Vielen Bezirken fehlt das Geld, um defekte Geräte auf Spielplätzen zu reparieren oder zu ersetzen. Deshalb sind zahlreiche Flächen in der Stadt gesperrt. Am schlimmsten ist es in Friedrichshain-Kreuzberg.
Kaputte Karussells, verschlissene Kletterstangen, morsche Holzpfähle: Auf vielen Berliner Spielplätzen schreitet der Verfall voran. Kindern und Eltern stehen vor Bauzäunen oder Anlagen, die mit rot-weißem Flatterband umgeben sind. Betreten, Klettern oder Rutschen ist nicht mehr erlaubt. Es könnte lebensgefährlich sein.
Die meisten Bezirke sperren einzelne Geräte oder komplette Spielflächen ab. Trauriger Spitzenreiter ist Friedrichshain-Kreuzberg. Von 175 öffentlichen Spielplätzen sind rund achtzig nur eingeschränkt nutzbar, weil Geräte defekt sind – oder komplett gesperrt. Schwierig ist die Situation in Spandau. Auf 25 der 100 öffentlichen Spielplätze sind einzelne Geräte gesperrt, zwei Flächen sind derzeit überhaupt nicht nutzbar.
Tempelhof-Schöneberg hat 143 Spielplätze. Auf 38 Flächen seien einzelne Geräte gesperrt, sagte Stadtrat Daniel Krüger (CDU). Insgesamt 50 Stück. Sie sollen abgebaut werden. In Pankow seien fünf der 216 öffentlichen Spielplätze ganz oder teilweise gesperrt, sagte Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne). Besonders in Prenzlauer Berg habe man Geräte abbauen müssen, die verschlissen oder mutwillig beschädigt waren.
Eltern und Kinder über Sperrungen enttäuscht
Für viele Eltern in Friedrichshain-Kreuzberg ist die Situation schwierig. Sie suchen nach einem Platz, auf dem sie ihre Kinder gefahrlos spielen lassen können. „Es ist anstrengend“, sagte Anne Malderle. Die 46-Jährige wohnt seit drei Wochen in Kreuzberg und hat mehrere Spielplätze mit ihren Söhnen besucht. Auf jedem sei etwas kaputt gewesen, erzählt sie enttäuscht. An den Absperrgittern aus Metall könnten sich die Kinder verletzen, befürchtet sie. „Für die Größeren ist das ein Anreiz, drüberzuklettern.“
Jeanette Kroll, zu Besuch in Berlin, hat den Spielplatz an der Besselstraße in Kreuzberg im Internet gefunden. Doch erst auf dem Platz stellte sie fest, dass das attraktivste Spielgerät gesperrt ist. „Das ist enttäuschend“, findet sie.
Der Grund für die Sperrungen: Viele Spielplätze werden lange Zeit ununterbrochen benutzt. Die Anlagen verschleißen. Doch das Geld für Neuanschaffungen und Reparaturen fehlt. „Unsere Spielgeräte sind durchschnittlich 10,7 Jahre alt“, sagte Treptow-Köpenicks Stadtrat Rainer Hömer (SPD). „Die Reparaturkosten werden in den kommenden Jahren stark ansteigen.“ Mehr als 30 Prozent der Anlagen sei sogar älter als 15 Jahre.
Eine Million Euro für 125 Spielplätze erforderlich
In vielen Fällen lohne sich die Reparatur nicht mehr, so der Stadtrat. Anlagen wurden demontiert. Um sie zu ersetzen, seien mindestens 100.000 Euro nötig. Im Südost-Bezirk ist einer der 132 öffentlichen Spielplätze wegen Sanierungsarbeiten gesperrt, ein weiterer wegen Sturmschäden. Die Reparatur werde vorbereitet, sagte Baustadtrat Hölmer. Drei Spielgeräte seien mit Bauzäunen gesperrt, wegen Instandsetzungsarbeiten.
„Der Bearbeitungsstau wird immer größer“, sagt auch Charlottenburg-Wilmersdorfs Stadtrat Marc Schulte (SPD). Eine Million Euro sei erforderlich, um den Zustand der 125 Spielplätze im Bezirk zu erhalten. Doch nur ein Viertel der Summe stehe zur Verfügung. Seit 2010 mussten etwa 30 defekte Spielgeräte abgebaut werden. 450.000 Euro seien nötig für Ersatzanschaffungen. „Nach zehn bis 15 Jahren muss ein Platz saniert werden“, sagte Schulte. Etwa 125.000 Euro seien pro Platz zu kalkulieren.
In Lichtenberg sind derzeit drei Schaukeln und ein Podest mit Röhrenrutsche nicht in Betrieb – auf drei der 150 Spielplätze. Abnutzung und Überalterung seien die Gründe, dass Geräte abgebaut und entsorgt würden, teilte Stadtrat Wilfried Nünthel (CDU) mit. 245.000 Euro habe man 2013 für Reparaturen.
