Die Unterbringung von 20 Bulgaren aus der ehemaligen Berliner Eisfabrik ist für eine weitere Woche gesichert. Der Sozialstadtrat von Mitte, Stephan von Dassel (Grüne), versicherte am Sonntag, der Bezirk übernehme bis zum 6. Januar die Kosten für ein Hostel. Für diesen Termin sei ein Treffen mit Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD) vereinbart, bei dem über das weitere Vorgehen entschieden werde.
Eine dauerhafte Unterbringung auf Kosten des Bezirks werde es aber nicht geben, betonte von Dassel. Auch den Umzug in eine leerstehende Schule in der Adalbertstraße schloss er aus, weil das Gebäude zuvor saniert werden müsse. „Unser Ziel ist es nicht, die Menschen von einer Ruine in eine andere Halbruine zu verfrachten.“ Am Montag treffen sich von Dassel, die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram und Vertreter der Kirche mit den 20 Bulgaren, um für sie eine dauerhafte Bleibe zu finden.
In der früheren Eisfabrik am Spreeufer in Mitte leben seit zwei Jahren rund 30 Osteuropäer, die dort wie Obdachlose hausen. Weil der Bezirk das baufällige Gebäude für unsicher hält, droht jedoch eine Räumung. Ein Sprecher der Polizei berichtete am sonnabend, der Anwalt des Eigentümers habe die Berliner Polizei schriftlich darum gebeten, bei der Räumung zu helfen. Dem Vernehmen nach ist das Areal jedoch schon seit Freitag weitgehend unbewohnt. Einige Betroffene sollen sich auf eigene Faust eine andere Übernachtungsmöglichkeit gesucht haben, während die 20 Bulgaren die Nacht zum Samstag in der katholischen Kirche St. Michael in Kreuzberg verbrachten.
Obdachlosenheim „keine echte Lösung“
Tags darauf berieten Kirchenvertreter, Politiker und die Betroffenen über das weitere Vorgehen. Bei dem dreistündigen Gespräch wurde zunächst der Umzug in eine Obdachlosenunterkunft in Charlottenburg vereinbart. Unterstützer der Betroffenen sprachen sich aber schon unmittelbar nach dem Treffen gegen diese Lösung aus. Bemängelt wurde, dass man sozial Ausgegrenzte gegeneinander ausspiele, wenn man anderen Obdachlosen den Platz wegnehme. Auch Bayram bestätigte, dies sei für viele Betroffene „keine echte Lösung“ gewesen.
Deshalb erklärte sich der Bezirk Mitte kurzfristig bereit, den Bulgaren über das Wochenende die Unterbringung in einem Hostel in der Boxhagener Straße zu finanzieren. „Es geht ihnen gut“, bilanzierte Bayram nach einem Besuch am Sonntag.
Als EU-Bürger dürfen die Bulgaren zwar in Deutschland leben, aber erst ab dem 1. Januar können sie auch ohne Einschränkungen eine Arbeit aufnehmen. Diesem Termin sieht Bayram allerdings hoffnungsvoll entgegen. Unter den Betroffenen – die der türkischen Minderheit in Bulgarien angehören – seien viele gelernte Bauarbeiter, die künftig auf einer der zahlreichen Baustellen in der Hauptstadt arbeiten könnten.
Drängender ist zunächst einmal die Suche nach einer längerfristigen Bleibe. Aus Verhandlungskreisen heißt es, die Bulgaren möchten eine Unterbringung in regulären Wohnungen erreichen. Der Sprecher des Erzbistums Berlin, Stefan Förner, äußerte Verständnis für die Betroffenen. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum in der Stadt werde durch diesen Fall eklatant deutlich.