Die Bewertung der Hygiene in Lebensmittelbetrieben mit sogenannten Smiley-Listen steht in Berlin vor dem Aus. Das Verwaltungsgericht Berlin entschied in zwei Eilverfahren, dass es unzulässig ist, die Bewertung für Restaurants, Bäckereien und Fleischereien im Internet zu veröffentlichen.
Direkt betroffen sind die Bezirksämter Pankow und Lichtenberg. Zwei Lebensmittelbetriebe, die nach Hygienekontrollen mit elf und 19 Minuspunkten bewertet worden waren, hatten die Eilanträge gegen die Veröffentlichung gestellt. Es gebe keine Rechtsgrundlage für diese Veröffentlichung, befand das Gericht. Es dürften nur Informationen über festgestellte Verstöße öffentlich gemacht werden, aber nicht die bloße Bewertung.
Als Reaktion nahm Lichtenberg seine Smiley-Liste am Montag aus dem Netz. Pankow dagegen will die Gerichtsentscheidung nicht ohne Weiteres akzeptieren. „Unsere Liste bleibt online“, sagte der Stadtrat für Verbraucherschutz, Torsten Kühne (CDU), am Montag. „Wir prüfen jetzt die Begründung des Gerichts. Das Rechtsamt beschäftigt sich damit.“ Man ziehe in Erwägung, die nächst höhere Instanz anzurufen.
Pankow will weiteres Vorgehen mit anderen Bezirken abstimmen
„Die Entscheidung des Gerichts bezieht sich nur auf Einzelfälle“, sagte Kühne. „Wir wünschen uns aber endlich ein Grundsatzurteil.“ Denn die Rechtsauslegung sei von Gericht zu Gericht und von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Generell untersagt worden sei die Pankower Liste nicht, sagte der Pankower Stadtrat. Er rechne jedoch damit, dass künftig mehr Lebensmittelbetriebe Widerspruch gegen die Veröffentlichung ihrer Bewertung einlegen werden.
Kühne will sein weiteres Vorgehen auch mit den anderen Bezirken abstimmen. Außer Pankow und Lichtenberg hat noch Marzahn-Hellersdorf eine eigene Smiley-Liste. Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg hatte nach einem entsprechenden Urteil des Verwaltungsgerichts vom November 2012 seine Kontrollergebnisse von der Homepage entfernt. Das Gericht gab damals der Beschwerde des Betreibers der Kaffeehaus-Kette „Lebensart“ recht. Schon seit Monaten führt auch die Senatsseite „Sicher-essen-in-Berlin“ keine Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen mehr auf.
Das Berliner Verwaltungsgericht führte mehrere Gründe für seine Entscheidung an. Der Verbraucher könne aus der Smiley-Liste nicht erkennen, aus welchem konkreten Anlass die Lebensmittelkontrolleure Minuspunkte vergeben hätten. Die praktizierte Vergabe von Minuspunkten und Noten sei nicht aussagekräftig und diene nicht der Information der Verbraucher. Für denjenigen, der die Internetlisten durchsehe, bleibe unklar, welche Kriterien hinter der Bewertung steckten. Also ob es sich zum Beispiel um mangelnde Hygiene bei den Produkten handele oder Mängel bei der Betriebsorganisation. Doch Pankows Stadtrat Kühne zieht das Verbraucherinformationsgesetz zur Rechtfertigung heran: „Der Verbraucher hat das Recht, über jede Abweichung von der Norm informiert zu werden“, heißt es dort. In Dänemark werde das Smiley-System seit langem erfolgreich praktiziert.
Smiley-Listen auch in anderen Bundesländern umstritten
Nach eben jenem dänischen Vorbild hatte Pankow im Frühjahr 2009 die Smiley-Liste eingeführt, die auch als Ekelliste bekannt wurde. In der Folge versuchten Senat und Bezirke, ein einheitliches Verfahren zur Bewertung von Hygienemängeln in Restaurants zu erarbeiten. Die Pankower Liste führte am Montag 710 Bewertungen von Lebensmittelbetrieben.
Lichtenberg hatte 2011 die Smiley-Liste eingeführt und in 488 Fällen die Kontrollergebnisse veröffentlicht. Das Bezirksamt wird jedoch keine Beschwerde gegen den Gerichtsentscheid einlegen. „Wenn Pankow in die nächste Instanz geht und gewinnt, dann machen wir auch wieder mit“, sagte Lichtenbergs Stadtrat Andreas Prüfer (Linke). Kritik am Smiley-System gebe es vor allem von den Lebensmittel-Ketten.
„Nicht nur in Berlin ist das Smiley-System umstritten“, sagte Claudia Engfeld, Sprecherin der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz. Auch in anderen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg habe es Klagen gegen die Veröffentlichung von Ergebnissen der Hygienekontrollen gegeben.