Sozialarbeiter für milde Strafen im Jonny-K.-Prozess
Jugendgerichtshilfe
Sozialarbeiter für milde Strafen im Jonny-K.-Prozess
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Michael Mielke
Vertreter der Berliner Jugendgerichtshilfe haben ihre Stellungnahmen abgegeben und plädieren für milde Urteile - wie Verwarnungen und Freizeitarbeit. Die Schwester des Todesopfers ist empört.
Im Prozess um den Tod des 20-jährigen Jonny K. haben am Donnerstag Vertreterinnen der Jugendgerichtshilfe zu drei Angeklagten, die zur Tatzeit noch Heranwachsende waren, Stellung genommen. Jonny K. wurde in der Nacht zum 14. Oktober 2012 am Alexanderplatz so heftig angegriffen, dass er stürzte und einen Tag später an Hirnblutungen starb.
Die Sozialarbeiterinnen gingen bei allen drei Angeklagten davon aus, dass es bei ihnen Reifeverzögerungen gebe und sie als Jugendliche – also nach dem milderen Jugendgerichtsgesetz – zu sanktionieren seien. Es sei zu berücksichtigen, dass die Angeklagten noch bei den Eltern leben und auch noch keine Vorstellungen über ein eigenes Leben hätten. Der 19-jährige Osman A. sei vor dem Vorfall auf dem Alexanderplatz wegen Gewaltstraftaten niemals auffällig geworden, hieß es. Er ordne sich andererseits aber stark einer Gruppe unter und sei „dann auch nicht in der Lage, die Tragweite seines Handelns zu begreifen“. Die Jugendgerichtshelferin plädierte dafür, gegen Osman A. einen vierwöchigen Dauerarrest zu verhängen, der durch die erlittene Untersuchungshaft aber schon abgegolten sei. Außerdem möge das Jugendgericht ihm die Auflage geben, Freizeitarbeiten zu verrichten.
Sozialarbeiter spricht von jugendtypischer Gruppendynamik
Ähnlich war die Einschätzung für den 20-jährige Mehmet E. Auch bei ihm sah die Sozialarbeiterin keine schädlichen Neigungen. Sein Handeln am Tattag resultiere offenkundig aus einer jugendtypischen Gruppendynamik. Sie schlug vor, Mehmet E. eine Verwarnung zu erteilen. Zudem könne er Arbeitsleistungen für den Opferfonds erbringen. Dieses Geld könne für die von Jonny K.s Schwester Tina K. gegründete „I Am Jonny“-Stiftung gespendet werden.
Etwas härter waren die Forderungen für den 19-jährigen Onur U., der nach Meinung der Staatsanwaltschaft Jonny K. völlig grundlos den ersten Faustschlag versetzt haben soll. Onur U. ist wegen Gewaltstraftaten vorbestraft. Hier seien schädliche Neigungen zu erkennen, sagte eine Jugendgerichtshelferin. Aber es gebe auch bei Onur U., der ebenfalls noch in seinem Elternhaus lebe, erhebliche Entwicklungsdefizite. Es sei vermutlich unumgänglich, gegen Onur U. Jugendstrafrecht anzuwenden. Sie plädiere aber dafür, diese Strafe zur Bewährung auszusetzen.
Tina K. ist empört
Tina K. sagte zur Berliner Morgenpost, dass es ihrer Meinung nach keineswegs zwingend mit einer Entwicklungsverzögerung zu erklären sei, wenn die Angeklagten noch bei ihren Eltern wohnen: „Weiß doch eigentlich jeder, dass diese Jungs aus türkischstämmigen Familien in der Regel das Elternhaus erst verlassen, wenn sie heiraten“, so die 28-Jährige. Sie könne auch nicht nachvollziehen, „dass zwei dieser Angeklagten angeblich kein Aggressionspotential haben sollen, obwohl sie ja auch nach eigener Aussage an dieser Schlägerei beteiligt waren, die meinem Bruder das Leben kostete.“
Unerträglich sei für sie auch „der Gedanke, dass die Angeklagten jetzt ausgerechnet für die „I Am Jonny“ - Stiftung Geld erarbeiten sollen.“
In dem Prozess sind sechs junge Männer angeklagt. Die Vertreter der Jugendgerichtshilfe machen nur Vorschläge für ein mögliches Urteil. Ob sie die Kammer diesen Vorschlägen folgt, liegt im Ermessen der Richter. Im Jonny K.-Prozess ist das jedoch nicht zu erwarten. Der Prozess wird am 6. August fortgesetzt.