Plänterwald

Berlin kauft Spreepark für zwei Millionen Euro zurück

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Von Jens Anker und Florentine Anders

Foto: Reto Klar

Finanzsenator Nußbaum betonte, das Land habe den Spreepark in hervorragender Lage im Plänterwald für die Berliner sichern müssen. Über die künftige Nutzung solle jetzt in Ruhe nachgedacht werden.

Das Land Berlin hat nach 18 Jahren das Gelände des ehemaligen Vergnügungsparks Plänterwald in Treptow zurück erworben. Zwei Millionen Euro zahlt Berlin an die Deutsche Bank, 60.000 Euro erhält die Familie Witte, wenn sie das 30.000 Quadratmeter große Gelände bis zum 30. April räumt. Das gab die Geschäftsführerin des Liegenschaftsfonds, Birgit Möhring, am Mittwoch bekannt.

Das Gelände war nach dem Konkurs der früheren Pächter mit einem Insolvenzverfahren und hohen Schulden bei der Gläubigerbank belastet gewesen. Nach monatelangen Verhandlungen hat man sich mit beiden einigen können. Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) sagte, das Land habe dieses Spitzengrundstück in hervorragender Lage an der Spree für die Berliner sichern müssen. Über die künftige Nutzung solle jetzt in Ruhe nachgedacht werden. „Ich erwarte jetzt auch, dass etwas Vernünftiges und Wertvolles für die Berliner entsteht“, sagte Nußbaum.

Der jahrelange Ärger um das Entstehen eines Vergnügungsparks im Treptower Park sei ein gutes Beispiel für verfehlte Liegenschaftspolitik, sagte Nußbaum. 1996 hatten die Betreiber einen Erbpachtvertrag bis zum Jahr 2061 erhalten. Der Vertrag sah allerdings keinerlei Regelungen für den Fall vor, dass der Investor, wie geschehen, zahlungsunfähig wird. „Nichts von dem, was geplant war, wurde umgesetzt“, sagte Liegenschaftsfonds-Chefin Möhring.

Kein leichter Abschied

Nußbaum will keine derartigen Verträge mehr abschließen. Weitere 150 bis 160 Erbpachtverträge mit Berliner Grundstücken hätten solche unklaren Rechtsverhältnisse in ihren Verträgen. „Der Rückkauf des Plänterwaldes ist ein Signal“, sagte Nußbaum. „Wir nehmen Geld in die Hand, um Grundstücke zurückzukaufen und übernehmen so Verantwortung für die Stadt.“

Familie Witte meldete sich am Mittwoch mit einem schriftlichen Statement zu Wort. „Es ist mir und meiner Familie nicht leicht gefallen, endgültig Abschied zu nehmen“, schreibt Pia Witte, die Exfrau von Norbert Witte, die das Erbbaurecht an das Land Berlin verkauft hat. Immerhin verbinde die Familie und das Freizeitgelände fast 25 Jahre. „Meine Familie und ich haben alles, was wir besessen haben, nach der Wende in dieses Projekt gesteckt.“ Es sei aber nicht der Zeitpunkt nachzukarten, sondern zu wünschen, dass Berlin die Tradition des Vergnügungsparks wiederbeleben kann.

Ende vergangenen Jahres seien der Liegenschaftsfonds und die Deutsche Bank mit dem Anliegen an sie herangetreten, das Erbbaurecht auf das Land zu übertragen, um so möglichst schnell das Alte Eierhäuschen vor dem Verfall zu retten und das brachliegende Gelände des Vergnügungsparks sinnvoll zu nutzen. Angesichts der Tatsache, dass sie bis zur ursprünglich angesetzten Versteigerung im September alle Kosten für die Sicherung des Geländes weiter hätte übernehmen müssen, habe sie dem Verkauf zugestimmt.

Im Mai wird das Areal an das Land übergeben

Die Tochter Sabrina Witte, die als Kind in dem noch funktionierenden Park aufgewachsen ist, hat bis zuletzt an dem Park festgehalten. Sie hat ein kleines Café betrieben und Führungen über das skurrile Gelände mit den seit Jahren stillstehenden Fahrgeschäften. Im Mai nun wird das Areal, so wie es jetzt ist an das Land übergeben.

Die Dinos allerdings, die gern als Kulisse für Fotografen mit einem Faible für morbide Motive dienten, seien nicht im Verkauf inbegriffen, sagte Sabrina Witte am Mittwoch. Was daraus wird, ließ sie offen. Wer Lust hat, das Gelände samt Dinos zu besichtigen, hat noch bis Ende April Gelegenheit dazu. Sabrina Witte will bis zum Schluss ihre Führungen sonnabends und sonntags fortführen und auch das Café Mythos weiter betreiben. „Schweren Herzens verabschiede ich mich Ende April“, sagte sie.

Für den Senat endet dann ein jahrelanges Ärgernis. Denn außer großen Plänen hatte Familie Witte auf dem Gelände wenig zu bieten. Nach Angaben von Finanzstaatssekretärin Margaretha Sudhof stellten die Wittes schon früh die Zahlung der Erbpacht ein. Bis heute haben sich die Schulden daraus auf 4,7 Millionen Euro angehäuft. In finanziell auswegloser Situation entschloss sich die Familie zur Flucht. Im Jahr 2002 verschwand sie mit einem Teil des Fahrgeschäfts nach Peru, um dort einen neuen Vergnügungspark zu eröffnen. Doch auch daraus wurde nichts. Vater Norbert und Sohn Marcel Witte wurden von der peruanischen Polizei verhaftet und von einem Gericht zu Haftstrafen verurteilt, weil sie Drogen in den Fahrgeschäften geschmuggelt hatten. Der Sohn sitzt noch heute in Peru im Gefängnis.

Neue Liegenschaftspolitik

Die Rückabwicklung des aus Berliner Sicht misslungenen Grundstücksgeschäftes war kompliziert. Die Deutsche Bank beharrte auf die Zahlung ihrer Ansprüche. Ein im vergangenen Jahr angesetzter Termin zur Zwangsversteigerung platzte, nachdem aus Sicht Berlins eine nicht angemessene Summe für das Gelände geboten worden war. Die Bank zeigte sich daraufhin verhandlungsbereit und gibt sich nun mit zwei Millionen Euro zufrieden. Insgesamt haben sich Ansprüche von zehn Millionen Euro angehäuft.

Der Rückkauf des Geländes im Treptower Park ist Teil einer neuen Liegenschaftspolitik des Landes. Künftig sollen Grundstücke nicht mehr an den Meistbietenden verkauft oder verpachtet werden, sondern an diejenigen, die auch auf soziale Belange oder stadtentwicklungspolitische Fragen Rücksicht nehmen. Die Liste der Grundstücke, die vom Liegenschaftsfonds gemanagt werden, umfasst insgesamt 2000 Immobilien.

Allerdings ist die Vorgehensweise im rot-schwarzen Senat noch umstritten. Wie der Gedanke der sozialen Belange im Alltag umgesetzt werden soll und wie die gewünschte Kontrolle des Landesparlaments erfolgen soll, ist noch völlig unklar. Ein Verfahren, mit dem alle leben können, ist in weiter Ferne. Bis dahin müssen alle Immobiliengeschäfte von Bedeutung vom Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses abgesegnet werden.