Die Bundesregierung nimmt auf Drängen der EU genau unter die Lupe, wer bei der angeschlagenen Fluglinie Air Berlin das Sagen hat. Es sei ein Schreiben von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas eingegangen, in dem dieser Aufschluss über die Eigentümerstruktur der zweitgrößten deutschen Airline verlange, sagte am Mittwoch ein Sprecher des Verkehrsministeriums. "Darin wird eine Überprüfung der Unternehmensstruktur gefordert." Es gehe um die Frage, ob diese Strukturen noch die Bedingungen erfüllen, um Air Berlin die Betriebsgenehmigung als europäische beziehungsweise deutsche Fluggesellschaft weiter zu sichern. Es gebe aber noch keine Antwort auf dieses Schreiben.
Eine Bewertung etwaiger Änderungen der Eigentümer, wie etwa eine Aufstockung des Air-Berlin-Großaktionärs Etihad, wollte der Ministeriumssprecher nicht vornehmen. "Da liegt der Ball im Moment im Feld des Unternehmens", sagte er. Wenn es konkrete Entscheidungen gebe, müsse das Luftfahrtbundesamt als Aufsichtsbehörde informiert werden. Das Amt werde dann überprüfen, ob die Betriebsgenehmigungen noch Bestand haben könnten. Von Kontakten des Ministeriums mit der Berliner Fluggesellschaft zu diesem Thema wisse er nichts.
Nach den Regeln für die europäische Luftverkehrsbranche müssen Unternehmen mehrheitlich in europäischer Hand sein, um ihre Anflugrechte abzusichern. "Wenn mehr als 50 Prozent der Anteile oder die faktische Kontrolle bei Eignern aus Nicht-EU-Staaten liegen und trotzdem eine Betriebsgenehmigung erteilt wird, dann müssen wir prüfen, ob wir ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das Mitgliedsland einleiten", sagte EU-Generaldirektor Matthias Ruete dem "Handelsblatt". Deutschland könnten dann Geldbußen drohen.
Etihad ist die staatliche Fluglinie des Golf-Emirats Abu Dhabi. An Air Berlin hält die schnell wachsende Airline 29 Prozent. Diese Partnerschaft soll nach Angaben des arabischen Unternehmens intensiviert werden. Dabei sei eine Anteilserhöhung auf knapp 50 Prozent im Gespräch, hatte ein Insider gesagt. Medienberichten zufolge spielt Etihad zudem den Plan durch, das Unternehmen von der Börse zu nehmen.
Nach einer übereilten Expansion und hohen Verlusten befindet sich Air Berlin in einer harten Sanierung, die nicht richtig greift. Der Lufthansa -Rivale ist mit gut 800 Millionen Euro verschuldet, das Eigenkapital ist aufgezehrt. Etihad hat seit 2011 eine halbe Milliarde Euro in die Airline gesteckt. Ohne den Großaktionär stünden die Berliner vor dem Aus.