Neukölln hat 300.000 Euro für Reparaturen zur Verfügung
In Steglitz-Zehlendorf sind drei der 141 öffentlichen Spielplätze gesperrt. Auf zwei Flächen – die Goebenwiese im Stadtpark Steglitz und der Spielplatz „Am Bäkequell“ – werden Sanierungsarbeiten ausgeführt. Rund 100.000 Euro stehen in diesem Jahr zur Verfügung. Davon seien Reparaturen, Ersatz für Spielgeräte und der Austausch von Sand zu bezahlen, teilte Stadträtin Christa Markl-Vieto (Grüne) mit.
Es gebe einen Bedarf von 350.000 Euro, um alle defekten und demontierten Anlagen zu ersetzen. 314.000 Euro wären in Tempelhof-Schöneberg erforderlich, um alle Reparaturen zu finanzieren. In Friedrichshain-Kreuzberg werden rund 2,4 Millionen Euro gebraucht, damit Kinder wieder alle Geräte und Spielplätze uneingeschränkt benutzen können.
Doch nur rund 65.000 Euro hat Stadtrat Hans Panhoff (Grüne) pro Jahr für Reparaturen zur Verfügung. Er fordert deshalb ein Sonderprogramm des Senats für Spielplätze. Einige Bezirke sind besser dran. Neuköllns Stadtrat Thomas Blesing (SPD) stehen etwa 300.000 Euro für Reparaturen, für Pflege der Grünflächen auf den Spielplätzen, für Pflege der Matten unter den Spielgeräten zur Verfügung. 118 öffentliche Spielplätze hat der Bezirk.
Keiner von ihnen sei gesperrt, auch keine Anlagen dauerhaft defekt und abgezäunt, sagte Blesing. „Das Geld ist knapp, aber wir versuchen, alle Plätze in gutem Zustand zu halten.“ Etwa 35 Geräte seien 2012 und 2013 demontiert worden. Um alle Schäden zu reparieren und Graffiti zu beseitigen, seien rund 600.000 Euro im Jahr erforderlich, sagte der Stadtrat.
Situation in Reinickendorf ist auskömmlich
Auch die 270 Spielplätze in Mitte sind uneingeschränkt nutzbar. „Derzeit kommen wir mit den Reparaturen hinterher“, sagte Fachbereichsleiter Hans-Gottfried Walter. Der Etat für die Unterhaltung der Grünflächen sei jedoch stark gekürzt worden. „Wir benötigen 250.000 Euro im Jahr für Pflege, Reparaturen und Kontrollen der Spielplätze.“ Weil diese Ausgaben Priorität haben, wird weniger Geld für Wege in Parks ausgegeben.
Für auskömmlich hält Reinickendorfs Stadträtin Katrin Schultze-Berndt (CDU) die Situation. 180.000 Euro stehen für Reparaturen der 78 öffentlichen Spielplätze jährlich zur Verfügung. „Wir sind in der glücklichen Lage, dass keine Spielplätze und keine Geräte gesperrt sind“, sagte die Stadträtin. Defekte Geräte würden demontiert und repariert oder ersetzt.
Zusätzliche Spielflächen könnten derzeit im Rahmen des Quartiermanagements und des Programms Stadtumbau West geschaffen werden. Der Platz an der Welfenallee in Frohnau werde derzeit saniert, für etwa 220.000 Euro. „Wir nehmen uns jedes Jahr Flächen vor, die aufbereitet werden, damit die Kinder Lust haben, darauf zu spielen.“
Spendenaufrufe als Notlösung
In der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sind die Spielplatz-Nöte der Bezirke bekannt. Die Forderung nach mehr Geld vom Land müsse an die Senatsfinanzverwaltung gerichtet werden, sagte Sprecherin Daniela Augenstein. Auch Spendenaufrufe seien eine Möglichkeit.
Einen anderen Vorschlag macht der Pankower Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne). „In den vergangenen Jahren sind viele Geräte aus Holz eingesetzt worden und schneller verschlissen.“ Künftig solle man prüfen, ob verstärkt Metall oder Kunststoff verwendet werden sollten, sagte der Stadtrat. „Sie sind zwar in der Anschaffung teurer, aber haltbarer.“
Ihm stehen 153.000 Euro für Reparaturen auf Spielplätzen zur Verfügung. „Das ist eindeutig zu wenig“, so Kirchner, „wenn man sich den Zustand und das Alter der Spielplätze vergegenwärtigt.“ Allein 500.000 Euro seien erforderlich, um Maschinen und Geräte zu ersetzen, die für die Pflege der Spielplätze benötigt würden.
Mitarbeit: Paul Hertzberg und Ana Edroso Stroebe