Am Tag vor Heiligabend sitzt Kurt Schimanski um kurz vor 15 Uhr beim Friseur und lässt sich die Haare machen. Eigentlich nichts besonderes vor einem großen Fest. Für den 72-Jährigen aber ist der Friseurbesuch alles andere als normal. Er lebt von gerade einmal 250 Euro im Monat, 40 Euro gehen für das BVG-Ticket drauf, bleiben 50 Euro in der Woche zum leben, das reicht nicht, um einen Friseur zu bezahlen. Zuletzt war er vor einem Jahr zum Haareschneiden, „zwischendurch habe ich sie etwas länger getragen“, sagt er.
Monika Zahl frisiert sonst in ihrem Heim-Salon ihre Kundinnen, berät, welche Strähnchenfarbe passt oder plaudert über Urlaubspläne oder das Fernsehprogramm. An diesem Montag vor Heiligabend schneiden sie und junge Friseur-Auszubildende Menschen wie Kurt Schimanski die Haare, Berlinern, die sich keinen Friseurbesuch leisten können. „Darauf freue ich mich immer“, sagt Monika Zahl. „Es kommt so viel Dankbarkeit, das ist immer Gänsehautfeeling.“
1995 hielt Frank Zander das erste Weihnachtsessen ab
Zusammengebracht hat die beiden der Entertainer Frank Zander. 1995 lud er zum ersten Mal Obdachlose zum Weihnachtsessen ein. Seither findet das Fest alljährlich statt, die ersten Jahre im Schloss Diedersdorf, als der Platz dort nicht mehr reichte, bot Estrel-Besitzer Ekkehard Streletzki an, die Feier in das Neuköllner Hotel zu verlegen. Rund 2800 Obdachlose und andere Bedürftige sitzen in diesem Jahr an den runden Tischen im Estrel und nutzen die Angebote im Umfeld, wie beispielsweise den kostenlosen Friseurbesuch.
Schon vormittags schmorten am Montag in der Hotelküche 3200 Gänsekeulen im Ofen, außerdem bereiteten die Küchen-Mitarbeiter 8000 Knödel und 750 Kilogramm Rothkohl vor. Sie wurden am Nachmittag von den mehr als 200 Helfern an den mit Tannenzweigen, Weihnachtsgebäck und Kerzen geschmückten Tischen serviert.
Unter den Aushilfskellnern sind auch viele prominente Berliner. Der CDU-Politiker und Innensenator Frank Henkel ist schon seit Jahren dabei, auch Wolfgang Lippert und Robert Harting kommen mit der Rolle als Aushilfskellner gut zurecht.
Zum Schluss gibt es Geschenke
„Viele unserer Helfer machen schon seit Jahren mit“, sagt Frank Zanders Sohn Markus, der die Weihnachtsfeier gemeinsam mit seinem Vater organisiert. Roberto Hermann zum Beispiel, der am Getränkestand arbeitet. Auch bei ihm ist es „Familien-Ding“, seit er und der damals 13-jährige Sohn sich vor zehn Jahren zum ersten Mal als Helfer meldeten. „Das ist richtiges Weihnachten“, sagt er. Die Stimmung sei so friedlich, „kein Gedränge, kein Geschubse, kein Gepöbel.“ Nicht einmal beim Showprogramm im Anschluss an das Essen mit mehreren Bands – und natürlich mit Frank Zander.
Und auch nicht, wenn zum Abschluss die Geschenke verteilt werden. In diesem Jahr ist Spekulatius in den Tüten, geräucherte Wurst, aber auch warme Einlegesohlen und Schals, eine Hertha-BSC-Thermotasse. Das ganze Jahr über sprechen die Zanders und ihre Helfer Spender und Sponsoren an, um die Feier und die Geschenke für die Bedürftigen zu organisieren.
Auch der Verein „Berliner helfen“ der Berliner Morgenpost unterstützt die Weihnachtsfeier mit einer Spende von 2000 Euro.