Der Senat will die Sicherheit für Radfahrer in Berlin deutlich erhöhen. Staatssekretär Gaebler stellte die Ergebnisse einer Online-Befragung von Radfahrern zu Gefahrenstellen in der Hauptstadt vor.
Die Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg ist die größte Gefahrenstelle für Radfahrer. Das ergab die Auswertung einer öffentlichen Befragung von Radfahrern und anderen Verkehrsteilnehmern im Auftrag des Senates. Große Sicherheitsrisiken bestehen auch Unter den Linden und in der Linienstraße in Mitte. „Jeden Tag werden in Berlin in 1,5Millionen Fällen Wege mit dem Rad erledigt und es sollen künftig noch mehr werden – deswegen wollen wir die Sicherheit für Radfahrer erhöhen“, sagte Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler (SPD) am Freitag. Der gefährlichsten Ballungsraum ist den Angaben zufolge die Gegend zwischen Herrmannplatz und Kottbusser Tor.
Zwischen 12. November und 10. Dezember 2013 hatten alle Berliner die Möglichkeit, die Gefahrenstellen auf der Homepage der Verkehrsverwaltung zu benennen und gleichzeitig Lösungsvorschläge zu unterbreiten. 27.000 Berliner nahmen an der Umfrage teil, 11.000 besuchten die Homepage mehrmals. Insgesamt wurde auf etwa 5000Gefahrenstellen hingewiesen. „Wir haben wertvolles Material erhalten, das uns bei der Bewertung unserer Radverkehrsplanung hilft“, sagte Gaebler. Für die zehn am häufigsten genannten Kreuzungen sollen in den kommenden Monaten Lösungen erarbeitet werden. An einigen Gefahrenstellen wie dem Kottbusser Tor finden bereits umfangreiche Umbauarbeiten statt, die die Situation deutlich entschärfen sollen. Ein gründlicher Umbau des Herrmannplatzes ist für 2016 vorgesehen. Möglicherweise wird die Veränderung der Verkehrsführung für Radfahrer vorgezogen, kündigte Gaebler an.
Schnelle Lösungen versprochen
Etwas überraschend auf Rang zwei der am meisten genannten Gefahrenpunkte steht die Kreuzung Unter den Linden/Wilhelmstraße. Dort beklagen Radfahrer unsinnig lange Rotphasen an Ampeln. Am Potsdamer Platz sind es die Touristen, die achtlos auf den Radweg treten, der als besonderer Gefahrenherd identifiziert wurden. In der Frankfurter Allee in Friedrichshain kritisieren die Radfahrer die Verkehrsführung des Radweges, der an mehreren Stellen zu Konflikten mit Fußgängern führt, die die U-Bahnhöfe betreten oder verlassen. Radfahrer in Marzahn-Hellersdorf kritisieren, dass die als Fahrradstraße ausgewiesene Alberichstraße morgens von Eltern dafür missbraucht wird, ihre Kinder mit dem Auto zur Schule zu fahren und die Straße zuzuparken.
Für einige der genannten Risikokreuzungen stellte Gaebler eine „zeitnahe“ Lösung in Aussicht, bremste aber Erwartungen, auf eine zügige Beseitigung der Mängel. „Man kann Verkehrsschilder nicht einfach abschrauben, das ist ein Verwaltungsakt“, sagte Gaebler. „Verkehrsschilder müssen zunächst abgeordnet werden, bevor sie entfernt werden können.“ Zunächst müssten Rechts- und Haftungsfragen geklärt werden. Die Ampelschaltung am Brandenburger Tor könnte dennoch schon in diesem Jahr geändert werden, sollte die Verkehrslenkung die Klagen der Radfahrer bestätigen. Die meisten anderen Problempunkte sollen dann in den kommenden beiden Jahren in Angriff genommen werden.
Acht Millionen Euro für den Radverkehr
Für den Ausbau des Radverkehrs stehen in Berlin acht Millionen Euro zur Verfügung. Außerdem können Tiefbaumittel und Geld aus dem Sonderprogramm für den Straßenbau dafür verwandt werden. Die Verkehrsverwaltung stellt nach Angaben Gaeblers derzeit eine Prioritätenliste zusammen, die dann gemeinsam mit den zuständigen Bezirken umgesetzt werden soll.
Neun von zehn genannten Gefahrenstellen stimmen mit den von der Polizei registrierten Unfallschwerpunkten überein. „Das bedeutet, dass der Handlungsdruck an diesen Punkten bereits erkannt ist und in vielen Fällen auch schon direkt in Maßnahmen übersetzt ist oder wird“, sagte Gaebler. Für einige der Gefahrenschwerpunkte plant die Verwaltung die Einführung von Modellprojekten. So werde derzeit geprüft, ob an der Stralauer Allee/Warschauer Straße in Friedrichshain mit Blinklichtern oder Spiegeln ausgestattet wird.
Neben den konkret benannten Gefahrenstellen meldeten Radfahrer auch allgemeine Ärgernisse. So beschwerten sich zahlreiche Teilnehmer über zugeparkte Radstreifen und die fehlende Kontrolle. Gaebler kündigte auch da Verbesserungen an. Bislang scheiterte eine wirksame Kontrolle des Halteverbots auf Radstreifen an einem Kompetenzstreit zwischen Polizei und Ordnungsämtern. Die Polizei ist für die Kontrolle des rollenden Verkehrs zuständig, die Ordnungsämter für den stehenden Verkehr. Unklar ist nun, wer für die in der Regel kurz haltenden Fahrzeuge zuständig ist.
Kontrollen gegen Falschparker
„Seit der neue Polizeipräsident im Amt ist, ist die Bereitschaft der Polizei, sich aktiv zu beteiligen, gestiegen“, sagte Gaebler. Noch in diesem Jahr seien gemeinsame Schwerpunktkontrollen gegen das Parken auf Radwegen geplant.
Das Radfahren in Berlin boomt seit Jahren. Betrug der Anteil der Fahrradfahrer am Gesamtverkehr Mitte der 90er-Jahre noch sechs Prozent, so sind es heute mindestens 15 Prozent – Tendenz steigend. Aktuelle Gesamtzahlen liegen nicht vor. Verkehrszählungen in der Innenstadt haben aber gezeigt, dass der Radverkehr in manchen Straßen, wie der Kastanienallee in Mitte, zu Stoßzeiten bereits 50 Prozent beträgt. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub Berlin hält eine Steigerung des Radverkehrsanteils bis 2020 auf durchschnittlich bis zu 25 Prozent für möglich.