Fahrgäste der U-Bahnlinie U9 müssen sich im Zuge der Bahnhofsanierungen in Steglitz möglicherweise auf sehr viel längere Behinderungen einstellen als bislang bekannt. Im Sommer 2013 hatten die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) angekündigt, zum Jahreswechsel 2014/2015 die in die Jahre gekommenen Stationen Rathaus Steglitz, Schloßstraße und Friedrich-Wilhelm-Platz grundlegend instand zu setzen. Mit monatelangen Einschränkungen des Zugverkehrs sei zu rechnen, hieß es dabei stets.
Wie durch eine am Sonnabend veröffentlichte Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (Piraten) im Abgeordnetenhaus bekannt wurde, könnten sich die Arbeiten allerdings erheblich länger hinziehen. „Die Baumaßnahmen dauern pro Bahnhof rund zwei bis fünf Jahre“, heißt es in der Antwort von Christian Gaebler, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.
Damit, so versuchte BVG-Sprecherin Petra Reetz auf Anfrage dieser Zeitung zu beruhigen, sei allerdings zunächst nur ein grober Zeitrahmen abgesteckt, in dem man sich bewegen wolle. Beginnen würden die Arbeiten Anfang des Jahres 2015. Reetz: „Bis die Fahrgäste davon überhaupt etwas mitbekommen, wird es 2016.“
BVG rechnet mit keinen längeren Sperrungen
Der zeitliche Umfang habe großzügig terminiert werden müssen, weil der tatsächliche Zustand der betroffenen drei Bahnhöfe zunächst untersucht werden müsse. „Wir wissen nicht genau, was uns dort erwartet. Was im Einzelnen wirklich gemacht werden muss und wie lange das dauert, können wir jetzt noch überhaupt nicht sagen“, so die BVG-Sprecherin. Vorliegen werde eine detailliertere Bauplanung frühestens im Sommer dieses Jahres.
Abzusehen ist bereits, dass die drei Stationen nicht gleichzeitig, sondern nacheinander saniert werden dürften. Die Streckenverlängerung der U-Bahnlinie U9 vom Walter-Schreiber-Platz Richtung Süden bis Rathaus Steglitz war in den 1960er-Jahren erfolgt, aus dieser Zeit stammen auch die betroffenen Bahnhöfe. „Damals waren die Baumaterialien teilweise nicht so gut. Außerdem gibt es Bahnhöfe mit zahlreichen Nebengelassen und Kellern. Wenn schon saniert wird, dann wird das alles mitgemacht“, sagte Reetz.
Dennoch rechnet die Sprecherin des kommunalen Verkehrsunternehmens nicht mit länger andauernden Sperrungen auf dem Streckenabschnitt, „schon gar nicht zu den Hauptverkehrszeiten im Berufsverkehr“. Vielmehr werde versucht, so weit wie möglich einen Pendelverkehr aufrechtzuerhalten. Teilweise müsse eventuell auf das Vorziehen des Betriebsschlusses zurückgegriffen werden. Die Buslinien M48, M85 und 186 verkehren auf der gesamten Länge parallel zur U9. Zwischen Schloßstraße und Rathaus Steglitz ist außerdem ein Ausweichen auf die Buslinie 282 möglich. Zusätzlich ist bereits der Einsatz von Shuttle-Bussen geplant.
Aktuelle Arbeiten unabhängig von der Sanierung der Bahnhöfe
Erprobt wird dieses Szenario bereits jetzt im Rahmen von Bauarbeiten auf demselben Abschnitt: An den Wochenenden vom 21. März bis 14. April wird der Verkehr jeweils von Freitagabend 22 bis Montagmorgen 3.30 Uhr unterbrochen. Die aktuellen Arbeiten stünden in keinem Zusammenhang mit der Sanierung der Bahnhöfe, teilte die BVG mit.
Für eine hinnehmbare, weil notwendige Belastung hält diese Lösung der Sprecher des Berliner Fahrgastverbands IGEB, Jens Wieseke. „Wir finden die Sanierung der Bahnhöfe richtig“, sagte er. Insbesondere der geplante Umbau der Station Rathaus Steglitz sei wichtig. Weil in den 1950er-Jahren ursprünglich eine neue U-Bahnlinie – die dann doch nicht verwirklichte U10 – Weißensee über den Alexanderplatz und Potsdamer Platz mit Steglitz und Lichterfelde verbinden sollte, waren damals bereits zahlreiche Tunnelbauwerke erstellt worden.
Dazu gehört der zweigeschossige Tunnel am Bahnhof Schloßstraße, welcher so als Umsteigebahnhof ausgelegt wurde. Noch heute müssen Fahrgäste der U9 Richtung Süden bis zum unteren Gleis hinabsteigen, Richtung Norden verkehren die Züge vom Gleis eine Etage höher. Die jeweils ungenutzten Gleise sind abgesperrt.
Im Zuge der ab 2015 anstehenden Arbeiten soll der Verkehr der Linie U9 komplett auf das obere Stockwerk konzentriert werden. Die darunter liegende Tunnelröhre bleibe zwar erhalten, werde aber abgedichtet, heißt es bei der BVG. „Das spart längerfristig Betriebskosten wegen der störanfälligen Rolltreppe und macht die Nutzung einfacher und sicherer“, lobte Jens Wieseke das Konzept.