Millionen-Forderung

Berlinern drohen noch höhere Wasserpreise

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Jens Anker

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Die Berliner Verbraucher müssen sich auf noch höhere Wasserpreise einstellen als bislang geplant.

Zum einen wollen die Berliner Wasserbetriebe die Tarife in diesem Jahr turnusgemäß um 2,9 Prozent anheben. Darüber hinaus droht eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 74 Millionen Euro. Denn nach internen Unterlagen des Unternehmens waren die Tarife in den vergangenen Jahren zu niedrig angesetzt, weil die Berliner weniger Wasser verbrauchten als vom Unternehmen prognostiziert. Nach dem Berliner Betriebegesetz können die Eigentümer sechs Jahre lang rückwirkend Nachzahlungen beantragen, um ihre vertraglich garantierten Gewinne zu erzielen. Doch in den Jahren 2008 bis 2011 waren die Wassertarife den Unterlagen zufolge jährlich zwischen zehn und 27 Millionen Euro zu niedrig kalkuliert, sodass sich die Differenz von 74 Millionen Euro ergibt.

Dieser Betrag belastet nach Informationen von Morgenpost Online unter anderem die Verkaufsverhandlungen zwischen dem Land und dem privaten Investor RWE. Berlin will die Anteile des Energiekonzerns (24,9 Prozent) zurückkaufen, um den Einfluss auf die Wasserbetriebe zu erhöhen. RWE will dabei auf seinen Anteil an den 74 Millionen Euro nicht verzichten und schlägt diesen deshalb auf den Kaufpreis auf.

Der Senat war eigentlich mit dem Ziel angetreten, die Wasserpreise zu senken. Die beantragte Anhebung der Tarife in diesem Jahr um 2,9 Prozent wurde deswegen vorerst bis zum 30. Juni gestoppt. Das Bundeskartellamt hatte bereits verfügt, dass die Berliner Wassertarife im Vergleich zu anderen Kommunen um 21 Prozent zu hoch sind. Bislang fehlt dem Land allerdings die Handhabe, die Preise zu senken.

Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus reagierte überrascht auf die anstehende 74-Millionen-Nachzahlung. „Das macht mich sprachlos“, sagte SPD-Wasserexperte Daniel Buchholz am Mittwoch. „Es sieht so aus, als ob erhebliche finanzielle Altlasten bei den Wasserbetrieben schlummern, die die eigentlich notwendige Senkung der Preise torpedieren.“ Buchholz macht den ehemaligen Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) für das Entstehen der Nachzahlung verantwortlich. Offenbar habe Wolf als Aufsichtsratschef und Senator doch nicht „die Preise im Interesse der Verbraucher im Blick gehabt“. Auch die CDU ist überrascht. „Dass der geringe Wasserverbrauch in Berlin nicht günstig ist, ist bekannt“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Heiko Melzer. Dass sich ein derart hoher Betrag in den vergangenen Jahren angehäuft hat, war der CDU nicht bekannt.

Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos), der die Kaufverhandlungen für das Land führt, wollte sich am Mittwoch nicht zu der drohenden Nachzahlung äußern. Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz (parteilos) ist nach Angaben ihrer Verwaltung im Urlaub und war am Mittwoch nicht zu erreichen.

Die Wasserbetriebe arbeiten nach eigenen Angaben daran, dass es nicht zu weiteren Tariferhöhungen kommt. „Wir streben nicht nur für dieses Jahr eine Nullrunde an“, sagte der Sprecher der Wasserbetriebe, Stephan Natz. Bei den vergangenen Tariferhöhungen sei bereits ein Teil der aufgelaufenen Kosten abgebaut worden. Näheres will das Unternehmen auf seiner Bilanzkonferenz in der kommenden Woche erläutern.

Das Land verhandelt seit einem Jahr mit RWE über den Rückkauf der Wasseranteile. Eine Einigung gibt es nicht. Der zweite private Investor, der französische Umweltkonzern Veolia, ist dagegen nicht bereit, seine Anteile zu verkaufen. Veolia plant vielmehr einen Ausbau der Zusammenarbeit mit dem Land Berlin. Die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe erfolgte 1999 und ist seitdem umstritten. Der Vertrag garantiert den Eigentümern jährlich hohe Gewinne.