Wohntourismus

Verbot von Ferienwohnungen - Berlin fehlen Kontrolleure

| Lesedauer: 6 Minuten
Sabine Flatau und Brigitte Schmiemann

Foto: © JÖRG KRAUTHÖFER

Die Stadträte halten das Zweckentfremdungsverbot für zu lasch und schwer umsetzbar. 17 Stellen sind für die Kontrolle zu wenig. Widerstand wird auch von den Haus- und Grundstückseigentümern erwartet.

Im Frühjahr wird die Verordnung zum Verbot von Ferienwohnungen in Kraft treten. Zusätzlich 17 Verwaltungsmitarbeiter kontrollieren dann, ob das Gesetz auch tatsächlich eingehalten wird. Diese Aufgabe werden voraussichtlich die Wohnungsämter der Bezirke übernehmen. Die zuständigen Stadträte sehen ein großes Problem.

„Es ist positiv, dass das Zweckentfremdungsverbot wieder eingeführt wird“, sagt Hans Panhoff (Grüne), Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg. „Aber wenn wir kein Personal haben, um es durchzusetzen, dann bringt dieses Gesetz nichts.“ Daran drohe es zu scheitern. Ursprünglich sei sogar vorgesehen gewesen, den Bezirken gar keine zusätzlichen Stellen zu geben.

Die vorgesehenen 17 Stellen „sind mehr als gar nichts“, meint Panhoff. „Aber 17 Stellen für ganz Berlin – das reicht bei Weitem nicht aus. Das kann nur ein Anfang sein. Allein unser Bezirk hat einen Bedarf von zehn Mitarbeitern angemeldet.“ Denn die Entscheidungen über Zweckentfremdung sollten rechtssicher sein, so Panhoff. Man müsse mit Widersprüchen rechnen.

„Wir haben seit mehr als zehn Jahren keine Verwaltungserfahrung mehr mit dem Zweckentfremdungsverbot“, sagt Mittes Stadtrat für Bürgerdienste, Stephan von Dassel (Grüne), dem auch das Wohnungsamt untersteht. Im Jahr 2010, als das alte Gesetz noch galt, seien in Mitte zwischen zehn und 20 Mitarbeiter dafür eingesetzt worden. Dieser Bedarf könnte auch jetzt realistisch sein. Er befürchtet, dass anfangs, wenn die Zweckentfremdungen angezeigt werden müssen, sehr viele Mitteilungen beim Amt ankommen. Diese Bugwelle werde aber wieder abflauen, so der Stadtrat. Dann werde man durch die Stadt gehen müssen „und gucken, wo sind Ferienwohnungen nicht gemeldet, wo ist die Zahnarztpraxis im dritten Stockwerk“. Wenn es nur 17 Stellen für alle Bezirke gebe, so von Dassel, „dann macht es Sinn, die Aufgabe zu zentralisieren. Dass es ein Bezirk für alle macht.“

Team von Experten

Ein größeres Team von Mitarbeitern sei sinnvoll, sagt Stadtrat Stephan von Dassel. „Denn man braucht unterschiedliche Qualifikationen.“ Sachbearbeiter seien erforderlich, aber auch Mitarbeiter mit juristischem Sachverstand. Dieses Team von 17 Beschäftigten müsse Prioritäten setzen, sich zum Beispiel mehr um 20 Ferienwohnungen in der Wilhelmstraße in Mitte kümmern als um eine einzelne etwa im Süden von Spandau. „Mitte ist am stärksten betroffen, deshalb möchten wir diese Aufgabe für die anderen Bezirke mit übernehmen.“ In Mitte gebe es schätzungsweise mehr als 10.000 Ferienwohnungen. „Wenn wir 5000 davon wieder für den normalen Wohnungsmarkt zurückbekommen, ist das eine spürbare Entlastung.“

Das Bezirksamt Pankow hatte bereits vor einem Jahr in einigen Gebieten des Bezirks Ferienwohnungen untersagt und mit Kontrollen begonnen. „Wir sind jetzt in diversen Gerichtsverfahren deswegen“, sagte Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne). Daher begrüße er die neue Zweckentfremdungsverbotsverordnung für ganz Berlin. Er halte sie aber für „weichgespült“, so der Stadtrat, wegen der Übergangsfrist von zwei Jahren. Seine Sorge sei auch, dass viele Eigentümer ihre Ferienwohnungen trotz der Verordnung nicht melden werden und dass das Amt dann mit hohem Aufwand nachweisen muss, dass Wohnräume an Touristen vermietet werden.

Kanzleien und Arztpraxen unter die Lupe nehmen

In Tempelhof-Schöneberg stößt die Zentralisierung der neuen Kontrollaufgabe auf Ablehnung. „Jeder Bezirk weiß selbst am besten, wo es die Probleme mit der Zweckentfremdung von Wohnraum gibt“, sagt Stadtentwicklungs-Stadträtin Sibyll Klotz (Grüne). Auch sie sieht den Zwang, dass die Behörde innerhalb von rund drei Monaten über einen Antrag entscheiden muss, als großes Problem. „Früher gab es fünf Mitarbeiter, die sich um die Zweckentfremdungsverbotsverordnung gekümmert haben, und da gab es das Problem mit den Ferienwohnungen noch gar nicht in dem Maße wie heute“, kritisiert sie. Wenn man nicht das Personal habe, um die Anträge zu bearbeiten, könne aus der Zweckentfremdungsverbotsverordnung schnell eine Ferienwohnungsgenehmigungsverordnung werden, warnt Klotz.

Stadtrat Marc Schulte (SPD) will in Charlottenburg-Wilmersdorf speziell auch Neuansiedlungen von Rechtsanwaltskanzleien und Arztpraxen genau unter die Lupe nehmen. Auch sie müssten sich in Zukunft die Zweckentfremdung von Wohnraum genehmigen lassen. Und laut Schulte gehören solche gewerblichen oder beruflichen Nutzungen nicht in den zweiten, dritten oder vierten Stock eines Wohnhauses im allgemeinen Wohngebiet, sondern höchstens ins Erdgeschoss oder in das erste Obergeschoss.

Bestandsschutz für Gewerbe

Das werde auch in neuen Bebauungsplänen bereits zunehmend berücksichtigt. Die bestehenden Gewerbe hätten zwar Bestandsschutz, sie sollten auch nicht verdrängt werden. Neuansiedlungen jedoch müssten sich die Nutzung in Zukunft genehmigen lassen. „Und da werden wir auch genau hinschauen“, kündigt Schulte an. So wie Sibyll Klotz begrüßt aber auch Schulte generell die geplante Verordnung über das Verbot zur Zweckentfremdung von Wohnraum: „Es ist ein gutes Instrument, weil es Fehlnutzungen bei dem angespannten Wohnungsmarkt rückgängig macht.“

Sowohl Schulte als auch Klotz rechnen allerdings auch mit Klagen. Deshalb sei es umso wichtiger, die Bescheide gut vorzubereiten, sagt Schulte. Es sei auch wichtig, dass die Bezirke wegen der Rechtssicherheit einheitlich vorgingen. „Wir brauchen ein schlagkräftiges und gut informiertes Team, auch deshalb wäre es gut, die neue Aufgabe zu zentralisieren“, sagt Schulte.

Auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung rechnet damit, dass es Widerstand gegen das Gesetz geben wird. „Wir gehen davon aus, dass sich die Verbände der Haus- und Grundstückseigentümer dagegen wehren“, sagt Petra Rohland, Sprecherin der Senatsverwaltung. Es gebe unterschiedliche Interessenlagen.