. Als Konsequenz besann sich der Geograph, Tourismusmanager und BWLer auf seine Studienzeit. Damals verkaufte er mit einem Freund zur Finanzierung des Studiums gebrauchte Hollandräder an der Veteranenstraße in Mitte. Das Geschäft existiert noch immer. Als großer Fan von italienischem Design, sowohl was Möbel, Mode, Autos als auch Fahrräder angeht, fährt er seit Jahrzehnten italienische Rennräder. „Als meine Firma drohte, den Bach runterzugehen, habe ich mich auf die alte Geschäftsidee mit den ­Fahrrädern besonnen. Eben mit italienischen ­Rädern“, sagt Christen.

Bei seinen Recherchen im Internet stieß er auf einen ehemaligen italienischen Radrennfahrer, der bei Turin lebt und zahlreiche alte Rennräder im Angebot hatte. Per digitalem Übersetzer nahm der Berliner Kontakt auf. „Heute sind wir Freunde, obwohl ich noch immer kein Italienisch spreche“, sagt der Rennrad-Aficionado.

Er legt Wert darauf, keine Mondpreise zu verlangen – die überarbeiteten Räder kosten in der Regel zwischen 700 und 900 Euro – und auf Understatement. Das „Bici da Corsa“ ist kein High­techladen, sondern ein gemütlicher, ein wenig aus der Zeit gefallen wirkender Ort mit alten Baumwolltrikots auf Bügeln, neuwertigen Ersatzteilen von Campagnol und einer kleinen Werkstatt. In der sorgt ein ­passionierter Mechaniker dafür, dass Tretlager, Bremsen und Schaltungen maßgenau eingestellt werden. Auch Fremdräder werden repariert.

Noch mehr besondere Läden in Berlin:

Es gibt sogar eine eigene Fahrrad-Linie

Bei genauerem Hinsehen zeigt sich an den Rädern eine technische Entwicklung von den 1970er- bis in die 1990er-Jahre. Beim Schaltgetriebe ging es von zehn über 12 bis zu 16 Gänge. Außerdem liefen zu Anfang die Bremszüge noch in großen Schlaufen aus dem Rahmen zu den Bremsen am bandumwickelten Lenker. Ein Jahrzehnt später verschwanden sie in der Lenkerumwicklung. Noch ein Jahrzehnt später wurden die Schaltungen vom Rahmen neben die Bremsen am Lenker verlegt. „Seither hat sich nicht mehr viel geändert“, erklärt Christen.

Er erzählt, dass es mittlerweile eine sportliche Retroszene gibt, in der die alten Vintage-Rennräder mit dem Abfahren klassischer Etappen von Giro d’Italia oder Tour de France zelebriert werden. In originaler Kleidung trifft man sich zur Ausfahrt. Besonders geschätzt seien die original Lederriemen-­Körbchen als Trittsicherung an den Pedalen.

Mit viel Fantasie und Innovationsfreude kreierte der Geschäftsmann die eigene Linie „Christn“. Alte Columbusrahmen werden dafür in einem Metallic-Himmelblau lackiert und mit originalen Campagnolo-Teilen aufgebaut, als Singlespeed, ohne Schaltung. Für Kopfsteinpflaster sind die Räder eher nichts, aber auf Asphalt gleiten sie fast wie von selbst. Und natürlich sind sie absolute Hingucker. „Ein Rennrad ist eben auch ein Statement“, sagt Nils Christen.

Bici da Corsa Handjerystraße 65, Friedenau, Tel. 0160/90 11 11 05, Mi.–Fr. 14–18 Uhr, Sbd. 12–15 Uhr, www.bici-da-corsa.com

Weitere Fahrradläden in Berlin (Auswahl)

  • Bikedudes Berlin Landsberger Allee 53, Friedrichshain, Tel. 49 85 58 48, Di.–Fr. 10–18 Uhr, Sbd. 10–15.30 Uhr, www.bikedudes.de
  • Rad Company Hauptstr. 163, Schöneberg, Tel. 78 89 41 23, Mo.–Fr. 10–19 Uhr, www.radcompany.de
  • Bike Market City Uhlandstr. 63, Wilmersdorf, Tel. 861 00 07, Di.–Fr. 11–18.30 Uhr, Sbd. 11–16.30 Uhr, www.bikemarketcity.de
  • Fahrradland Ritterlandweg 43, Reinickendorf, Tel. 491 10 66, Mo.–Fr. 10–18.30 Uhr, Sbd. 9.30–14 Uhr, das-fahrradland-berlin.de
  • Fahrradstation Dorotheenstr. 30, Mitte, Tel. 20 45 45 00, Mo.–Fr. 10–19 Uhr, Sbd. 10–16 Uhr, www.fahrradstation.de
  • Fahrradladen Mehringhof Gneisenaustr. 2a, Kreuzberg, Tel. 691 60 27, Di., Do. und Fr. 10–19 Uhr, ­Mi. 7–19 Uhr, Sbd. 11–15 Uhr, www.fahrradladen-mehringhof.de
  • Radhaus Biesdorf Alt-Biesdorf 45, Biesdorf,Tel. 51 06 37 70, Mo.–Sbd. 10–19 Uhr, www.das-radhaus.de
  • Zweirad-Center Stadler August-Lindemann-Str. 9, Prenzlauer Berg, Tel. 20 07 62 50, Mo.–Sbd. 10–20 Uhr, shop.zweirad-stadler.de
  • Ulis Fahrradladen Jagowstr. 28, Spandau, Tel. 336 69 87, Mo.–Fr. 10–18.30 Uhr, Sbd. 10–14 Uhr, www.historische-fahrraeder-berlin.de

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