Die East Side Gallery gibt es bereits. Nun sind auf der Rückseite wechselnde Ausstellungen geplant. Den Anfang soll ein Fotograf machen.
Die West Side Gallery soll kommen, schon im Sommer 2013. Die Grünen im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg unternehmen einen neuen Vorstoß dafür. Sie wollen, dass auf der Rückseite der East Side Gallery in Friedrichshain wechselnde Ausstellungen gezeigt werden. Im Dezember hat die Fraktion einen Antrag in der Bezirksverordnetenversammlung gestellt, der nun im Kulturausschuss diskutiert wird. Sie schlägt vor, dass die neue Galerie mit Panoramabildern des Fotografen Kai Wiedenhöfer an den Start geht. Bilder von acht internationalen Grenzregionen sollen zu sehen sein. Berlins ehemalige Kultursenatorin Adrienne Goehler (Grüne) will diese Ausstellung kuratieren.
Die neue West Side Gallery an der Mühlenstraße muss definierte Voraussetzungen erfüllen. Ihre Exponate dürfen die einstige Hinterlandmauer nicht beschädigen oder substanziell verändern. Außerdem soll das, was gezeigt wird, dem besonderen Ort gerecht werden. Auf diese Forderungen hatten sich das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, Senatsvertreter und Denkmalschützer in den vergangenen Jahren geeinigt. Sie seien mit dem nun vorgeschlagenen Projekt erfüllt, meint die Grünen-Fraktion.
Panoramabilder von acht Grenzregionen
Wie es funktioniert, das haben Kai Wiedenhöfer und Adrienne Goehler schon Ende 2012 im Kulturausschuss der BVV präsentiert. Sie nennen es das „Wall on Wall“-Konzept. Insgesamt 35 Panoramabilder der acht Grenzorte sollen dabei gezeigt werden. Wiedenhöfer hat sie fotografiert. Die Bilder sollen wie Plakate auf die Mauer geklebt werden, und zwar links und rechts vom Treppenaufgang in Richtung O2 World. Die Gesamtlänge wird etwa 350 Meter betragen. Jedes dieser Panoramabilder ist etwa drei Meter hoch und fast neun Meter breit. Dargestellt sind Fotos der Grenzen in Bagdad, Südkorea/Nordkorea, auf Zypern und der Grenze zwischen den USA und Mexiko. Außerdem die Grenzen der spanischen Exklaven Ceuta und Melilla in Nordafrika, die Grenze Israels zu den palästinensischen Autonomiegebieten, die Peace Line im nordirischen Belfast und die ehemalige innerdeutsche Grenze.
Die Fotos seien mit einer Großformatkamera gemacht, heißt es im Konzept von Wiedenhöfer und Goehler. Deshalb haben die Bilder eine hohe Qualität. Sie werden mit einem Tintenstrahldrucker auf Plakatpapier gedruckt. Dieses Papier wird mit Tapetenleim auf die Mauer geklebt. „Das kriegt man rückstandslos wieder ab“, sagte Adrienne Goehler. „Das weiß jeder, der schon selbst tapeziert hat.“ Zwischen den einzelnen Motiven sollen weiße Flächen frei bleiben, für eine Erklärung der Bilder in Deutsch und in Englisch.
Schon mal auf die Probe geklebt
Probeweise habe man im Herbst 2012 ein Panoramabild von Wiedenhöfer auf der Rückseite der East Side Gallery aufgebracht, erzählte Goehler. Nach 14 Tagen sei es immer noch unbeschädigt und nicht übermalt gewesen. „Es wurde akzeptiert.“ Das Bild konnte problemlos vom Untergrund abgelöst werden, ohne dass Rückstände oder Schäden blieben. Das aufgeklebte Papier sei auch eine Art Schutz für die Rückseite der East Side Gallery, meinte Goehler. Denn der größte Teil dieser Rückseite ist mit farbenprächtigen Tags bemalt. Goehler ist überzeugt vom Erfolg der Ausstellung. „Es ist ein großartiges Projekt“, sagte sie. „Wenn wir mit solch einem Weltklassefotografen loslegen, dann finden sich auch Sponsoren dafür.“ Vor Jahren sei das Projekt der West Side Gallery, auch mit Fotos von Kai Wiedenhöfer, schon einmal im Bezirk diskutiert worden, erzählte Goehler. Damals sei es auf starke Kritik gestoßen. Unter anderem dagegen, dass nur Motive der israelischen Grenze gezeigt werden sollten. Nun, mit dem neuen Konzept, hoffen die ehemalige Senatorin und die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg auf eine breite Zustimmung. Die Rückseite der East Side Gallery sei „eine der spannendsten und begehrtesten freien Flächen für die Präsentation von Kunst“, heißt es im Antrag an die Bezirksverordnetenversammlung.
Die Grünen-Bezirksverordnete Kristine Jaath hat ihn gestellt. „Es war mal geplant, dass die Rückseite der East Side Gallery weiß bleibt“, sagte sie. „Aber die Fläche ist schon lange nicht mehr weiß, sie ist zugeschmiert mit Graffiti.“ Aber vor dem Panoramabild, das zur Probe geklebt wurde, „gab es einen solchen Respekt, da ist keine einzige Spraydose draufgekommen.“ Eine politische Diskussion über das Ausstellungskonzept gebe es jetzt nur zum Start der West Side Gallery, sagte Jaath. „Für die folgenden Ausstellungen wird ein internationaler Wettbewerb ausgeschrieben. Eine Jury trifft die Auswahl.“ Zwei Mal im Jahr soll, „wenn es gut läuft“, eine solche Schau gezeigt werden. Vorgesehen ist auch ein Begleitprogramm mit Diskussionen.