Während die Börse die angestrebte Übernahme des Berliner Wohnungsbauriesen GSW durch die Deutsche Wohnen AG (Deuwo) mit einem wahren Kursfeuerwerk feiert, fragen sich Berlins Mieter besorgt, was dieser Großdeal für sie bedeutet.
„Nichts“, beteuert der Berlin-Brandenburgische Wohnungsverband BBU. „Nichts Gutes!“, hält der Berliner Mieterverein dagegen. Denn längst, so die Mietervertreter, würde der Berliner Wohnungsmarkt von den „globalisierten“ Bewirtschaftungsstrategien bestimmt.
Tatsächlich ist der Berliner Wohnungsmarkt seit rund vier Jahren erheblich in Bewegung geraten. Angesichts der anhaltenden Euro-Krise haben Anleger aus dem In- und Ausland Berliner Wohnimmobilien als sichere Geldanlage entdeckt. Mit zweistelligen Zuwachsraten bei den Angebotsmieten jedes Jahr und immer noch vergleichsweise niedrigen Kaufpreisen, so auch die Einschätzung von Immobilienexperten, könne man derzeit mit dem Erwerb von Wohnungen in Berlin kaum etwas fasch machen. Zumal der Zuzug von Menschen in die Hauptstadt weiter anhält.
Immer mehr Menschen ziehen nach Berlin, um hier zu arbeiten und das vielfältige Leben zu genießen. Mit rund 200.000 neuen Einwohnern rechnet der Senat in den kommenden Jahren, das entspricht der Einwohnerzahl einer Großstadt wie Mainz. Die gestiegene Nachfrage nach Wohnraum stößt dabei auf ein seit Jahren auf niedrigem Niveau stagnierendes Angebot.
Goldgräberstimmung auf dem Berliner Immobilienmarkt
Auf dem Berliner Immobilienmarkt herrscht deshalb inzwischen regelrechte Goldgräberstimmung, wie Daten des Immobilienberatungsunternehmen CB Richard Ellis (CBRE) belegen. Der Wohnimmobilienportfolio-Handel in der Hauptstadt verzeichnete 2010 noch einen Umsatz von lediglich 420 Millionen Euro. 2011 wechselten größere Wohnungsbestände im Wert von zusammen 2,3 Milliarden Euro den Besitzer. Im vergangenen Jahr waren es dann bereits rund 2,75 Milliarden Euro, so Michael Schlatterer, CBRE-Experte für Berlin.
„Im ersten Halbjahr 2013 haben wir bereits Portfolioverkäufe im Wert von 1,75 Milliarden Euro registriert“, so der Experte weiter. Die größte Wohnungstransaktion dieses Jahres: Die Deuwo kaufte 7000 sanierte Plattenbauwohnungen im ehemaligen Ostteil Berlins. Verkäufer war der amerikanische Finanzinvestor Blackstone. Dieser Verkauf belege bereits, dass die These des Mietervereins vom regionalen Ausverkauf nicht so ganz stimme. Schließlich kaufe ein anonymer Finanzinvestor vom nächsten. „Regionale Bezüge gibt es bei größeren Wohnungsbeständen nur noch bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften“, so der Immobilienexperte.
Berlins Politiker wollen Mietsteigerung deckeln
Auch einzelne Mietshäuser und die klassischen Berliner Zinshäuser, bei denen sich über der Gewerbeeinheit im Erdgeschoss noch auf vier bis fünf Stockwerken Wohnungen befinden, sind bei Anlegern aus aller Welt gefragt. Wurden solche Häuser 2009 noch im Gesamtwert von 1,85 Milliarden Euro gehandelt, waren es im vergangenen Jahr bereits 3,64 Milliarden Euro.
„Berlin ist mit Abstand der größte Wohnungsimmobilienmarkt in Europa“, so Schlatterer. Nirgendwo sonst gebe es so ausgeprägte Mietwohnungsbestände wie in Berlin. Dass die Mieten steigen, liege aber vor allem daran, dass die Investoren viel Geld in die Qualität ihrer Bestände steckten. „Etwa durch den Einbau neuer Bäder“, sagt Schlatterer. Schließlich ließen sich ja auch nur im Zuge einer Modernisierung oder im Falle einer Neuvermietung deutlich höhere Mietpreise durchsetzen.
Genau diese Mietsteigerungen wollen nun Berlins Politiker mit der Deckelung der Miete verhindern. Bislang konnten Vermieter alle drei Jahre die Miete um 20 Prozent erhöhen. Weil der Berliner Senat die Stadt zum Gebiet mit angespannten Wohnungsmarkt erklärte, dürfen die Steigerungen nun lediglich 15 Prozent betragen.
Mit der Milieuschutzverordnung, die Luxussanierungen in weiten Teilen der Bezirke Pankow, Friedrichshain-Kreuzberg, sowie in der Spandauer Vorstadt im Bezirk Mitte und nun auch in Tempelhof-Schöneberg verbietet, soll zudem der Mietenanstieg nach Modernisierung abgebremst werden. Zudem sollen längere Schutzfristen für Mieter gelten, wenn ihre Mietwohnung in Eigentum umgewandelt wird. Der Berliner Senat regagiert damit auf die zunehmende Umwandlung in Eigentum. Wurden 2011 noch 4740 Miet- zu Eigentumswohnungen, waren es 2012 bereits 7260. Zehn Jahre lang sind die betroffenen Mieter künftig vor Eigenbedarfskündigungen geschützt.
Ob das Maßnahmenbündel den Mietern tatsächlich hilft, ist allerdings offen. Angesichts des Sanierungsstaus bei den privaten Vermietern, klagt die Immobilienbranche, würden sich Investitionen in den Bestand nicht mehr rechnen. Zudem würden die immer neuen staatlichen Eingriffe in den Wohnungsmarkt auch den dringend erforderlichen Neubau abwürgen, weil sich die Wirtschaftlichkeit langfristig kaum mehr berechnen lasse.