Eigentlich hätte Hayley Emerson an diesem Abend Mathematik-Hausaufgaben machen müssen. Doch die Tatsache, dass sich am vergangenen Dienstag mehr als 100 Gäste in der Botschaftsresidenz getroffen haben, um gemeinsam den „Martin-Luther-King-Day“, einen der wichtigsten Feiertage in den USA, zu feiern, war für die 15-Jährige Grund genug, die Schularbeiten ein wenig zu vertagen – zumal es Fried-Chicken, Falafel und Macaronie and Cheese zu essen gab. „Da kann ich mich sowieso nicht konzentrieren“, sagt die Tochter des US-Botschafters und grinst. „Außerdem finde ich es schön, als Teil der Botschafterfamilie bei solch einem Event dabei zu sein. Sonst bekomme ich meine Eltern ja noch viel weniger zu Gesicht.“
Einen vollen Terminplan hatte John B. Emerson, Familienvater dreier Töchter, schon immer. Lunch mit wichtigen Entscheidungsträgern, Abendessen mit Politikern – bereits in seiner Rolle als Präsident der Capital Group in Los Angeles waren der Banker und seine Ehefrau ständig unterwegs. So auch in der vergangenen Woche. Einziger Unterschied: Mittlerweile repräsentiert er bei Veranstaltungen nicht mehr nur eine große Investmentbank – sondern die Vereinigten Staaten von Amerika.
Mindestens drei Termine pro Tag seien für ihn keine Besonderheit, sagt Emerson am Dienstagabend. Zu diesem Zeitpunkt hat er noch zwei Drittel der anstrengenden Woche vor sich. Aber selbst nach einem langen Tag ist er noch überaus freundlich und höflich zu seinen Gästen. Der perfekte Gastgeber eben. Und das, obwohl er bereits am frühen Dienstagmorgen in Potsdam bei der feierlichen Eröffnung des neuen brandenburgischen Landtags gewesen war und später einige Stunden in der Botschaft gearbeitet hat – bevor er dann um 18 Uhr im perfekt sitzenden Anzug die geladenen Gäste in seinem Wohnzimmer begrüßen konnte.
„An diesem Tag bin ich außerordentlich gern Gastgeber“, sagt der Botschafter, dem der Feiertag, an dem das Leben und Wirken des Menschenrechtlers Martin Luther King gewürdigt wird, sehr am Herzen liegt. Besonders glücklich sei er zudem darüber, dass er Besuch aus der Heimat bei sich zu Hause begrüßen durfte: Charles Steele, der Präsidenten der Southern Christian Leadership Conference in Atlanta, war seiner Einladung gefolgt. „In den USA wird Martin Luther King eine ganze Woche lang gefeiert“, sagt Emerson. „Aber dafür habe ich hier in Deutschland leider nicht genug Zeit. Diese Woche ist voll mit anderen Terminen.“
Am Montag hatte er bereits die neuen Mitglieder der American Academy in Berlin begrüßt. „Ein Pflichttermin für uns, den wir aber sehr gern wahrgenommen haben“, sagt Kimberly Emerson-Marteau, die ihren Ehemann gern bei öffentlichen Terminen begleitet. So auch am Mittwoch, der ähnlich prall mit Terminen gefüllt war, wie die beiden vorangegangenen Tage. Zwischen Besprechungen besuchen Emerson und seine Frau am Vormittag die Internationale Grüne Woche. Nach einem Rundgang eröffnet er dort einen Roundtable zum Thema „Lebensmittelsicherheit“.
Am gleichen Abend steht dann ein kompletter Themenwechsel für den Botschafter an. Die Leiterin der Bayerischen Staatskanzlei, Staatsministerin Christine Haderthauer (CSU), hat das Ehepaar in die Bayerische Landesvertretung geladen. „Ich spreche in einer Diskussionsveranstaltung über die Zukunft der transatlantischen Staatengemeinschaft“, so Emerson. „Ein wichtiges Thema, was mir auch sehr am Herzen liegt.“
Am Donnerstag ist der Botschafter dann zu Tee und türkischem Gebäck in die Sehitlik-Moschee am Columbiadamm in Tempelhof eingeladen. Bei einem Rundgang durch das Gebäude lernt er die Imame der Moschee, Müfit Sevine und Suleiman Küçük, kennen, genau wie Bilal Öztürk, den Religionsattaché seines türkischen Kollegen.
Eine weitere Diplomatin, nämlich die niederländische Botschafterin Monique van Daalen, trifft Emerson dann am Freitag, bevor er nach weiteren Gesprächsterminen in ein Wochenende startet, das ausdrücklich im Kalender mit „privat“ geblockt worden ist. Immerhin brauche auch er mal ein wenig Zeit, um zur Ruhe zu kommen und sich seiner Familie zu widmen, so Emerson, „bevor es dann wieder in die nächste anstrengende Woche geht.“
Zwei Mal werde er mit seiner Frau nach Stuttgart fliegen. „Dazwischen sind wir zu einer Veranstaltung geladen, an der auch Bundespräsident Joachim Gauck teilnimmt, deshalb geht’s zwischendurch nach Berlin zurück. „Und das ist noch nicht alles“, sagt Emerson und schaut seine Frau an. „Wir haben hier in Berlin, nein, in ganz Deutschland, sehr viel zu tun – aber genau das ist es, was mich an diesem Job so sehr gereizt hat.“