Der Chef der landeseigenen Investitionsbank IBB Ulrich Kissing soll jahrelang keine Sozialabgaben gezahlt haben - bei einem Jahresgehalt von mehr als 500.000 Euro. Nun muss er seinen Posten räumen.
Der Vorstandsvorsitzende der landeseigenen Investitionsbank Berlin Ulrich Kissing muss seinen Posten räumen. Der Verwaltungsrat der IBB mit Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) an der Spitze beschloss am Freitag einstimmig, den Manager mit sofortiger Wirkung abzuberufen.
Kissing wird vorgeworfen, von seinem Gehalt von mehr als 500.000 Euro pro Jahr keine Sozialabgaben abgeführt zu haben. Das müsste er anders als nach Aktienrecht beschäftigte Top-Manager als Vorstand einer Anstalt öffentlichen Rechts jedoch tun, weil er dem Verwaltungsrat gegenüber weisungsgebunden sei, gelte er als Arbeitnehmer. „Das ist eine schwerwiegende Verfehlung“, sagte Yzer.
8000 Euro pro Jahr
Dabei ging es nach Informationen aus Senatskreisen um rund 8000 Euro Arbeitnehmeranteil pro Jahr, die Kissing hätte bezahlen müssen, und die gleiche Summe Arbeitgeberanteil. Insgesamt beläuft sich der Schaden für die Deutsche Rentenversicherung für Kissing und ein weiteres Vorstandsmitglied auf einen niedrigen sechsstelligen Betrag. Kissing wird für diese Politik der IBB verantwortlich gemacht, weil er im Vorstand auch für Personal zuständig ist.
Besonders schwerwiegend wird von der Wirtschaftssenatorin gewertet, dass die Aufsichtsgremien der landeseigenen Förderbank nichts von dem von 2009 bis 2013 laufenden Rechtsstreit wussten. Kissing habe sie nicht informiert. „Auch daran ist das Vertrauensverhältnis zerbrochen“, sagte die Wirtschaftssenatorin.
In Yzers Umgebung wird der Hintergrund so dargestellt, dass sich der Banker aktiv dagegen gewehrt habe, Sozialabgaben abzuführen. Er kämpfte vor dem Sozialgericht und auch in der nächsten Instanz gegen die Pflicht, Sozialabgaben zu zahlen.
Kissing: Ich habe das Verfahren angestoßen
Der Manager stellte gegenüber der Berliner Morgenpost den Sachverhalt anders dar. Als er 2009 in die IBB gekommen sei, habe er diese Praxis vorgefunden. Auch unter den Vorgängern an der IBB-Spitze seien keine Sozialabgaben gezahlt worden. „Ich habe das Verfahren angestoßen, das bei der Deutschen Rentenversicherung zu prüfen“, sagte Kissing.
Der Sozialversicherungsträger stellte die Zahlungspflicht fest, das Sozialgericht bestätigte dies 2010, ebenso die nächste Instanz das Landessozialgericht. Strittig blieb aber, ab welchem Zeitpunkt eine Nachzahlung fällig sei. Die Richter hatten 2010 als Stichtag festgelegt. Die Rentenversicherung sei in die zweite Instanz gegangen, um eine rückwirkende Zahlung für die vorangegangenen Jahre zu erreichen, so der Manager.
Wegen des Rechtsstreites habe die IBB Rückstellungen für die eventuell zu zahlenden Sozialabgaben gebildet, sagte Kissing. Er selbst habe zudem schon Anfang des Jahres seinen persönlichen Anteil von rund 25.000 Euro für seine gesamte Amtszeit beglichen.
Yzer erst vor vier Wochen informiert
Der Hinweis auf den bisherige Praxis mit den Sozialabgaben erreichte die Verwaltungsratsvorsitzende Yzer vor vier Wochen aus der Führungsetage der IBB selbst. Wirtschaftsprüfer von Deloitte bestätigten in einer Analyse die Informationen. Am Montag vereinbarte der Arbeitsausschuss des Aufsichtsgremiums den Rauswurf Kissings, den der Verwaltungsrat am Freitag vollzog.
Kissing war 2009 an die Spitze der landeseigenen Förderbank IBB gerückt. Er ist der am besten besoldete Manager in den landeseigenen Unternehmen. Mit Kissings fachlicher Arbeit ist Yzer offensichtlich zufrieden. Der Verwaltungsrat hatte seinen Vertrag im Januar bis 2017 verlängert.
Yzer lässt nun prüfen, ob gegen die Manager Schadenersatz geltend gemacht werden kann. Von Kissing wiederum heißt es, er prüfe, gegen seine Kündigung rechtlich vorzugehen.