Im öffentlichen Dienst steht eine Streikwelle bevor. Beginn ist am Montag in Berlin. Lehrer und Erzieher werden die Arbeit niederlegen.
Berliner Eltern dürften am Montag vor Problemen stehen: Mehrere Tausend Lehrer und Erzieher sind zum Streik aufgerufen. Das dürfte Unterrichts- und Betreuungsausfall bedeuten. Es sind die ersten Warnstreiks im öffentlichen Dienst in der aktuellen Verhandlungsrunde. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) rief die rund 8000 angestellten Lehrer und rund 4500 Erzieher an staatlichen Schulen zu einem ganztägigen Warnstreik auf. Am Montag sollen die Berliner Lehrer und Erzieher nach dem GEW-Aufruf von 7.30 Uhr an vor ihren Schulen streiken. Von 10.30 Uhr an ist eine Protestkundgebung vor der Innenverwaltung geplant. Anschließend ziehen die Demonstranten zur Abschlusskundgebung vor den Bahnhof Friedrichstraße.
GEW-Verhandlungsführerin Ilse Schaad begründete die Arbeitsniederlegungen mit den am Donnerstagabend ergebnislos vertagten Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder in Potsdam. Die Arbeitgeber hatten auch in der zweiten Runde kein Angebot vorgelegt. „Die Arbeitgeber zeigen keine Bewegung und spielen auf Zeit. Diese Zeit haben wir aber nicht: Seit 2006 soll die Bezahlung der Lehrkräfte per Tarifvertrag geregelt werden“, sagte Schaad. Passiert sei aber nichts.
Im Rahmen der Tarifverhandlungen für die etwa 800.000 angestellten Beschäftigten der Länder nimmt die GEW eine Sonderrolle ein. Neben der linearen Gehaltserhöhung von 6,5 Prozent fordert die Gewerkschaft zusätzlich, dass alle Lehrer an Schulen bundeseinheitlich eingruppiert werden. Die Verhandlungen sind auf den 7. und 8. März vertagt.
Ver.di: Streikaktion nicht abgesprochen
Nach Angaben von Verdi-Sprecher Splanemann sind die Warnstreiks der GEW keine Reaktion auf die vertagten Tarifverhandlungen. Die GEW mobilisiere schon seit Wochen für den Warnstreik am 18. Februar. „Das war auch nicht mit den anderen Gewerkschaften abgesprochen“, sagte Splanemann. Ver.di halte es nicht für sinnvoll, schon vor der zweiten Runde der Tarifgespräche zu Warnstreiks aufzurufen, bevor man wisse, was dabei herauskomme. „Solche Aktionen müssen gut vorbereitet werden“, sagte der Sprecher des Landesverbandes Berlin-Brandenburg, Andreas Splanemann. Für sinnvoll hält er einen gemeinsamen Aktionstag mit Brandenburg. Das werde jetzt in Ruhe beraten.
Dazu sagte die Berliner GEW-Vorsitzende Doreen Siebernik, natürlich reagiere die GEW auf die ergebnislosen Tarifverhandlungen. So ein Warnstreik lasse sich aber nicht von heute auf morgen organisieren. Aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre sei die GEW davon ausgegangen, dass es in der zweiten Runde der Tarifgespräche zu keinem Ergebnis komme. „Deshalb haben wir intern unsere Mitglieder bereits für den 18. Februar mobilisiert.“
Erste Märzwoche wird bundesweit zur Streikwoche
Die Streikpläne im öffentlichen Dienst beschränken sich nicht nur auf Berlin, bundesweit sind Arbeitsniederlegungen im öffentlichen Dienst geplant. Die Lehrergewerkschaft GEW stellte in allen Bundesländern Warnstreiks an Schulen in Aussicht. Ab Dienstag sind Streikaktionen in Bayern und Baden-Württemberg geplant. Am Mittwoch sollen Straßenwärter im Saarland in den Ausstand treten. In der Woche darauf planen die angestellten Lehrer in Nordrhein-Westfalen, jeweils einen Tag lang in wechselnden Regierungsbezirken zu streiken.
Schwerpunkt der Proteste wird die erste März-Woche sein: Am 4. März wollen Mitarbeiter der Steuerverwaltung und der Polizei in Bayern streiken, am 6. März die Straßenwärter in Hessen. In der ersten Märzwoche sind außerdem Warnstreiks der Lehrer in Sachsen und der Mitarbeiter von Universitätskliniken in NRW vorgesehen. Auch Gewerkschafter aus Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen stellten Warnstreiks in Aussicht. Die Aktionen sollen jeweils von größeren Kundgebungen begleitet werden.
Der Verhandlungsführer des Beamtenbundes Willi Russ sagte, die Arbeitgeber sollten beim Start der dritten Verhandlungsrunde den Protest spüren. Die Angestellten der Länder verlangten einen angemessenen Einkommenszuwachs, sagte Russ. „Sie lassen sich nicht als Beschäftigte zweiter Klasse abspeisen.“
Nach dem Willen der Gewerkschaften soll das Verhandlungsergebnis am Ende auch auf die Beamten übertragen werden. Mit den Beamtenanwärtern und Pensionären wären das rund zwei Millionen Menschen zusätzlich.
Die Arbeitgeberseite – die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) – hält die Forderungen für überzogen. Eine Annäherung gibt es bislang nicht. Am Donnerstagabend war die zweite Verhandlungsrunde ohne Ergebnis zu Ende gegangen, nachdem die Arbeitgeber erneut kein Angebot vorgelegt hatten. Ein ursprünglich für diesen Freitag angesetzter zweiter Verhandlungstermin wurde gestrichen.
dpa/Reuters/sh