Welche Worte wirklich in dem Vier-Augen-Gespräch zwischen der Orthopädie-Chefärztin Karin Büttner-Janz und Vivantes-Chef Joachim Bovolet am 13. März 2012 gefallen sind, wird wohl niemand mehr herausfinden. Ob das Arbeitsverhältnis tatsächlich wegen der gleichgeschlechtlichen Beziehung zu einer Mitarbeiterin abrupt beendet werden sollte oder ob eher das lange schwelende Zerwürfnis mit den anderen Chefärzten des Klinikums in Friedrichshain ausschlaggebend war, spielt nun keine Rolle mehr. Die Verhandlung am Dienstag vor dem Berliner Arbeitsgericht endete mit einem Vergleich.
Die fristlose Kündigung und das Hausverbot für Karin Büttner-Janz sind vom Tisch, stattdessen scheidet sie nun im gegenseitigen Einvernehmen zum 31. Dezember 2012 aus dem Dienst und erhält von Vivantes eine stattliche Abfindung von 590.000 Euro. Sie selbst sieht sich als Siegerin in diesem Prozess, obwohl sie ihr eigentliches Ziel, im Vivantes-Klinikum Friedrichshain weiterarbeiten zu können, verfehlte. Die 60-Jährige hatte die orthopädischen Kliniken in Friedrichshain und am Urban in Kreuzberg geleitet.
„Ich habe eine schwere Zeit hinter mir, jetzt ist der Kopf wieder frei für die Zukunft“, sagte die Professorin am Dienstag. In der Öffentlichkeit hatte der Fall für viel Wirbel gesorgt, denn schließlich handelte es sich hier um keine Unbekannte. Büttner-Janz ist eine international anerkannte Orthopädin. 1984 hatte sie mit einem Kollegen die weltweit erste künstliche Bandscheibe zum Patent angemeldet. Bekannt ist sie aber vor allem aus ihrer Zeit als Sportlerin. Sie ist zweifache Olympiasiegerin, vierfache Europameisterin und Weltmeisterin und gilt bis heute als die beste Turnerin aller Zeiten.
So gab sich die kleine und drahtige Frau auch am Dienstag vor Prozessbeginn selbstbewusst und betont siegessicher. Das unverzagte Lächeln in die Kameras schien ein Leben lang trainiert. Doch während der Verhandlung war ihr ihre Verletztheit von den Vorgängen der zurückliegenden Monate anzumerken. Wiederholt forderte sie den Vivantes-Chef auf, ihr in die Augen zu sehen, wenn er bestritt, dass die persönliche Beziehung zu einer leitenden Mitarbeiterin der Geschäftsführung Anlass des Personalgesprächs gewesen sein soll. Doch Bovolet ließ sich nicht beirren.
Büttner-Janz hatte sich nach dem damaligen Gespräch mit einer E-Mail Hilfesuchend an die Mitglieder des Aufsichtsrates gewandt, in der sie angab, dass sie allein wegen dieser Beziehung gekündigt werden solle. Geschäftsführer Bovolet fühlte sich durch diese E-Mail verunglimpft und sprach die fristlose Kündigung und das Hausverbot aus.
Zerrüttetes Verhältnis zu Kollegen
Nach Spekulationen in der Presse über die möglichen Gründe für diese ungewöhnlich harte Sanktion ging Büttner-Janz mit ihrer Version der Geschichte an die Öffentlichkeit. Die Fronten verhärteten sich weiter. Es kam zu einer zweiten Kündigung. Ein Gütetermin am 8. Mai 2012 verlief erfolglos. Büttner-Janz wollte an ihren Arbeitsplatz zurück.
Inzwischen ist das aber praktisch kaum mehr möglich. Das sah nicht nur Richterin Beate Aster so, sondern auch die Betroffene selbst. Nach einer Betriebsratsanhörung Mitte Mai hatten fast alle Chefärzte vom Vivantes-Klinikum in Friedrichshain unterschrieben, dass sie nicht weiter mit Karin Büttner-Janz zusammenarbeiten könnten. Vivantes hatte daraufhin die dritte Kündigung ausgesprochen. Die Richterin bemängelte zwar, dass die Vorwürfe sehr allgemein gewesen und dass vor einer Kündigung Abmahnungen nötig seien. Ganz offensichtlich sei jedoch das Verhältnis zwischen Büttner-Janz und den Kollegen zerrüttet, so Aster.
Die ehemalige Turnerin hat nun neue Ziele im Kopf. „Ich bin ein kreativer Mensch und kann meine Zukunft auch neu finden“, sagte sie. Zwischenzeitlich hat sie die Büttner-Janz-Wirbelsäulenstiftung gegründet. Dort sollen Daten über Ursachen von Wirbelsäulenschäden, Behandlungen und deren Erfolge gesammelt und ausgewertet werden. Aber sie will auch selbst wieder operieren. Angebote gebe es schon. Möglichkeiten gebe es sowohl in Berlin als auch im Ausland. In welchem Klinikum sie künftig medizinisch aktiv werde, sei noch offen. Allerdings betonte sie auch, dass sie sich aus familiären Gründen der Stadt verbunden fühle.