Polizei warnt

Gewalt in der Türkei könnte auf Berlin übergreifen

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M. Behrendt und U. Reinhard

Foto: BZ/Spreepicture

Am Wochenende sind in Berlin-Kreuzberg Polizeibeamte von Vermummten angegriffen und verletzt worden. Nach der Attacke befürchtet die Polizei einen Zusammenhang mit den Protesten in Istanbul.

Nach dem Angriff auf Polizisten am Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg am Freitagabend hat es in der Nacht zu Sonntag zwei weitere Attacken gegen Beamte gegeben. In Kreuzberg warfen Unbekannte eine Glasflasche gegen die Windschutzscheibe eines Polizeiautos. Die Insassen wurden nicht verletzt. In Tegel zerstach ein 17 Jahre alter Jugendlicher die Reifen eines Einsatzwagens.

Nach Informationen der Berliner Morgenpost sieht die Polizei zumindest bei der Attacke von Freitag einen möglichen Zusammenhang mit den anhaltenden Protesten in Istanbul und den dortigen gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizeikräften. Am Freitagabend waren Beamte bei einer routinemäßigen Drogenkontrolle am Kottbusser Tor von 40 Vermummten am Kottbusser Tor angegriffen worden, es flogen Steine, Farbbeutel und Brandsätze, zwei Beamte wurden dabei verletzt.

„Berlin grüßt Istanbul“

In Tatortnähe wurde nach Informationen der Berliner Morgenpost ein Banner gefunden, dessen Wortwahl zumindest einen Bezug auf die Proteste gegen den türkischen Premier nahe legt. Als der Tatort abgesucht wurde, entdeckten Beamte das Transparent, auf dem die Worte „Berlin grüßt Istanbul, für die soziale Revolte weltweit“ geschrieben stehen. Der für politische Straftaten zuständige Polizeiliche Staatsschutz ermittelt. Von den meisten der Vermummten fehlt bislang jede Spur. Ranghohe Polizeiführer befürchten, dass radikale Türken versuchen könnten, auch in Berlin ihre politischen Interessen vertreten zu können.

Die Lage in der türkischen Stadt Istanbul ist seit mehr als einer Woche angespannt, die Massenproteste gegen die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan dauern an. Auch in Kreuzberg hat es bereits mehrere Solidaritäts-Kundgebungen mit den türkischen Demonstranten gegeben, gegen die die Polizei in der Türkei mit oftmals großer Härte vorgeht.

Indymedia ruft zum Widerstand auf

Zudem sorgten die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten der Blockupy-Bewegung und der Polizei in Frankfurt am Main für spontane Unterstützer-Aktionen der linken Szene auch am Kottbusser Tor. Auf dem linksradikalen Online-Portal Indymedia wird zum Widerstand aufgerufen. „Nieder mit der Repression, ob in der Türkei oder in Frankfurt“, heißt es dort. Ermittlerkreisen zufolge geht man bei der Polizei davon aus, dass weitere Attacken auf Beamte folgen werden. Bei der derzeitigen Sicherheitslage auch im Hinblick auf den Besuch von US-Präsident Barack Obama wären weitere Attacken auf Sicherheitskräfte in Berlin fatal.

Bei den weiteren Übergriffen am Wochenende waren am Sonntagmorgen gegen 3 Uhr zwei Polizisten an der Skalitzer Straße mit Blaulicht und Martinshorn zu einem Einsatz unterwegs, als es auf einmal einen lauten Knall gab. Unmittelbar im Anschluss platzte die Windschutzscheibe. Wie sich herausstellte, hatte eine Glasflasche die Scheibe durchbrochen. Der Fahrer konnte mit Mühe die Kontrolle über den Touran bewahren und den Wagen zum Stehen bringen. Er und sein Kollege kamen mit dem Schrecken davon. Die Täter müssen sich nach Polizeiangaben zum Zeitpunkt des Angriffs im Bereich des Görlitzer Bahnhofs aufgehalten haben. Um wie viele Täter es sich handelt, sei unklar. Die Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.

Angreifern gelang die Flucht

Etwa fünf Stunden vor dem Übergriff in Kreuzberg hatte sich bereits in Tegel ein Angriff auf ein Polizeifahrzeug ereignet, der jedoch wesentlich glimpflicher ablief. Gegen 21.40 Uhr beobachtete ein Anwohner sechs Personen, die den Bottroper Weg entlang liefen. Dort parkte ein Polizeiwagen der Marke Renault Traffic. Nachdem die Unbekannten in der Nähe des Wagens stehen geblieben waren, bewegte sich einer aus der Gruppe zum Fahrzeug und hockte sich vor einen Reifen. Danach machte er sich noch an zwei weiteren Reifen zu schaffen. Anschließend rannten die sechs Männer in Richtung Bernauer Straße.

Zivilpolizisten entdeckten die Gruppe kurz darauf und versuchten sie festzuhalten. Den Männern gelang jedoch die Flucht. Dennoch konnten die Beamten einen 17-Jährigen identifizieren, der ihnen bereits wegen anderer Delikte bekannt ist. Laut Aussage des Anwohners handelt es sich bei dem 17-Jährigen um den Täter, der die Reifen zerstach. Insgesamt zerstörte er drei Reifen. Der Jugendliche muss sich nach Angaben eines Polizeisprechers nun wegen Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel verantworten.

( mit cbr )