Das Land Berlin kann wieder kompletter Eigentümer der Berliner Wasserbetriebe (BWB) werden. Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) stellte am Dienstag im Senat einen Vertragsentwurf vor, den er mit dem Konzern Veolia ausverhandelt und paraphiert hat. Den Franzosen gehören noch 24,95 Prozent der BWB. Diese Anteile könnte Berlin für 590 Millionen Euro plus 54 Millionen Zusatzzahlungen für entgangene Gewinne 2013 und bereits gezahlte Steuern erwerben. Senat und Abgeordnetenhaus müssen dem Deal ebenso noch zustimmen wie die Aufsichtsgremien bei Veolia.
Kommt der Rückkauf zustande, hätte Berlin 14 Jahre nach der Teilprivatisierung 1999 wieder die volle Verfügungsgewalt über seinen Wasserversorger. Im Oktober 2012 hatte Berlin bereits die Anteile des Essener RWE-Konzerns für 618 Millionen Euro übernommen.
Veolias Gewinn soll künftig an Berlin gehen
„Ich würde diesen Vertrag abschließen“, sagte Nußbaum nach der Senatssitzung. Es handele sich um eine wirtschaftlich sinnvolle Transaktion. Der Kaufpreis werde aus dem Gewinnanteil finanziert, der sonst Veolia zugeflossen wäre. Der Kreditausschuss der landeseigenen Investitionsbank habe Zustimmung signalisiert, dem Senat die Summe als Kredit vorzustrecken. Der Landeshaushalt werde durch den Rückkauf nicht belastet, sagte Nußbaum. Für Zins und Tilgung der Kredite zum Rückkauf der Veolia-Anteile wird eine jährliche Summe von 30 Millionen Euro fällig.
Die Gewinnanteile Veolias würden in den kommenden Jahren knapp darüberliegen, so die Prognose. Ein Sicherheitspolster für Gewinnschwankungen sei eingeplant: „Die hohen Gewinne der Wasserbetriebe sind ohnehin Vergangenheit“, sagte Nußbaum.
Ob nun die Wasserpreise sinken, wenn das Land Berlin wieder Volleigentümer der Wasserbetriebe ist, wollte und konnte der Finanzsenator nicht sagen. Das sei eine politische Entscheidung. Das Abgeordnetenhaus müsse beschließen, aus dem verbleibenden Gewinnanteil des Landes, der nicht für die Rückzahlung der Kredite gebunden sei, die Wasserkunden zu entlasten. Mit dem Rückkauf selbst habe die Frage des Wasserpreises aber nichts zu tun.
Nach 30 Jahren geht jeder Euro Erlös an das Land
Die Kredite werden sowohl für die RWE- wie auch für die Veolia-Anteile mehr als 30 Jahre laufen. Die Zinsen sind im Falle Veolias bei 3,1 Prozent für 20Jahre festgelegt. Beim RWE-Deal lagen sie noch bei 2,7 Prozent. Weil die Zinsen immer noch so niedrig seien, sei nun auch ein geeignetes Zeitfenster für eine Rekommunalisierung, so Nußbaum. Er halte den Rückkauf für sinnvoll, weil die Menschen auch in 100 Jahren noch Wasser nutzen würden. Nach 30 Jahren kämen dann die gesamten Gewinne der Wasserbetriebe den Bürgern zugute.
Veolia hat für den gleich großen Anteil an den BWB weniger Geld erhalten als RWE. Das liege auch daran, dass die letzten privaten 24,95 Prozent kaum Einfluss auf die Geschäftstätigkeit erlauben und deshalb wirtschaftlich weniger wert seien, erklärte Nußbaum.
Der Wassertisch hält den Kaufpreis für zu hoch
Das Schiedsverfahren, in dem sich RWE und Veolia über Jahre mit dem Land über 350 Millionen Euro vermeintlich entgangener Gewinne aus den Wasserbetrieben gestritten hatten, ist mit dem Kaufvertrag abgegolten.
Der Berliner Wassertisch, der mit einem erfolgreichen Volksentscheid 2011 Schwung in die Rekommunalisierungsdebatte brachte, kritisierte den Kaufpreis als zu hoch. Eine andere Wasserinitiative bemängelte, dass der Senat nicht den Ausgang einer Organklage gegen die Verträge abwarte. Möglicherweise würde der Preis dann sinken. Antoine Frérot, Vorstandsvorsitzender von Veolia Environnement, sagte, die Partnerschaft sei „im gegenseitigen Einverständnis mit dem Land Berlin“ beendet worden. Deutschland bleibe für Veolia aber eines der wichtigsten Länder.