Nach jahrelanger Kritik an der Tierhaltung in Zoo und Tierpark und den dort praktizierten Zuchtmethoden gerät der Chef von Berlins großen zoologischen Einrichtungen, Bernhard Blaszkiewitz, nun auch wegen seines Umgangs mit den Mitarbeitern unter Druck.
Laut einer Anfrage der Grünen-Politikerin Anja Kofbinger im Abgeordnetenhaus soll Blaszkiewitz im internen Schriftverkehr die Namen weiblicher Mitarbeiter mit einer kategorisierenden Ziffer versehen haben, die in der Tierwelt und insbesondere bei Zuchttieren ein Weibchen kennzeichnet.
Kofbinger beruft sich bei ihrer noch unbeantworteten Anfrage von Mitte Dezember auf Schreiben aus den Jahren 2011 und 2012, in denen es um Zuarbeiten der Mitarbeiter an den Zoodirektor geht. Im Adressatenverteiler dieser Schreiben des Unternehmenschefs sei den Namen der Mitarbeiterinnen die Ziffer 0,1 hinzugefügt worden, so die frauenpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Grüne.
Dass Blaszkiewitz vor einem unkonventionellen Umgang mit den Angestellten nicht zurückschreckt, scheint außerdem ein Gedächtnisprotokoll einer Mitarbeiterversammlung vom 16. Januar im Tierpark zu belegen, das der Berliner Morgenpost vorliegt. Unter Verweis auf eine Diskussion um das Weihnachtsgeld wird er mit dem Vorwurf zitiert, die meisten seien „unchristlich“ und dürften diese Sonderzahlungen eigentlich gar nicht annehmen.
Grünen-Politikerin fordert Rücktritt
Gegenüber der Berliner Morgenpost wollte sich Bernhard Blaszkiewitz zu diesen Vorwürfen nicht äußern. Claudia Hämmerling, tierschutzpolitische Sprecherin der Berliner Grünen und seit Jahren im Dauerclinch mit dem Zoochef, kennt nach eigener Aussage aber bereits dessen Stellungnahme an die Senatsverwaltung zur Frage der umstrittenen Typisierung seiner Mitarbeiterinnen. „Da sieht er das offenbar als Zeichen der Wertschätzung“, so Hämmerling.
Auch die Nachrichtenagentur dpa zitiert Blaszkiewitz entsprechend: „Im Gegensatz zu den männlichen Mitarbeitern, bei denen lediglich der Nachname – übrigens auch unter Weglassung des akademischen Titels – genannt wird, ist dies als Höflichkeit gegenüber den weiblichen Mitarbeitern gedacht“, heißt es dort unter Bezugnahme auf seine Anmerkungen.
Claudia Hämmerling sieht angesichts der neuesten Informationen ihre Forderung bestätigt, der Zoochef müsse seinen Posten räumen. „Er hat diskriminierende Umgangsformen und er ist ein Risiko für seine Mitarbeiter“, so Hämmerling. Die Grünenpolitikerin hatte seit Langem kritisiert, die Tierhaltung insbesondere im Tierpark folge längst veralteten Praktiken, werde dem Tierschutz nicht gerecht und führe außerdem zu einer erhöhten Unfallgefahr für die Pfleger.
Vorwürfe um Blaszkiewitz müssen aufgeklärt werden
Auf die im Protokoll der Betriebsversammlung festgehaltene Äußerung von Blaszkiewitz, Hämmerling sei „einfach nur bösartig veranlagt“, reagierte sie dagegen unaufgeregt. „Blaszkiewitz verwechselt bösartig mit hartnäckig“, sagte sie. Ihrer Forderung nach einer Ablösung des Zoochefs wollte sich am Sonnabend zunächst niemand anschließen.
Als „absolut untragbar“, bezeichnete aber die frauenpolitische Sprecherin der SPD, Ina Czyborra, eine Kategorisierung von Mitarbeitern, wie sie Blaszkiewitz vorgeworfen wird. „Ich würde das selbstverständlich nicht als Wertschätzung verstehen“, so Czyborra. Insbesondere für den Fall, dass nur Frauen eine solche Kennzeichnung erhalten hätten, sei das „indiskutabel“. Die Vorwürfe müssten aufgeklärt werden.
„Wenn das so wäre wie berichtet, wäre es ungeheuerlich“, sagte auch Katrin Vogel, in der CDU-Fraktion für Frauenfragen zuständig: „Dazu muss sich Herr Blaszkiewitz äußern.“ Hämmerlings Fraktionskollegin Anja Kofbinger forderte eine Entschuldigung des Zoochefs gegenüber seinen Mitarbeiterinnen.
„Die Chance zu sagen, was er gemacht hat und warum, muss man Herrn Blaszkiewitz jetzt geben“, so Kofbinger. Die für Frauenpolitik zuständige Senatorin Dilek Kolat war am Sonnabend für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Rücktritt für Zoochef derzeit keine Alternative
Kritik am Tonfall des Zoodirektors hatten dessen Kollegen intern auch in der Vergangenheit bereits geäußert. So beklagen die Mitglieder des Betriebsrates im Tierpark in Schreiben an ihren obersten Vorgesetzten schon Anfang der 90er-Jahre, sie würden „in unwürdiger Art und Weise behandelt“. Der Betriebsrat zitiert Äußerungen von Blaszkiewitz wie die, dass er „alles kommunistische Überbleibsel noch ausmerzen“ werde.
Ernsthafte Nachfragen der Arbeitnehmervertreter würden als „lachhaft“ abgetan. Offenbar haben auch die jüngsten Entwicklungen das Selbstbewusstsein des Zoodirektors nicht angekratzt. Glaubt man dem Protokoll der Versammlung vom Mittwoch, dürfte sein Rücktritt als oberster Chef der Tiere für ihn derzeit keine Alternative darstellen: „Ich bin das Leitbild. Wer was wissen will, kann mich fragen“, soll er demnach auf der Versammlung seinen Mitarbeitern verkündet haben.
Bekennender Katholik auf Mission gegen Nicht-Christen
Im Zusammenhang mit dem Weihnachtsgeld erklärte er laut Protokoll, dass er dessen Annahme auch durch Nicht-Christen zwar nicht verurteile, hier aber „ein Missionsgebiet“ sehe. Bernhard Blaszkiewitz gilt als bekennender Katholik, der laut dpa von 2003 bis 2011 Leiter der Berliner Komturei des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem war. Seine Mitarbeiter sehen die Verknüpfung tarifrechtlicher Fragen mit der privaten Gesinnung gleichwohl kritisch.
Zweifel an der Kompetenz des Zoochefs waren bisher vor allem aus den Reihen der Tierschützer sowie der Fachwelt gekommen. So wurde ihm unter anderem eine nicht immer artgerechte Haltung von Publikumsliebling Knut vorgeworfen. Einen Aufschrei verursachte seine Aussage vor einem Parlamentsausschuss – da ging es um die eigenhändige Tötung von vier jungen Katzen durch Genickbruch.