Private Kläger

Land Berlin verliert teuren Kampf um Wasserbetriebe

| Lesedauer: 3 Minuten
Joachim Fahrun

Foto: DPA

340 Millionen Euro muss Berlin an die privaten Anteilseigner RWE und Veolia zahlen. Zu diesem Ergebnis kommt ein geheimes Schiedsgericht.

Das Land Berlin verliert den teuersten Kampf mit den privaten Anteilseignern der Berliner Wasserbetriebe. Das geheime Schiedsverfahren, in dem die Miteigentümer Veolia und RWE vom Land Berlin 340 Millionen Euro fordern, wird wohl zuungunsten des Senats ausgehen. Das ist nach Informationen aus Regierungskreisen das Fazit einer mündlichen Verhandlung, die das dreiköpfige Schiedsgericht Anfang Juni angesetzt hatte. Demnach tendieren die Juristen in vier von fünf umstrittenen Punkten zu der Rechtsauffassung der privaten Kläger.

Zwar ist der endgültige Schiedsspruch noch nicht ergangen; offiziell äußern sich deshalb weder der Senat noch Veolia und RWE. In Senatskreisen geht man jedoch davon aus, dass der Streit nicht gewonnen werden kann und Berlin grundsätzlich verpflichtet wird, die Forderungen der beiden Unternehmen zu erfüllen. Nach einer Vereinbarung im Konsortialvertrag ist es nicht möglich, ordentliche Gerichte anzurufen.

Das Schiedsverfahren ist eine Folge der Teilprivatisierung von 1999, als das Land Berlin 49,9 Prozent seiner Wasserbetriebe zu gleichen Teilen an den Essener Energiekonzern RWE und den französischen Versorger Veolia verkaufte. Es geht um komplizierte Fragen wie die kalkulatorische Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals und geänderte Abschreibungsregeln.

Die Abschreibungsregeln wurden geändert

Nachdem das Berliner Verfassungsgericht Teile des Teilprivatisierungsvertrages für nichtig erklärt hatte, hatten sich die privaten Investoren ausbedungen, dass ihnen Nachteile aus diesem Richterspruch auf andere Weise ausgeglichen werden. 2003 kamen dann das Land und die Privaten überein, die Abschreibungsregeln zu ändern. Die Umstellung auf „Wiederbeschaffungszeitwerte“ ist aber interpretierbar, weil man darüber streiten kann, wie viel es kostet, in 50 Jahren eine Rohrleitung zu ersetzen oder ein neues Klärwerk zu bauen. Entsprechend groß waren die Differenzen zwischen Privaten und dem Land. 2008 erwirkten RWE und Veolia eine Neuberechnung und riefen das Schiedsgericht mit ihrer Forderung nach 340 Millionen Euro an. Die Juristen der Senatswirtschaftsverwaltung kamen ihrerseits zu dem Schluss, dass sie noch 298 Millionen von den Privaten zu erhalten hätten.

Wenn nun das Land das geforderte Geld bezahlen muss, wird zumindest der RWE-Anteil mit dem Kaufpreis für deren Beteiligung an den Berliner Wasserbetrieben verrechnet. Denn die Essener haben mit Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) einen Vertrag ausgehandelt, ihre 24,95 Prozent für insgesamt 650 Millionen Euro an das Land Berlin zu verkaufen. In diese Summe ist ein erwarteter Ausgang des Schiedsverfahrens bereits eingerechnet. Dem Vernehmen nach hatte die RWE jedoch einen solchen Erfolg, wie er sich jetzt abzeichnet, nicht vorhergesehen und hat deswegen weniger eingerechnet als die bis zu 170 Millionen Euro, die RWE nach dem Schiedsspruch wohl zustehen. Sollte auch Veolia über den Verkauf seiner Anteile verhandeln, streben sie einen ähnlichen Kaufpreis an. Falls es nicht zum Verkauf kommt, stünde Veolia das Geld jedoch zu.

Bisher geht Finanzsenator Nußbaum davon aus, den Rückkauf der Wasserbetriebe aus den künftigen Erlösen des Unternehmens finanzieren zu können. Das soll auch gelten, wenn die Wasserpreise sinken werden – wie vom Bundeskartellamt angeordnet.