Beim Betrieb des Stromnetzes ab 2015 schließt Vattenfall eine Kooperation mit dem Land Berlin nicht aus. Bisher hatten die Schweden auf einer Mehrheitsbeteiligung bestanden.

Der schwedische Vattenfall-Konzern und seine Tochterfirma Stromnetz Berlin GmbH setzen nach dem knapp gescheiterten Volksentscheid zur Energiepolitik in Berlin voll auf ihre Bewerbung um die Stromnetz-Konzession ab 2015.

Nach den Worten von Stromnetz-Chef Helmar Rendez kann sich Vattenfall aber auch eine Kooperation mit dem Land Berlin beim Betrieb des Netzes vorstellen. Auch eine Minderheitenbeteiligung des Konzerns mit einem Mehrheitseigner Land Berlin schloss Rendez nicht explizit aus.

Bisher hatte Vattenfall nach Informationen der Berliner Morgenpost bei internen politischen Gesprächen mit führenden Koalitionspolitikern auf einer 51-Prozent-Mehrheit an einer gemeinsamen Netzgesellschaft bestanden.

Chinesen sind ausgestiegen

Eine Kooperationslösung zwischen dem Land und einem anderen Bieter kommt nach Einschätzung des Stromnetz-Managers dann in Betracht, wenn es im laufenden Vergabeverfahren zwei gleich gute Sieger geben sollte.

Neben der Tochter des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall bewerben sich der Netzbetreiber Alliander, der niederländischen Kommunen und Provinzen gehört, sowie das Land Berlin mit seiner Tochter Berlin Energie. Alliander hat bereits versichert, auch an einer Minderheitenbeteiligung mit dem Land Berlin interessiert zu sein. Die Chinesen von China State Grid sind aus dem Rennen um Deutschlands größtes Stromverteilnetz ausgestiegen.

Noch in diesem Monat erwartet Rendez den zweiten Verfahrensbrief, in dem die Senatsfinanzverwaltung als vergebende Behörde die Kriterien und deren Gewichtung für die Konzessionsvergabe benennt. Bis April 2014 müssen die Bieter dann ein sogenanntes indikatives Angebot abgeben. Diese bewertet der Senat und fordert dann im Sommer ein verbindliches Angebot der Bewerber. Bis Ende des Jahres müssten dann Senat und Abgeordnetenhaus über die Vergabe der Stromnetzkonzession für die nächsten 20 Jahre entscheiden. Rendez äußerte jedoch Zweifel, ob es bei diesem Zeitplan bleiben werde.

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Relativ viel Geld für die Netznutzung

Vattenfall rechnet damit, dass die Versorgungssicherheit als wichtigstes Kriterium für die Vergabe herangezogen werden wird. Auch die Aussicht auf stabile Netzentgelte und Investitionspläne dürften eine große Rolle spielen. Er verwies auf die guten Werte seiner Firma beim Vermeiden und, wenn das nicht möglich war, bei der raschen Reparatur von Havarien und Stromausfällen.

Gerade habe er in seinem Konzern Investitionspläne für die nächsten Jahre durchgesetzt. Demnach werde Vattenfall in den kommenden zehn Jahren 1,4 Milliarden Euro ins Berliner Netz investieren, sich dieses Geld aber wie jeder andere Netzbetreiber auch über die von den Kunden zu zahlenden Stromnetzentgelte wieder hereinholen. Ob und wenn ja wie stark deswegen aber die Netzentgelte steigen, sei noch nicht absehbar.

Kritik von Wettbewerbern und Kunden wie Lekkerstrom, die Stromkunden müssten in Berlin im Städtevergleich relativ viel Geld für die Netznutzung zahlen, wies Rendez zurück. Die Entgelte für das Berliner Stromverteilnetz seien gesunken und würden 2014 weiter heruntergefahren, auf dann noch 5,09 Cent pro Kilowattstunde.

Dass Berliner mehr Geld für die Stromnetze aufwenden müssten als Bürger in West- und Süddeutschland, liege an den hohen Kosten, die der Überland-Netzbetreiber 50 Hertz in Anschlag bringe. Der müsse die Kosten für die Investitionen in die Netze der früheren DDR kompensieren und das hohe Aufkommen an erneuerbaren Energien in Ost- und Norddeutschland.

Wasser-Manager in der Pflicht

Während der Senat mit seiner landeseigenen Gesellschaft Berlin Energie bei seiner Bewerbung um das Stromnetz Vattenfall und Alliander übertrumpfen müsste, sind die Landespolitiker bei der zweiten zentralen Forderung des Volksentscheids, dem Aufbau eines eigenen Stadtwerks, selbst als Handelnde in der Pflicht. Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) sagte am Dienstag nach der Senatssitzung, sie werde am 27. November als Vorsitzende des Aufsichtsrates der Wasserbetriebe dem Vorstand den Auftrag erteilen, für die zu gründende Tochterfirma Stadtwerk einen Business- und einen Zeitplan zu projektieren. Fragen zu Kosten und Betriebsbereitschaft eines solchen Unternehmens könne sie erst beantworten, wenn diese vorliegen. „Wir werden den Auftrag des Abgeordnetenhauses eins zu eins umsetzen“, sagte Yzer.

Sie machte deutlich, dass sie, wie in der Koalition zwischen SPD und CDU vereinbart, in Kürze den Aufsichtsratsvorsitz bei den Wasserbetrieben und damit die Verantwortung für den Aufbau des Stadtwerks an Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) abgeben werde. Sie und Nußbaum seien sich einig, sagte Yzer. Fachlich bleibe ihr Haus jedoch für Wasser- und Energiewirtschaft zuständig, diese Frage sei aber zu trennen vom Vorsitz im Aufsichtsrat.

Die Christdemokratin sieht das Stadtwerk jetzt offenbar doch als Stromhändler. Bei einem Stadtwerk, das seinen Kunden zu jeder Zeit Strom liefern müsse, werde die Versorgung in Spitzenzeiten der Nachfrage oder bei geringem Aufkommen eigener Erzeugungsanlagen „durch Handel“ erfolgen. „Das liegt auf der Hand“, sagte Yzer. Sie wollte auch nicht ausschließen, dass ein Stadtwerk eigene Windkraftanlagen auf den Flächen der landeseigenen Stadtgüter im Berliner Umland errichten werde, wie das bisher von Stadtentwicklungssenator Michael Müller und der SPD vorgesehen ist. Bisher hatte die CDU diesen Plänen skeptisch gegenübergestanden. Yzer machte jedoch deutlich, dass nicht die von ihrer Verwaltung kontrollierten Stadtgüter diese Windräder bauen und betreiben sollten. Das entspreche nicht dem Unternehmenszweck.

Wasser-Betriebe-Chef Jörg Simon wollte sich noch nicht zu der neuen Aufgabe äußern. Der Energieexperte der Grünen, Michael Schäfer, forderte, den Auftrag des Stadtwerkes zu erweitern. Es gehe bei der Energiewende in Berlin nicht nur um Strom, sondern vor allem um Wärme, sagte Schäfer. Das Stadtwerk müsse auf jeden Fall in die Lage versetzt werden, mit Erdgas betriebene Blockheizkraftwerke zu errichten, Energiesparinvestitionen anzuschieben und auch die Verwertung etwa der Klärschlämme der Wasserbetriebe anzugehen. Sonst brauche das Stadtwerk auch nicht mehr Geld als die 1,5 Millionen Euro, die bisher vom Senat eingeplant sind und die die SPD um vier Millionen aufstocken will.