Bundestag

Berliner Abgeordnete besetzen wichtige Ausschuss-Posten

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Florian Kain

Foto: Hannibal Hanschke / dpa

Plätze in Ausschüssen, die entweder als machtvoll (Haushalt) oder zumindest touristisch abwechslungsreich (Entwicklung) gelten, sind begehrt. Die Parlamentarier aus Berlin schneiden dieses Mal gut ab.

Bis zur Regierungsbildung war der Bundestag zwei Monate lang zum Nichtstun verdammt, danach feierten die Volksvertreter erst mal Weihnachten und Silvester. Jetzt geht alles ganz schnell: Am kommenden Dienstag beschließen die Fraktionen von Union und Linke offiziell, wie sie die Posten in den wichtigen Fachausschüssen unter sich aufteilen. Bei der SPD sollen die Namen am Montag fix sein.

Am Mittwoch stehen dann die mit Spannung erwarteten konstituierenden Sitzungen von 22 Ausschüssen auf dem Programm. Erst ab diesem Zeitpunkt kann vom Beginn der eigentlichen Parlamentsarbeit gesprochen werden. Denn hier – und nur hier – werden die Beschlüsse des Bundestags vorbereitet und Gesetzesvorlagen inhaltlich beraten.

Entsprechend begehrt sind bestimmte Plätze, jedenfalls in Ausschüssen, die entweder als sehr machtvoll (Haushalt) oder zumindest touristisch abwechslungsreich (etwa Entwicklung) gelten. Zwar wird jeder Fraktion proportional zu ihrem Anteil im Parlament eine bestimmte Zahl von Mitgliedern in den Ausschüssen zugeteilt, und jeder der 631 Bundestagsabgeordneten soll am Ende in mindestens einem Ausschuss landen. Aber innerhalb der Fraktionen hängt es auch von der Durchsetzungskraft der einzelnen Landesgruppen ab, ob deren Mitglieder einen Platz in ihren Wunschausschüssen ergattern. Die Parlamentarier aus Berlin, das ergaben Morgenpost-Recherchen, schneiden dieses Mal gut ab.

Linkspartei überwacht Finanzen

Fest steht: Die Leitung des Haushaltsausschusses, der die Ausgabenpolitik der Bundesregierung kontrolliert, bleibt in Berliner Händen. War in den zurückliegenden vier Jahren die aus dem Parlament ausgeschiedene SPD-Politikerin Petra Merkel Vorsitzende, wird in der neuen Legislaturperiode die Linke Gesine Lötzsch aus Lichtenberg die Leitung übernehmen. Auf die erste Frau, die diesen Ausschuss jemals lenkte, folgt also gleich die zweite. Die Bundestagsfraktionen belassen es bei der Regel, dass der Posten immer einem Mitglied der größten Oppositionsfraktion zufallen soll. Nach dem Regierungseintritt der SPD und dem schwachen Bundestagswahlergebnis der Grünen ist das die Linkspartei. Auf Morgenpost-Nachfrage hieß es dort, dass an Lötzsch, die auf acht Jahre Erfahrung in der Haushaltspolitik zurückblicken könne, kein Weg vorbeiführe.

Die Fraktion zeigt sich unbeeindruckt von der Kritik mehrerer Unionspolitiker, die im Dezember in einem Brief an die Fraktionschefs mit dem Argument gegen Lötzsch mobil gemacht hatten, dass diese sich nicht eindeutig genug vom Kommunismus distanziere.

Kai Wegner, der auch Vorsitzender der Berliner Landesgruppe der CDU-Bundestagsabgeordneten ist, zeigte sich für seine Partei „mit der Ausschussbesetzung sehr zufrieden“. „Alle Wünsche konnten berücksichtigt werden“, sagte er. So sei man „gut aufgestellt, um die nächsten vier Jahre erfolgreiche Politik für Berlin und Deutschland zu machen“.

CDU kann Gröhler im Haushaltsausschuss platzieren

Tatsächlich hat Berlins CDU mit dem Charlottenburger Klaus-Dieter Gröhler, der im September 2013 erstmals antrat und seinen Wahlkreis direkt gewann, auch einen ihrer Leute im Haushaltsausschuss platzieren können – für einen Bundestagsneuling ist das kein schlechter Start. Wegner selbst wirkt weiter im Wirtschaftsausschuss, der sich künftig aber in einen „Superausschuss“ für Wirtschaft und Energie verwandeln wird. Das hat mit einer weiteren parlamentarischen Grundregel zu tun, wonach der Bundestag mit einem Großteil seiner ständigen Ausschüsse das Spiegelbild der Regierung bildet.

