Bezahlsender

Berliner Wirte wehren sich gegen Preiserhöhungen von Sky

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Thomas Fülling

Foto: Amin Akhtar

Weil der Bezahlsender die Gebühren für sein Sportpaket erhöht hat, drohen viele Berliner Gaststätten mit Abo-Kündigungen. Noch in dieser Woche soll es ein Treffen mit der Sky-Geschäftsführung geben.

Im „Gasthaus Valentin“ am Südstern in Berlin-Kreuzberg herrschte am Montag bereits am frühen Nachmittag dicke Luft. Nicht allein deshalb, weil die vordere Gaststube bis auf den letzten Platz besetzt war. Auch die Stimmung unter den Anwesenden war nicht die beste. Und so mancher der Gäste – allesamt selbst in der Gastronomie tätig – machte seinem Ärger lautstark Luft.

Der Zorn der Anwesenden richtete sich gegen einen, der gar nicht in Kreuzberg mit dabei ist – nämlich gegen Sky Deutschland. Der Bezahlsender mit Sitz im bayerischen Unterföhring sorgt derzeit bundesweit für Unmut, hat er doch die Entgelte für das Sportpaket, das auch die Live-Berichterstattung von den Spielen der Fußball-Bundesliga enthält, kräftig angehoben.

Zu denen, die Post aus Unterföhring erhalten haben, gehört auch Valentin-Wirt Joachim Mühle. Statt knapp 270 Euro soll er ab dem 1. September rund 480 Euro jeden Monat dafür zahlen, dass im hinteren Gastraum die Spiele der Fußball-Bundesliga live zu sehen sind. Eine Preiserhöhung um fast 80 Prozent.

Auch Hertha-Fantreff ist betroffen

„Das ist völlig überzogen und lässt sich wirtschaftlich nicht mehr verkraften“, sagte Mühle, der schon mehrfach Preiserhöhungen von Sky erhalten hat. Seine Rechnung ist einfach: An einem Bundesliga-Sonnabend kämen etwa zehn bis 15 zusätzliche Gäste zur Fußballübertragung. Die meisten würden dann zwei oder drei Bier trinken, nur einige Stammgäste bestellten dazu auch etwas zu essen.

Höchstens zu den Spitzenspielen wie etwa Bayern gegen Dortmund kämen mehr Gäste. „An einem solchen Tag sind es dann auch mal 50“, so Mühle. Doch unterm Strich reiche der zusätzliche Umsatz bei Weitem nicht aus, um eine Sky-Gebühr von fast 500 Euro pro Monat zu erwirtschaften. Mühle zog jetzt die Reißleine und kündigte sein Sky-Abonnement. Verlierer ist der Fußballfan, der nun zumindest im „Gasthaus Valentin“ in die Röhre guckt.

Eine solche Möglichkeit hat Klaus Becker nicht. Becker ist Wirt der „Brotmaus“ in Mariendorf. Die kleine Gaststätte ist laut Becker einer von 17 offiziellen Hertha-Fantreffs in der Stadt. Dieser werbewirksame Titel ist auch mit Pflichten verbunden. „Die wichtigste davon ist, dass bei uns alle Spiele von Hertha BSC, die im Fernsehen gezeigt werden, bei uns auch zu sehen sind“, sagte Becker. Und so sieht sich der Gastwirt dem Preisdiktat von Sky völlig ausgeliefert. Ihm drohe eine Erhöhung von derzeit 3600 auf 5800 Euro im Jahr – ein Plus von mehr als 60 Prozent. Das sei nicht zu verkraften, sagte er.

Völlig neues Preismodell für Bundesliga-Saison

Sky begründet die Gebührenerhöhung damit, dass die Wirte durch die Live-Übertragung von Bundesliga- oder Champions-League-Spielen erhebliche Umsatzsteigerungen erzielen würden. Daran will das private Unternehmen, das für viel Geld die Übertragungsrechte gekauft hat, auch angemessen partizipieren.

Während sich bei den Einzel-Abonnenten kaum höhere Margen erzielen lassen, rechnet sich Sky bei den Gastwirten offenbar deutlich mehr aus. Jeder Gast, so will das Unternehmen errechnet haben, sorge im Durchschnitt für einen zusätzlichen Umsatz an Essen und Getränken im Wert von 18,11 Euro. Daher lohne sich für die Wirte ein Sky-Abo auch zu einem höheren Preis.

Entwickelt wurde daraufhin für die neue Bundesliga-Saison ein völlig neues Preismodell. Während früher lediglich die Größe des Lokals für die Entgelthöhe eine Rolle spielte, werden jetzt auch nicht genau zu beziffernde Faktoren wie die Wirtschaftskraft des Viertels und die Attraktivität des Umfelds herangezogen.

Spitzentreffen mit Vertretern der Sky-Geschäftsführung

Die Folge war insbesondere in den Städten mit Bundesliga-Vereinen eine Welle von Preiserhöhungen, allein in Berlin sollen einige Hundert verschickt worden sein. In ländlichen Gebieten soll es auch zu Kostensenkungen gekommen sein. Genaue Zahlen gibt es nicht. Sky Deutschland reagierte am Montag auf Nachfragen nicht.

„Die meisten Betriebe müssen deutlich mehr bezahlen“, sagte Stephan Büttner, Geschäftsführer des Bundesverbandes des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga). Rechtlich sieht er kaum Chancen für die Wirte, dagegen vorzugehen. Die Verbandsgeschäftsführung setzt nun auf die Einsicht von Sky Deutschland. Noch in dieser Woche soll es ein Spitzentreffen mit Vertretern der Sky-Geschäftsführung geben.

Neues Vertragsangebot mit besseren Konditionen

Die Berliner Wirte können indes nicht warten. Nur noch bis 31. Juli haben sie ein Sonderkündigungsrecht für ihr Abo. Unter den 50 Gastronomen, die im Kreuzberger „Gasthof Valentin“ zusammensitzen, haben schon zehn davon Gebrauch gemacht. Wirt Joachim Mühle macht seinen Kollegen Mut, den gleichen Schritt zu gehen.

Vorbild ist eine Aktion in Hannover, wo 40 Wirte gleichzeitig ihre Kündigungen an Sky abgeschickt haben sollen. „Nur wenn wir gemeinsam etwas tun, können wir Druck auf Sky ausüben“, so Mühle. Einige Wirte hatten bereits Erfolg damit. Sie bekamen nach der Kündigung ein neues Vertragsangebot mit besseren Konditionen.