BER-Desaster

Ex-Flughafenchef Rainer Schwarz klagt Gehalt bis 2016 ein

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I. Jürgens und S. Flatau

Foto: Rainer Jensen / dpa

Inklusive Altersvorsorge geht es dabei um eine Summe von rund 1,8 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr bekam Schwarz laut Geschäftsbericht der Berliner Flughafengesellschaft 569.000 Euro.

Der im Januar beurlaubte Berliner Flughafenchef Rainer Schwarz klagt auf Fortzahlung seines Gehalts bis zum Mai 2016. Das Berliner Landgericht bestätigte am Dienstag den Eingang einer entsprechenden Klage. Inklusive Altersvorsorge gehe es dabei um eine Summe von rund 1,8 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr bekam Schwarz laut Geschäftsbericht der Berliner Flughafengesellschaft 569.000 Euro.

Hintergrund der juristischen Auseinandersetzung: Der Arbeitsvertrag von Rainer Schwarz war erst im Jahr 2011 um weitere fünf Jahre bis Mai 2016 verlängert worden. Nachdem Schwarz im Januar zunächst beurlaubt worden war, hatte ihm der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft, damals noch unter dem Vorsitz des früheren Brandenburger Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD), im Juni fristlos gekündigt. Ein Anwaltsgutachten habe die „wichtigen Gründe“ für diesen Schritt belegt, hatte Platzeck damals begründet. Im Kern geht es dabei um den Vorwurf, den Aufsichtsrat zu spät darüber informiert zu haben, dass der Eröffnungstermin für den Hauptstadtflughafen am 3. Juni 2012 nicht einzuhalten war.

Grundvergütung von 330.000 Euro

Das Jahresgehalt, um das nun vor dem Berliner Landgericht gestritten wird, setzt sich dabei laut dem aktuellen Geschäftsbericht der Flughafengesellschaft aus einer Grundvergütung in Höhe von 330.000 Euro sowie sonstigen Bezügen in Höhe von 30.000 Euro zuzüglich 209.000 Euro für die Altersvorsorge zusammen. Rechnerisch stehen ihm daher ab kommendem Januar bei voller Vertragserfüllung noch rund 1,8 Millionen Euro zu.

Dass Schwarz seine Abfindung vor Gericht erstreiten würde, sei keine Überraschung, hieß es dazu am Dienstag aus Flughafenkreisen. Das sei schließlich sein gutes Recht. Offiziell will die Flughafengesellschaft FBB den Vorgang nicht kommentieren: „Das ist ein laufendes Verfahren, dazu äußern wir uns nicht“, so FBB-Sprecher Ralf Kunkel. Im Juni hatte Platzeck zudem angekündigt, der Aufsichtsrat lasse prüfen, inwieweit Schwarz Pflichtverletzungen nachgewiesen werden könnten, um etwaige Schadenersatzansprüche gegen ihn geltend machen zu können. „Kein Kommentar“ zum Stand dieses Verfahrens, hieß es dazu am Dienstag ebenfalls vom Flughafensprecher.

Verfahren wird als Urkundenprozess geführt

Anders als sein direkter Vorgesetzter Rainer Schwarz war der ehemalige Technikchef Manfred Körtgen bereits im Mai vergangenen Jahres abberufen worden. Kurz zuvor war die für Juni 2012 geplante Eröffnung kurzfristig abgesagt worden. Körtgen soll angeblich eine Abfindung in Höhe von etwa 200.000 Euro erhalten haben.

Die Gehaltsklage von Schwarz wird am 31. Oktober vor dem Landgericht verhandelt, wie Gerichtssprecher Ulrich Wimmer sagte (Az.: 93 O 55/10). Das Verfahren werde zunächst als sogenannter Urkundenprozess geführt. Dabei legen Kläger und Beklagte ihre Dokumente schriftlich vor. Das Gericht könnte dann ein Urteil unter Vorbehalt fällen. Möglich sei aber später eine Fortsetzung als reguläres Verfahren mit einer mündlichen Verhandlung, sagte der Gerichtssprecher.

Grüner fordert Nachtflugverbot

Keine Klagen, aber immer mehr Beschwerden wegen des zunehmenden Flugverkehrs kommen aus Pankow. Durch die stärkere Auslastung des Flughafens Tegel ist die Lärmbelastung für Anwohner gestiegen. Der Grünen-Abgeordnete Andreas Otto fordert deshalb ein striktes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr. Derzeit würden nach 23 Uhr zwischen 30 und 50 Flüge vom Senat genehmigt, so der 51-Jährige.

Der Abgeordnete, der als Direktkandidat seiner Partei im Bundestagswahlkampf antritt, nahm am Dienstagvormittag eine öffentliche Lärmmessung an der Breiten Straße in Pankow vor. Zwischen 75 und 80 Dezibel zeigte das Messgerät an, wenn ein Flugzeug über Pankow zur Landung nach Tegel flog. „Tagsüber kommen die Flieger im Minutentakt“, sagte Otto. Bei Ostwind fliegen die startenden Flugzeuge über Pankow. „Dann sind die Geräusche noch stärker“, sagte Otto. Gemäß der Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz seien tagsüber 59 Dezibel als Straßenlärm in Wohngebieten zulässig und nachts nur 40 Dezibel. Doch diese Verordnung gilt nicht für den Flugverkehr. „Aber der Lärm jenseits der Grenzwerte ist gesundheitsschädigend, das ist bekannt und nachgewiesen“, so Otto. Rund 300.000 Berliner im Umfeld des Flughafens Tegel seien vom zunehmenden Fluglärm betroffen.

Lärm-Diskussion in Pankow

Die Zahl der Starts und Landungen in Tegel sei von etwa 500 auf 650 pro Tag gestiegen, sagte der Abgeordnete. Die Hälfte dieser Flugbewegungen – also je nach Windrichtung entweder Starts oder Landungen – geschehe im Luftraum über Pankow. „Wir müssen Druck machen, dass der BER endlich fertig wird“, sagte Otto. „Es ist enttäuschend, dass es immer noch keinen neuen Termin gibt.“ Wenn sich die Eröffnung weiter verzögere, müsse auch über Lärmschutz-Maßnahmen für Anwohner in Pankow diskutiert werden.

Der Grünen-Abgeordnete ist Mitglied im BER-Untersuchungsausschuss. Zur nächsten Sitzung am Freitag sei Berlins ehemaliger Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) eingeladen, der auch Mitglied im Aufsichtsrat gewesen sei, sagte Otto. „Wir werden mit ihm darüber reden, was schief gelaufen ist.“ Bislang hätten alle Verantwortlichen, die im Ausschuss angehört wurden, gesagt, dass sie am BER alles richtig gemacht hätten. „Immer werden die Umstände für das Desaster verantwortlich gemacht.“ Der Aufsichtsrat hätte schon im Sommer 2010, als die Eröffnung des BER verschoben wurde, „ein scharfes Kontrollmanagement einführen müssen“, sagte Otto. „Wenn einmal so eine Panne passiert, muss man sich häufiger kümmern. Aber es ist alles weitergelaufen wie zuvor.“

Erst eine Woche nach der Bundestagswahl werde der Flughafen-Aufsichtsrat erneut tagen. „Ich befürchte, dass dann die nächsten Kostensteigerungen beschlossen werden“, so Otto.