In der Regel steht je einem Bundesministerium ein ständiger Ausschuss gegenüber. Weil für SPD-Chef Sigmar Gabriel eigens ein Superministerium für Wirtschaft und Energie gezimmert wurde, gibt es jetzt auch den passenden Ausschuss dazu. Wegner will sich hier unter anderem der Förderung von Start-ups verschreiben, „um die Stellung Berlins als Gründerhauptstadt auszubauen“. „Zudem kämpfe ich gegen Schwarzarbeit, damit die geplanten Milliardeninvestitionen in die Infrastruktur zu regulärer Beschäftigung führen.“

Sein Kollege Jan-Marco Luczak (CDU) bekommt im Rechtsausschuss entsprechend noch den Verbraucherschutz mit dazu, da dieses Thema künftig im Justizministerium angesiedelt ist. Die Parlamentsnovizen Christina Schwarzer und Martin Pätzold können sich ebenfalls nicht beklagen: Schwarzer darf den Planungen zufolge in den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ministerin Manuela Schwesig (SPD) auf die Finger schauen, Pätzold kann sogar gleich in zwei Ausschüssen (Arbeit und Soziales, Europa) eine Mitgliedschaft ergattern. Der Physiker Philipp Lengsfeld, der wissenschaftlicher Mitarbeiter eines Pharma-Unternehmens ist, geht wunschgemäß in den Ausschuss Bildung & Forschung.

Grüne kümmern sich um Recht

Bei den Berliner Grünen finden sich im Rechtsausschuss mit Renate Künast und Hans-Christian Ströbele die zwei bekanntesten Repräsentanten des Landesverbandes im selben Gremium wieder. Das hat vor allem damit zu tun, dass beide Rechtsanwälte sind. In der Fraktion gibt es davon nicht so viele. Als künftige Ausschussvorsitzende dürfte Künast wohl auch gut damit leben können, hier erneut auf CDU-Mann Luczak zu treffen, der sie im Kampf um das Direktmandat in Tempelhof-Schöneberg deklassiert hatte.

Die Linken wollen abseits der Personalie Lötzsch noch keine Namen nennen. Klar ist aber schon, wer gar nicht zum Zuge kommt: Gregor Gysi. Er wird als alter und neuer Fraktionsvorsitzender keinem Ausschuss angehören. Dieses „Schicksal“ teilt er mit Eva Högl, die für Berlins SPD eines der zwei Direktmandate gewann.

Sie ist in der neuen Legislaturperiode stellvertretende Fraktionsvorsitzende und wird wegen dieser übergeordneten Aufgabe in keinem Ausschuss ordentliches Mitglied. Das hält Högl aber nicht davon ab, sich künftig um einen ganzen Bauchladen an Themen zu kümmern. Sie ist in der Fraktion zuständig für Innen und Recht, Verbraucherschutz, Kultur und Medien – und Sport. Als stellvertretendes Mitglied in den zugehörigen Ausschüssen hat sie dort dann immer auch Rederecht.

SPD-Landesgruppenchefin beschäftigt sich mit Gesundheit

Berlins SPD-Landesgruppenchefin Mechthild Rawert sagte der Morgenpost, es sei „wunderbar“, dass sie und ihre Kollegen voraussichtlich alle in den jeweiligen Wunschausschuss einziehen können. In ihrem Fall ist das Gesundheit. Sie will sich hier mit der Altersmedizin und der nötigen Pflegereform beschäftigen: „Davon hängt ein würdevolles Leben bis zum Schluss ab“, sagte sie. Außerdem gelte es, gleiche Gesundheitschancen für alle zu schaffen: „Es muss Schluss damit sein, dass Lebensdauer und Lebensqualität von Männern und Frauen vom sozialen Status abhängig ist.“

Übrigens: Mit Swen Schulz können die Hauptstadt-Genossen sogar wieder einen der Ihren im Haushaltsausschuss unterbringen. Sozusagen als Trostpflaster für Gesine Lötzsch.